Besteuerung von Zahlungen aus einem US-amerikanischen 401(k) pension plan
Hintergrund: Zahlungen aus einem US-amerikanischen Altersvorsorgeplan als sonstige Einkünfte
Der BFH hatte die Frage zu klären, ob Zahlungen aus einem im Jahr 1999 abgeschlossenen US-amerikanischen Altersvorsorgeplan als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. b oder Buchst. c EStG zu versteuern sind.
Sachverhalt
- Der 1953 geborene Kläger war in den Jahren 1999 bis 2007 in den Vereinigten Staaten von Amerika nichtselbständig tätig. Ausweislich einer in den Akten befindlichen Ablichtung hatte er bereits am 23.5.1999 ein Antrags- bzw. Anmeldeformular für einen US-amerikanischen Altersvorsorgeplan unterzeichnet. Dabei handelte es sich nach allseitiger Ansicht um einen pension plan im Sinne von Section 401(k) Internal Revenue Code ‑‑IRC‑‑ (401(k)-Plan).
- Entsprechend diesem von dem Kläger vorgelegten Formular sollte der Arbeitgeber Beiträge zur Altersvorsorge in Höhe von 15 % des Arbeitslohns des Klägers einbehalten und abführen.
- Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) unterlagen weder die vom Arbeitgeber abgeführten Beiträge noch die Zinsen und Dividenden der US-amerikanischen Einkommensteuer. Die im Rahmen des 401(k)-Plans angelegten Beträge wie auch die auf sie entfallenden Erträge konnten nach Angaben des Klägers grundsätzlich frühestens mit Erreichen des Alters von 59,5 Jahren, dem Renteneintrittsalter in den Vereinigten Staaten, zur Auszahlung gelangen.
- Im Streitjahr 2015, damit nach seiner Rückkehr nach Deutschland, erhielt der Kläger eine Auszahlung aus einem 401(k)-Plan, die in den Vereinigten Staaten nicht der Einkommensbesteuerung unterlag.
- Mit seiner für das Streitjahr 2015 eingereichten Einkommensteuererklärung teilte der Kläger dem Finanzamt (FA) die Kapitalauszahlung mit, vertrat jedoch die Ansicht, dass sie steuerfrei sei, weil es sich bei einem 401(k)-Plan um einen Lebensversicherungsvertrag handele, den er vor dem 1.1.2005 abgeschlossen habe.
Das FA behandelte die Kapitalauszahlung als Leistung nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. b EStG und erachtete einen Teilbetrag für steuerpflichtig. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies das FA zurück. Die Klage hatte teilweise Erfolg. Mit der Revision macht das FA die Verletzung materiellen Rechts geltend.
Entscheidung: Zahlungen sind nach § 22 Nr. 5 Satz 1, Satz 2 Buchst. b EStG steuerpflichtig
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.
Zahlungen aus einem 401k-Plan unterliegen als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 5 Satz 1, Satz 2 Buchst. b EStG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG der Einkommensteuer.
Zu den sonstigen Einkünften gemäß § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG zählen Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen, Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen. Sie unterliegen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG der Einkommensteuer, wenn der Steuerpflichtige sie während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 1 Abs. 4 EStG i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 10 EStG) erzielt.
Zu den Leistungen i.S.v. § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG zählen nicht nur laufende, d.h. wiederkehrende Zahlungen der Versorgungseinrichtung, sondern auch einmalige Kapitalauszahlungen bzw. -abfindungen.
Beruhen die Leistungen nicht auf einem der in § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG abschließend aufgezählten steuerlich begünstigten Einzahlungsvorgänge (Negativkatalog), richtet sich die Besteuerung nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a bis Buchst. c EStG.
§ 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. b EStG findet Anwendung bei Leistungen aus Versicherungsverträgen, Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen, die – wie hier – nicht solche nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a EStG (Leibrenten) sind.
Die Leistungen der Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen sind entweder nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG in vollem Umfang nachgelagert oder, falls der Negativkatalog erfüllt ist und sie nicht verrentet wurden (dann § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a EStG), nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. b EStG zu besteuern. Sie können aber tatbestandlich niemals unter § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. c EStG fallen.
Es ist anerkannt, dass auch Leistungen ausländischer Versorgungseinrichtungen dem Anwendungsbereich des § 22 Nr. 5 EStG zuzuordnen sein können. Der Senat hat bereits entschieden, dass ein 401(k)-Plan rechtsvergleichend der externen betrieblichen Altersversorgung in Gestalt von Pensionsfonds, Pensionskasse oder Direktversicherung im Sinne von § 22 Nr. 5 Satz 1 Alt. 2 bis 4 EStG entspricht, ohne dass es für diese Feststellung weitergehender substanzieller Feststellungen zur Struktur- und Leistungsvergleichbarkeit eines 401(k)-Plans mit den in § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG aufgezählten inländischen Systemen externer betrieblicher Altersversorgung bedürfte.
In diesen Fällen ist bis zum Jahre 2024 und damit auch im Streitjahr 2015 die Besteuerung nach § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG und nicht nach Satz 1 vorzunehmen.
Ist einerseits ein 401(k)-Plan einem der drei in § 22 Nr. 5 Satz 1 Alt. 2 bis 4 EStG genannten Durchführungswege der externen betrieblichen Altersversorgung vergleichbar, ist andererseits die Besteuerung nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG ausgeschlossen und allein die Besteuerung nach § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG eröffnet, folgt zwingend, dass nur § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. b EStG einschlägig sein kann.
Soweit aufgrund der in § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. b EStG enthaltenen Verweisung § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 anzuwenden und deshalb zu prüfen ist, ob die Auszahlungen rechtsvergleichend als "Zinsen aus Versicherungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b" EStG 2004 zu qualifizieren sind, ist entscheidend, dass der ausländische Vertrag unter den im Gesetz erfassten Versicherungstypus fällt. Die Voraussetzungen des Sonderausgabenabzugs nach dieser Vorschrift müssen hingegen für die Steuerbefreiung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 nicht vollständig erfüllt sein. Geht es wie hier um eine Kapitalauszahlung zu Lebzeiten, kommt als Versicherungstypus lediglich die Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht oder die Kapitalversicherung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. cc oder dd EStG 2004 in Betracht. Beide setzen eine mindestens zwölfjährige Laufzeit zwischen Vertragsabschluss und dem ersten möglichen Auszahlungszeitpunkt voraus.
Die Sache ist nicht spruchreif
Es kommen allein die Besteuerung des vollen Unterschiedsbetrags nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. b EStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG 2004 und die Steuerfreiheit nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. b EStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 in Betracht. Die Steuerfreiheit der Auszahlung setzt zum einen voraus, dass der 401(k)-Plan rechtsvergleichend als Versicherung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. cc oder dd EStG 2004 qualifiziert werden kann. Ferner muss der Vertrag über den 401(k)-Plan eine wenigstens zwölfjährige Laufzeit von dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bis zu demjenigen Zeitpunkt vorsehen, zu dem die Auszahlung erstmals zulässig ist. Beides vermag der Senat auf Grundlage der Feststellungen des FG nicht zu beurteilen.
Um die rechtsvergleichende Qualifikation des 401(k)-Plans vornehmen zu können, sind weitere Feststellungen zum US-amerikanischen Recht zu treffen. Nach § 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 293 ZPO ist es Aufgabe des Finanzgerichts als Tatsacheninstanz, das maßgebende ausländische Recht von Amts wegen zu ermitteln. Das FG hat die für den Vergleich erforderlichen näheren Feststellungen zu dem Inhalt des 401(k)-Plans nicht getroffen. Dies ist nachzuholen.
Um beurteilen zu können, ob der 401(k)-Plan die Anforderungen an die Mindestlaufzeit von zwölf Jahren erfüllt, bedürfte es zudem grundsätzlich der Kenntnis des Vertrags einschließlich Abschlusszeitpunkt und Inhalt.
Die entscheidungserheblichen tatsächlichen Feststellungen müssen dem Urteil in einer Weise zu entnehmen sein, die es den Beteiligten und dem Revisionsgericht ermöglichen, zu erkennen, wie das Finanzgericht zu seinem Ergebnis gekommen ist. Daran fehlt es.
Aufgrund der vom Kläger vorgelegten Unterlagen ist nicht ausgeschlossen, dass es mehr als einen 401(k)-Plan des Klägers gegeben hat. Insbesondere kann der Senat nach Aktenlage nicht mit Sicherheit davon ausgehen, dass der streitigen Zahlung ganz oder teilweise ein bereits im Jahr 1999 abgeschlossener Vertrag zugrunde liegt oder dass es in diesem Jahr überhaupt schon zu einem Vertragsabschluss gekommen ist. In diesem Punkt wären ebenfalls ergänzende Feststellungen erforderlich.
Hinweis: Änderung der Rechtslage ab 2025
Mit dem Jahressteuergesetz 2024 wurde der Anwendungsbereich des § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG für ausländische Alterseinkünfte eingeschränkt. Diese Leistungen unterliegen nun auch dann der nachgelagerten Besteuerung nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG, wenn die steuerliche Förderung während der Beitragsphase nicht im Inland, sondern nur nach ausländischem Steuerrecht erfolgte. Betroffen hiervon sind insbesondere auch Auszahlungen aus Pensionsplänen aus den USA. Die Neuregelung ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2025 anzuwenden
BFH, Urteil v. 25.6.2025, X R 23/22; veröffentlicht am 18.12.2025
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