Rz. 497

Typischer Fall einer Zuwendung im Valutaverhältnis ist der Abschluss eines Versicherungsvertrages (Kapitallebensversicherung/Rentenversicherung) aus dem ein Dritter begünstigt ist (Rn. 493, Beispiel 1). Sofern der Tod des Versicherungsnehmers den Versicherungsfall auslöst, ist zu beachten, dass keine Schenkung i. S. d. § 7 ErbStG, sondern ein Erwerb von Todes wegen gem. § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG vorliegt (s. § 3 Rn. 401 ff.). Eine freigebige Zuwendung liegt nur dann vor, wenn der Eintritt des Versicherungsfalles durch ein anderes Ereignis als den Tod des Versicherungsnehmers ausgelöst wird.

 

Rz. 498

Liegt eine unentgeltliche Zuwendung im Valutaverhältnis vor, so ist fraglich, ob der Zuwendungsgegenstand in dem dem Drittbegünstigten eingeräumten Forderungsrecht gegen den Versprechenden besteht oder in der Leistung, die der Drittbegünstigte beim Vollzug des Deckungsverhältnisses (Leistung des Versprechenden an den Drittbegünstigten) erlangt. Dies richtet sich danach, ob beim Abschluss des Vertrages im Deckungsverhältnis der Drittbegünstigte ein eigenes Forderungsrecht erworben hat, was regelmäßig bei echten Verträgen zugunsten Dritter der Fall ist, oder ob ein unechter Vertrag zugunsten Dritter vorliegt, bei dem lediglich dem Versprechensempfänger ein Forderungsrecht auf Erfüllung gegenüber dem Drittbegünstigen zusteht (vgl. auch Griesel in D/H/R, § 7 Rn. 21).

 

Rz. 499

Ob ein eigenes Forderungsrecht des Drittbegünstigten besteht, richtet sich nach dem Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen (s. § 328 Abs. 2 BGB sowie §§ 329, 330 BGB). Ist ein unmittelbares Forderungsrecht des Drittbegünstigten gegeben, das diesem im Valutaverhältnis unentgeltlich zugewendet wurde, so stellt das Forderungsrecht das Zuwendungsobjekt dar. Die Zuwendung ist mit Abschluss des Vertrages im Deckungsverhältnis gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ausgeführt. Die Schenkungsteuer entsteht mit dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (s. BFH vom 23.10.2002, BStBl II 2003, 162; vom 10.01.2005, BStBl II 2005, 408). Fehlt es hingegen an einem unmittelbaren Forderungsrecht des Drittbegünstigten, so ist die Zuwendung im Valutaverhältnis erst dann ausgeführt, wenn der Versprechende die Leistung an den Drittbegünstigten erbringt und damit seiner Verpflichtung im Deckungsverhältnis nachkommt. Es liegt dann eine mittelbare Zuwendung vor. Letzteres gilt trotz der Begründung eines unmittelbaren Forderungsrechts auch dann, wenn sich aus der Vertragsauslegung ergibt, dass der Anspruch auf Leistung einer Sache und nicht auf den Sachleistungsanspruch gerichtet ist. Zur Abgrenzung s. BFH vom 20.01.2005, BStBl II 2005, 408.

 

Rz. 500

Ob im Valutaverhältnis ein Schenkungsvertrag vorliegt oder es sich lediglich um eine sonstige freigebige Zuwendung, z. B. eine ehebedingte unbenannte Zuwendung, handelt, ist für die steuerliche Betrachtung unbeachtlich, da eine Schenkung i. S. d. § 516 BGB für das Vorliegen einer steuerpflichtigen Zuwendung nicht erforderlich ist. Sofern mangels Rechtsgrund im Valutaverhältnis der Zuwendende vom Drittbegünstigten den Zuwendungsgegenstand nach Bereicherungsrecht zurückfordern kann und dieser herausgegeben wird, erlischt die Steuer gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ex tunc. Gleiches gilt für den Fall, dass beim Vorliegen eines echten Vertrages zugunsten Dritter, bei dem die Schenkungsteuer bereits mit Abschluss des Vertrages entsteht, der Drittbegünstigter die Zuwendung nach § 333 BGB zurückweist. Verfahrensrechtlich erfolgt sodann die Korrektur des Schenkungsteuerbescheides gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.

 

Rz. 501

Sowohl das Valutaverhältnis als auch das Deckungsverhältnis können aufschiebend oder auflösend bedingt oder befristet sein. Liegt eine auflösende Bedingung vor (die Rechtswirkung endet beim Eintritt eines ungewissen Ereignisses bzw. beim Erreichen eines bestimmten Zeitpunktes), so bleibt dies schenkungsteuerlich unberücksichtigt (§ 12 Abs. 1 ErbStG i. V. m. § 5 BewG). Dementgegen verhindert eine aufschiebende Bedingung oder Befristung im Deckungsverhältnis gem. § 158 Abs. 1 BGB die Entstehung eines eigenen Forderungsrechts des Drittbegünstigten bis zum Eintritt der Bedingung. Dass der Drittbegünstigte bereits mit Vertragsabschluss ein Anwartschaftsrecht auf das Forderungsrecht erhält, führt nicht zur Entstehung von Schenkungsteuer, da das Anwartschaftsrecht keinen schenkungsteuerlichen Wert darstellt. Erhält der Drittbegünstigte allerdings für den Verzicht auf seinen bedingten Anspruch eine Abfindung, kann ein Fall des § 7 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG vorliegen (Einzelheiten s. Rn. 668 ff.).

 

Rz. 502

Hat sich der Versprechensempfänger die Befugnis vorbehalten, ohne Zustimmung des Versprechenden an die Stelle des in dem Vertrag bezeichneten Dritten einen anderen zu setzen, wie dies regelmäßig bei Versicherungsverträgen der Fall ist, oder steht dem Versprechensempfänger das Recht zu, das Forderungsrecht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern (§§ 332, 328 Abs. 2 BGB), so wirkt sich dies wie eine aufschiebende Bedingung au...

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