Richtlinien:

R B 182 ErbStR.

Hinweise:

H B 182 ErbStH.

1 Bewertungsverfahren

1.1 Allgemeines

 

Rz. 1

Das BVerfG ging in seinem Beschluss vom 07.11.2006 (BStBl II 2007, 192) davon aus, dass es für Grundstücke keinen absoluten und sicher realisierbaren Veräußerungspreis, sondern allenfalls ein Marktwertniveau mit einer gewissen Streubreite gibt. Die dem "alten Recht" zugrunde liegende Annahme, es gebe ein typisches bewertbares Grundstück (mit geringen Abweichungen bspw. beim Alter des Gebäudes), widerspricht jedoch den Verhältnissen des Immobilienmarktes in Bezug auf die Arten von Grundstücken, ihre Lage, ihren Zustand und die Restnutzungsdauer der aufstehenden Gebäude. Ein Bewertungsverfahren, das für alle Grundstücksarten gleichermaßen geeignet ist, lässt sich aus diesem Grund nicht realisieren.

In Anlehnung an die anerkannten Verfahren zur Verkehrswertermittlung auf der Grundlage der nach § 199 Abs. 1 BauGB erlassenen Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken sind deshalb unterschiedliche Bewertungsverfahren anzuwenden. Demzufolge gibt § 182 Abs. 1 BewG mehrere Verfahren vor, die es ermöglichen, einen Annäherungswert an den gemeinen Wert als Bewertungsmaßstab (§ 177 BewG) eines bebauten Grundstücks zu ermitteln:

  • das Vergleichswertverfahren,
  • das Ertragswertverfahren und
  • das Sachwertverfahren.

Die Wertermittlung wird dabei unter Beachtung der Grundsätze der Verkehrswertermittlung typisierend und pauschalierend geregelt. Hinsichtlich der dafür erforderlichen Bewertungsfaktoren wird grds. auf die von den unabhängigen Gutachterausschüssen für Grundstückswerte ermittelten Ergebnisse Bezug genommen.

 

Rz. 2

vorläufig frei

1.2 Zuordnung der Bewertungsverfahren

 

Rz. 3

Die nach § 181 BewG festgestellte Grundstücksart bestimmt das anzuwendende Bewertungsverfahren:

 

Rz. 4

Das Vergleichswertverfahren i. S. d. § 183 BewG ist für das Wohnungseigentum, das Teileigentum und für Ein- oder Zweifamilienhäuser anzuwenden, sofern der Gutachterausschuss entsprechende Vergleichspreise oder Vergleichsfaktoren ermittelt hat. Nachrangig kann auf die in der FinVerw vorliegenden Unterlagen zu Vergleichspreisen zurückgegriffen werden.

Im Einzelnen vgl. die Kommentierung zu § 183 BewG.

 

Rz. 5

Das Ertragswertverfahren i. S. d. §§ 184 bis 188 BewG ist für Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke anzuwenden, für die sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt eine übliche Miete ermitteln lässt. Das Verfahren ist nicht anzuwenden, wenn zwar eine tatsächliche Miete vereinbart ist, jedoch keine übliche Miete ermittelt werden kann, da in einem solchen Fall ein Vergleich nicht möglich ist.

 
Praxis-Beispiel

I.R. einer Betriebsaufspaltung überlässt das Besitzunternehmen dem Betriebsunternehmen eine Produktionshalle zur Fertigung von Lackierstraßen (Geschäftsgrundstück) gegen Zahlung einer monatlichen Miete. Eine ortsübliche Miete ist mangels Vergleichsobjekt nicht ermittelbar.

Lösung:

Das Geschäftsgrundstück ist nicht im Ertragswertverfahren, sondern im Sachwertverfahren zu bewerten.

 

Rz. 6

Mietwohngrundstücke sind stets im Ertragswertverfahren zu bewerten. Ist in diesen Fällen weder eine tatsächliche Miete vorhanden noch eine ortsübliche Miete ermittelbar, ist die Miete marktbezogen, bspw. durch Abgleich mit den Mietverhältnissen in vergleichbaren überregionalen Lagen, zu schätzen.

Im Einzelnen vgl. die Kommentierung zu §§ 184 bis 188 BewG.

 

Rz. 7

Das Sachwertverfahren i. S. d. §§ 189 bis 191 BewG ist als "Auffangverfahren" insb. anwendbar für die Bewertung von

  • Wohn- oder Teileigentum und für Ein- oder Zweifamilienhäuser, wenn das Vergleichswertverfahren mangels Vergleichspreisen oder Vergleichsfaktoren nicht möglich ist.
  • Geschäftsgrundstücken und gemischt genutzten Grundstücken, für die sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt keine übliche Miete ermitteln lässt.

Darüber hinaus ist es auch für die Bewertung der sonstigen bebauten Grundstücke heranzuziehen.

 

Rz. 8

Befinden sich auf einem Grundstück mehrere selbstständige Gebäude oder Gebäudeteile und lässt sich für mindestens eines dieser Gebäude oder Gebäudeteile keine übliche Miete ermitteln (sog. Mischfall), erfolgt nach Auffassung der FinVerw die Wertermittlung für die gesamte wirtschaftliche Einheit einheitlich nach dem Sachwertverfahren. Das Sachwertgebäude "infiziert" demnach das Sachwertverfahren (Infektionstheorie, R B 182 Abs. 5 ErbStR; z. B. Einfamilienhaus neben einer Produktionshalle auf einer wirtschaftlichen Einheit; so bereits die Rechtsauffassung zu § 147 BewG a. F.).

Im Einzelnen vgl. die Kommentierung zu §§ 189 bis 191 BewG.

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