Rz. 106

Rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts unterliegen der Stiftungsaufsicht. Die Stiftungsaufsicht dient dazu, sicherzustellen, dass die Stiftung den Stifterwillen verwirklicht und ihre Organe rechtmäßig handeln. Die Stiftungsaufsicht erfolgt im öffentlichen, nicht im privaten Interesse (s. BVerwG, NJW 1985, 1572). Sie beanstandet Handlungen der Stiftung bzw. des Vorstandes, die nicht mit der Satzung übereinstimmen und geeignet sind, die Verwirklichung des satzungsmäßigen Zwecks zu gefährden.

5.1.1 Kompetenzen der Stiftungsaufsicht

 

Rz. 107

Damit die Stiftungsaufsichtsbehörde diese Aufgaben erfüllen kann, bestehen in vielen Landesstiftungsgesetzen Auskunfts- und Rechenschaftspflichten gegenüber der Stiftungsaufsicht (vgl. z. B. Art. 16 BayStG), die umfangreiche Rechenschaftspflichten der Stiftung gegenüber den Stiftungsaufsichtsbehörden vorschreiben.

Die Stiftungsaufsicht ist eine reine Rechtsaufsicht (BGHZ 99, 344; BVerwGE 40, 347). Das bedeutet, dass sie in Fragen der Stiftungsgeschäftsführung und -verwaltung ihr eigenes Ermessen zu einer Frage nicht über das Ermessen des Stiftungsvorstands setzen darf. Gegen Maßnahmen und Entscheidungen der Stiftungsaufsicht ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Die verfassungsrechtlich verbürgten Grundsätze von Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit gelten auch für die Stiftung, die als juristische Person auch Grundrechtsträgerin ist (Hof in von Campenhausen/Richter, § 4 Rn. 126 ff.). Demnach kann die Stiftungsaufsicht nicht eingreifen, solange die Stiftungsorgane selbst in der Lage sind, die Geschäfte der Stiftung nach dem Willen des Stifters zu führen.

 

Rz. 108

Die möglichen Maßnahmen der Stiftungsaufsicht richten sich nach Landesrecht. Je nach Ausgestaltung der Landesregeln stehen den Stiftungsaufsichtsbehörden u. a. die nachfolgenden Befugnisse zu:

  • Anerkennung der Stiftung und Mitwirkung im Anerkennungsverfahren, z. B. durch Vorschläge zu den Satzungsentwürfen;
  • Überwachung der laufenden Geschäftsführung der Stiftung;
  • Anerkennung von Satzungsänderungen;
  • Beanstandung und Aufhebung von Maßnahmen der Stiftungsorgane;
  • Abberufung von Organmitgliedern im Falle rechtswidrigen Handelns (u. U. auch Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen);
  • Festsetzung von Zwangsgeldern gegenüber der Stiftung.

Maßnahmen der Stiftungsaufsicht gegenüber der Stiftung sind i. d. R. belastende Verwaltungsakte, die vor den Verwaltungsgerichten mit der Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO angegriffen werden können.

 

Rz. 109

Für privatnützige Stiftung gilt in einigen Bundesländern jedoch ein abgeschwächter Kompetenzkatalog für die Stiftungsaufsicht, sodass dort die Aufsichtsbehörde i. d. R. nur Maßnahmen gegen Verstöße vornehmen kann, die das öffentliche Interesse gefährden (vgl. Richter/Gollan in Hüttemann/Richter/Weitemeyer, Rn. 30, 34 ff.; Seyfarth, ZSt 2008, 145). Sehr liberal sind die Vorschriften des Freistaats Bayern, der die privatnützigen Stiftung weitestgehend von der Aufsicht freistellt (Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayStG).

5.1.2 Stiftungsverzeichnis

 

Rz. 110

Sämtliche Bundesländer führen ein Verzeichnis aller rechtsfähigen Stiftungen. Bei unterschied­lichem Detailierungsgrad (Übersicht s. Roth in Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, beck-online.GROSSKOMMENTAR, Rn. 447.1) sind jedoch in jedem Bundesland wenigstens Name, Sitz und Anschrift sowie der Zweck der Stiftung offenzulegen. Streitig ist, ob die Eintragung im Stiftungsregister öffentlichen Glauben aufgrund positiver oder negativer Publizität i. R.d. § 171 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB begründen kann. Eine gesetzlich angeordnete Registerpublizität mit öffentlichem Glauben wie für Kaufleute gem. § 15 HGB besteht für Stiftungen nicht. Mit Ausnahme des Freistaats Bayern und Berlins sehen die Stiftungsgesetze der Länder vielmehr vor, dass die Eintragungen im Stiftungsregister keine Richtigkeitsvermutung begründen (§ 4 Abs. 4 Satz 2 BWStiftG, § 14 Abs. 2 Satz 2 StiftGBbg, § 15 Abs. 3 BremStiftG, § 3 Abs. 1 Satz 2 HmbStiftG, § 17a Abs. 3 HessStiftG, § 3 S. 2 MVStiftG, § 17a Abs. 2 Satz 3 NStiftG, § 12 Abs. 3 NRWStiftG, § 5 Abs. 3 RhPfLStiftG, § 18 Abs. 2 Satz 3 SaarlStiftG, § 8 Abs. 3 Satz 1 SächsStiftG, § 5 Abs. 4 StiftG LSA, § 15 Abs. 3 Satz 1 SchlHStiftG, § 5 Abs. 6 ThürStiftG). Soweit es die Vertretungsmacht des Vorstands der Stiftung betrifft, nimmt die h. M. in der Literatur an, dass auf Grundlage des § 171 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB eine Rechtsscheinvollmacht für den Vorstand aufgrund öffentlicher Bekanntmachung im Stiftungsverzeichnis entstehe (Staudinger/Hüttemann/Rawert, BGB, Vor §§ 80 ff. Rn. 164; MüKoBGB/Weitemeyer, § 80 Rn. 84; Vogt, Publizität im Stiftungsrecht, 2013, 41). Dafür spricht, dass die landesgesetzlichen Regelungen in den Stiftungsgesetzen i. R.d. konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz (§ 74 Abs. 1 Nr. 1 GG) hinter der Vertretungsregelung in § 171 Abs. 1 BGB zurücktreten müssen. Es verbleibt aber die Frage, ob die Eintragung in das Stiftungsregister eine "öffentliche Bekanntmachung" darstellt. Das wird für das Gewerberegister zum Teil abgelehnt, weil dem Gewerberegister keine amtlichen Anmelde- ...

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