Schrifttum

Böwing-Schmalenbrock, Steuerbescheide wegen unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung erst nach einem Jahr bestandskräftig?, DStR 2012, 444;

Ruff, Zur Angabe des Behörden- oder Gerichtssitzes in der Rechtsbehelfsbelehrung, KStZ 2012, 112.

 

Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 55 FGO stellt den Zusammenhang zwischen der Rechtsbehelfs- bzw. Rechtsmittelbelehrung und der Klage- bzw. Rechtsmittelfrist her und regelt zudem die Folgen einer fehlenden oder unrichtigen Rechtsbehelfs- bzw. Rechtsmittelbelehrung. Rechtsbehelf i. S. der Norm ist auch jeder gerichtliche Rechtsbehelf, darunter die prozessualen Mittel zur Rechtsverwirklichung im Wege gerichtlicher Verfahren einschließlich Antrag, Klage und Rechtsmittel (BFH v. 01.08.2012, II R 28/11, BStBl II 2013, 131 m. w. N.).

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 55 Abs. 1 FGO hat folgende Bedeutung: Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 FGO beträgt die Frist zur Erhebung einer Anfechtungsklage (§ 40 Abs. 1 1. Alt. FGO) einen Monat; die Frist beginnt mit der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung. § 55 Abs. 1 FGO lässt die Frist für die Erhebung der Klage jedoch dann nicht anlaufen, wenn ein Verwaltungsakt keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält. Ein Verwaltungsakt in diesem Sinn ist auch die Einspruchsentscheidung (s. §§ 366 Satz 1, 367 Abs. 1 Satz 1 AO). Ob der anzufechtende Verwaltungsakt für den Betroffenen große Bedeutung hat, ist dabei unerheblich (BFH v. 28.11.1978, VII R 48/78, BStBl II 1979, 185). § 55 FGO gilt auch für Verpflichtungsklagen (BFH v. 23.03.2000, VII R 48/99, BFH/NV 2000, 1169; Brandis in Tipke/Kruse, § 55 FGO Rz. 3 m. w. N.).

 

Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Vorschrift erstreckt die in § 356 AO enthaltene Regelung für den Beginn und den Lauf der Rechtsbehelfsfrist bei fehlender oder unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung auf Beginn und Lauf der Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage und der Verpflichtungsklage, die als einzige fristgebunden sind (s. § 47 FGO Rz. 1). Das ist folgerichtig, wenn man sich vor Augen hält, dass der zugrunde liegende Verwaltungsakt, gegen den der außergerichtliche Rechtsbehelf des Einspruches oder der Beschwerde stattfindet, auch Gegenstand der Anfechtungsklage ist, wenn auch in der Gestalt, die er durch das außergerichtliche Vorverfahren erhalten hat (§ 44 Abs. 2 FGO). Indessen beginnt die Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage nur in den Fällen des § 45 FGO (sog. Sprungklage) und in den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf nicht gegeben ist (§ 348 Nr. 3 und 4 AO), mit der Bekanntgabe des Verwaltungsaktes. Diese Fälle bilden aber die Ausnahme; in der Regel beginnt die Frist für die Erhebung der Klage erst mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf (§ 47 Abs. 1 FGO). Diese Entscheidung muss in jedem Falle eine schriftliche oder elektronische Belehrung über die Erhebung der Klage enthalten (§ 366 Satz 2 AO).

 

Tz. 4

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Die Rechtsbehelfsbelehrung in der Einspruchsentscheidung muss grds. folgenden Mindestinhalt haben, wenn die Klagefrist in Gang gesetzt werden soll: die Art des Rechtsbehelfs (hier: die Klage), die Angabe des FG mit Sitz und genauer Anschrift einschließlich der Fax-Nummer (aber s. Rz. 7), bei dem die Klage erhoben werden kann, sowie die Angabe der einzuhaltenden Frist. Ausreichend ist insoweit die in der Praxis übliche Angabe "innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe". Weitere Einzelheiten zur Fristberechnung müssen nicht mitgeteilt werden (BFH v. 07.03.2006, X R 18/05, BFH/NV 2006, 113; Brandis in Tipke/Kruse, § 55 FGO Rz. 21). Nicht erforderlich sind Angaben zum Inhalt und der Form der Klage, wenngleich es in der Praxis üblich und u. E. auch sinnvoll ist, über den Mussinhalt (§ 65 Abs. 1 Satz 1 FGO) und den Sollinhalt (§ 65 Abs. 1 Satz 2 FGO) einer Klage zu belehren (BFH v. 09.04.1997, IV B 96/96, BFH/NV 1997, 784). Insbesondere ist es nach derzeitigem Stand nicht erforderlich, darüber zu belehren, dass eine Klageerhebung auch in elektronischer Form erfolgen kann (BFH v. 05.03.2014, VIII R 51/12, BFH/NV 2014, 1010: "… jedenfalls wenn [die Einspruchsentscheidung] vor der im Juli 2013 in Kraft getretenen Neufassung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO ergangen ist …"; vgl. aber OVG RP v. 26.01.2012, 10 A 11293/11, DÖV 2012, 368 m. Anm. Skrobotz, jurisPR-ITR 7/2012; auch s. Rz. 7). Bei mehrfacher Zustellung muss darüber belehrt werden, welche für den Lauf der Rechtsmittelfrist maßgeblich ist (BFH v. 27.08.2008, II R 27/06, BFH/NV 2008, 2056). Letztlich genügt es, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung den Gesetzeswortlaut der einschlägigen Bestimmung wiedergibt und verständlich über die allgemeinen Merkmale des Fristbeginns unterrichtet (BFH v. 26.05.2010, VIII B 228/09, BFH/NV 2010, 2080; BFH v. 13.05.2015, III R 8/14, BStBl II 2015, 844).

 

Tz. 5

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 55 Abs. 1 FGO betrifft auch die Belehrungspflicht über den statthaften Rechtsbehelf der ersten Instanz und die Rechtsmittel (§§ 115, 128 FGO). Sie wird hier vorausgesetzt,...

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