Ausgewählte Literaturhinweise:

von Arps-Aubert, Aktuelle Brennpunkte bei der Bewertung von Mietwohngrundstücken nach dem BewG/Eine Betrachtung der wesentlichen Stellschrauben der Grundstückswertermittlung, NWB 2020, 3819; Eisele, Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz/Änderungen beim reformierten Bewertungs- und Grundsteuerrecht sowie bei der Grundbesitzbewertung, NWB 2021, 2903; Eisele, Steueränderungsgesetz 2015: Änderung des erbschaftsteuerlichen Bewertungsrechts/Verfahrensrechts, Betriebs- und Immobilienvermögen, NWB 2015, 3751; Ramb, Die Bedarfsbewertung der bebauten Grundstücke im Grundvermögen – Teil 1 und 2: Aktueller Überblick über das Ertragswert- und Sachwertverfahren, NWB 2016, 2453 und 2525.

1 Allgemeines

 

Rz. 1

Das Ertragswertverfahren kommt insb. bei bebauten Grundstücken in Betracht, bei denen der nachhaltig erzielbare Ertrag für die Wertschätzung am Grundstücksmarkt im Vordergrund steht (typische Renditeobjekte). Es ist daher regelmäßig für Mietwohngrundstücke sowie für Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke, für die sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt eine übliche Miete ermitteln lässt, anzuwenden (§ 182 Abs. 3 BewG). I.R.d. Ertragswertverfahrens wird der Wert auf der Grundlage des für diese Grundstücke nachhaltig erzielbaren Ertrags ermittelt.

Die durch §§ 184 bis 188 BewG geregelten Einzelheiten haben das Ziel, durch Vereinfachungsregelungen anwenderfreundlicher ausgestaltet zu sein, sodass in der Vielzahl von Fällen keine Ortsbesichtigung oder ein Sachverständigengutachten nötig sein wird.

 

Rz. 2

Das Ertragswertverfahren nach dem BewG entspricht im Wesentlichen dem Ertragswertverfahren nach den außersteuerlichen Bewertungsverfahren. Dabei ist vom Bodenwert (Baustein 1) und dem Gebäudeertragswert (Baustein 2) auszugehen (§ 184 Abs. 1 BewG).

 

Rz. 3

Der Bodenwert ist der Wert, der sich nach der Formel für unbebaute Grundstücke nach § 179 BewG ergibt (§ 184 Abs. 2 BewG).

 

Rz. 4

Der Gebäudeertragswert ermittelt sich nach § 185 BewG in drei Stufen:

  1. Es ist vom Reinertrag des Grundstücks als Grundlage der Wertermittlung auszugehen; hierzu sind vom Rohertrag des Grundstücks (§ 186 BewG) die Bewirtschaftungskosten (§ 187 BewG) abzuziehen.
  2. Der Reinertrag des Grundstücks ist um den Betrag zu vermindern, der sich durch eine angemessene Verzinsung des Bodenwerts ergibt; Ergebnis ist der Gebäudereinertrag (§ 185 Abs. 2 Satz 1 BewG). Hierzu ist der Liegenschaftszinssatz (§ 188 BewG) auf den nach § 179 BewG ermittelten Bodenwert anzuwenden.
  3. Der Gebäudereinertrag kapitalisiert mit dem der Anlage 21 zum BewG zu entnehmenden Vervielfältiger ergibt den Gebäudeertragswert (§ 185 Abs. 3 BewG).
 

Rz. 5

Bodenwert und Gebäudeertragswert zusammen ergeben den Ertragswert (§ 184 Abs. 3 Satz 1 BewG). Es ist jedoch mindestens der Bodenwert anzusetzen (Mindestwert, § 184 Abs. 3 Satz 2 BewG). Sonstige bauliche Anlagen, insb. Außenanlagen, sind bereits durch den Ertragswert abgegolten und werden nicht zusätzlich erfasst (§ 184 Abs. 3 Satz 3 BewG; Folge der Gesamtbewertung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BewG). Auch andere wertbeeinflussende Umstände, insb. Belastungen privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Art, sind i. R. dieser fest vorgegebenen, typisierenden Wertermittlung (aus Vereinfachungsgründen; angelehnt an § 183 Abs. 3 BewG) nicht gesondert zu berücksichtigen.

 

Rz. 6

Der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts (Verkehrswert) ist möglich (Öffnungsklausel, § 198 BewG).

 

Rz. 7

Das nachfolgende Schaubild zeigt einen Überblick über das Ertragswertverfahren (s. a. H B 184 ErbStH).

 

Rz. 8–10

vorläufig frei

2 Rohertrag

2.1 Allgemeines

 

Rz. 11

Ausgangsgröße für die Ermittlung des Gebäudeertragswerts ist der Rohertrag des Grundstücks (§ 186 BewG). Der Rohertrag ist je nach Fallkonstellation nach den tatsächlichen oder den üblichen Mieten zu ermitteln.

2.2 Tatsächliche Mieten

2.2.1 Vereinbarte Jahressollmiete

 

Rz. 12

Bei bestehenden Mietverhältnissen zum Bewertungsstichtag ist der Rohertrag das Gesamtentgelt, das die Mieter (Pächter) für die Nutzung des bebauten Grundstücks aufgrund der zum Bewertungsstichtag bestehenden vertraglichen Vereinbarungen für den Zeitraum von zwölf Monaten zu zahlen haben (§ 186 Abs. 1 Satz 1 BewG). Dies gilt für alle vermietete Grundstücke (oder Grundstücksteile), für die das Ertragswertverfahren in Betracht kommt, egal ob sie wohnlich, gewerblich, freiberuflich oder öffentlich genutzt werden.

 
Praxis-Beispiel

Vermietet wird ab dem 01.06.2018 ein gewerblich genutztes bebautes Grundstück mit einer Nutzfläche von 120 m2; das Ertragswertverfahren kommt zur Anwendung. Die vereinbarte monatliche Nettokaltmiete betrug 800 EUR. Zum jeweils 1.6. eines Jahres sieht der Mietvertrag eine Steigerung der vereinbarten Nettokaltmiete in Höhe von 0,20 EUR je m2 Nutzfläche vor. Am 31.01.2020 verstarb der Vermieter.

Lösung:

 
Vereinbarte jährliche Miete (800 EUR × 12) 9.600 EUR
Mietsteigerung zum 01.06.2019 (0,20 EUR × 120 m2 × 12) + 288 EUR
Jährlicher Rohertrag nach § 186 Abs. 1 Satz 1 BewG 9.888 EUR
 

Rz. 13

Zur Jahresmiete (der wirtschaftlichen Einheit) rechnen z. B. (s. a. R B 186.1 ErbStR):

  • Mieteinnahmen für Stellplät...

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