Tz. 17

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Gegenstand der Entscheidung sind die Kosten der Prozessführung. Diese umfassen die noch nicht gezahlten Gerichtskosten sowie die Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts etc. Die PKH erstreckt sich nicht auf Kosten, die dem Gegner zu erstatten sind (§ 123 ZPO). Selbst bei Bewilligung der PKH verbleibt also für der bedürftige Beteiligte ein beträchtlicher Teil des Kostenrisikos, das allerdings im Finanzprozess geringer zu werten ist, weil die Behörden keinen Anspruch auf Auslagenerstattung haben (§ 139 Abs. 2 FGO).

 

Tz. 18

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Grds. hat das FG über einen PKH-Antrag zeitnah zu entscheiden, in jedem Fall aber, bevor eine Entscheidung in der Hauptsache ergeht (z. B. BFH v. 24.10.2006, X B 91/06, BFH/NV 2007, 460; Brandis in Tipke/Kruse, § 142 FGO Rz. 51). Dies muss in einem solchen zeitlichen Rahmen geschehen, dass der Antragsteller (Kläger) seinen Antrag ggf. zurücknehmen kann, um im Hauptsacheverfahren weitere Kosten zu vermeiden (Stapperfend in Gräber, § 142 FGO Rz. 89). Es widerspricht dem Zweck der PKH, wenn das Gericht gleichzeitig mit der Hauptsache entscheidet oder gar erst nach Entscheidung der Hauptsache, da im PKH-Verfahren die Erfolgsaussichten aufgrund summarischer Prüfung für eine Gewährung der PKH maßgeblich sind (vgl. BVerfG v. 26.06.2003, 1 BvR 1152/02, NJW 2003, 3190; BFH v. 15.07.2014, III S 19/12 [PKH], BFH/NV 2014, 1576; s. Rz. 12). Dem liefe zuwider, wenn die im Hauptsacheverfahren gewonnenen Erkenntnisse und Überzeugungen in die Entscheidung über die Gewährung der PKH einflössen (Stapperfend in Gräber, § 142 FGO Rz. 88). Der BFH kann indessen zum Beschwerdevorbringen ohne vorherige Entscheidung über einen für das Beschwerdeverfahren anhängig gemachten Antrag auf Bewilligung von PKH entscheiden. Eine vorherige Bescheidung des Begehrens auf PKH ist nur erforderlich, wenn dies im Interesse effektiven Rechtsschutzes geboten ist, mithin die mögliche Einschaltung eines beizuordnenden Anwalts oder Steuerberaters Einfluss auf die Sachentscheidung des Gerichts haben kann (vgl. BVerfG v. 13.07.1992 1 BvR 99/90, NJW-RR 1993, 382; BFH v. 09.07.1996 VII S 16/95, BFH/NV 1997, 143; BFH v. 03.03.2010, VIII B 173/09, juris).

 

Tz. 19

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Liegen die formellen (s. Rz. 3 ff.) oder materiellen Voraussetzungen (Rz. 10 ff.) nicht vor, weist das Gericht den PKH-Antrag zurück. Ist der Antrag begründet, wird nach Maßgabe des § 115 Abs. 2 und Abs. 3 ZPO – je nach dem Grad der Bedürftigkeit – eine Vollfreistellung von der Zahlung der Prozesskosten bewilligt bzw. in allen anderen Fällen entweder eine Teilfreistellung, wenn die Summe von 48 Monatsraten die Kosten der Prozessführung nicht abdeckt, oder eine Tilgung der Prozesskosten in Raten (s. Rz. 10). Aus der Natur der Sache ergibt sich ebenso wie aus der Eigenständigkeit der Regelung in § 116 ZPO, dass die Beschränkung der Ratenverpflichtung auf höchstens 48 Monatsraten nicht eingreift, denn § 115 Abs. 1 Satz 4 ZPO gilt ausdrücklich nur für natürliche Personen. Zur rückwirkenden Bewilligung von PKH nach Hauptsachenerledigung s. Rz. 8.

 

Tz. 20

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Nach § 120 Abs. 1 ZPO ist die Beiordnung eines Rechtsanwalts, Steuerberaters, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfers oder vereidigten Buchprüfers anzuordnen, wenn sie erforderlich erscheint (§ 121 Abs. 2 ZPO) oder (in der Revisions- bzw. Beschwerdeinstanz) vorgeschrieben ist (§ 121 Abs. 1 ZPO, § 62 Abs. 4 FGO). Die Beiordnung kann nachgeholt werden (BFH v. 31.03.2005, III S 8/05, BFH/NV 2005, 1350; BFH v. 02.05.2007, VI S 13/06 [PKH], juris).

 

Tz. 21

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Der Beschluss ergeht – dies ergibt der Umkehrschluss aus § 142 Abs. 3 Satz 1 FGO – grds. durch das Gericht in der gem. § 5 Abs. 3 Satz 2 FGO bzw. § 10 Abs. 3 FGO vorgeschriebenen Besetzung bzw. durch den Einzelrichter (§ 6 FGO). Im Fall der Hauptsachenerledigung (s. Rz. 8) ist der Vorsitzende bzw. der Berichterstatter nach § 79a Abs. 1 Nr. 3 FGO zuständig. § 142 Abs. 3 FGO erlaubt es, dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (§ 12 Satz 2 FGO) die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers zu übertragen; daneben übernimmt der Urkundsbeamte die in § 142 Abs. 4 FGO bezeichneten Aufgaben (hierzu im Einzelnen Schwarz in HHSp, § 142 FGO Rz. 290 ff.). Alle diese Aufgaben kann der Vorsitzende bzw. der Berichterstatter jederzeit wieder an sich ziehen (§ 142 Abs. 6 Satz 2 FGO). Die Aufgabenübertragung betrifft nur die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse; die Prüfung der Erfolgsaussichten (s. Rz. 12) und des Mutwillens (s. Rz. 14) obliegen ausschließlich dem Richter (Brandis in Tipke/Kruse, § 142 FGO Rz. 51a). Die Länder können bestimmen, dass § 142 Abs. 3 bis Abs. 7 FGO nicht anzuwenden sind (§ 142 Abs. 8 FGO). Für den BFH gilt diese negative Öffnungsklausel nicht (Brandis in Tipke/Kruse, § 142 FGO Rz. 51a). Da gegen die Entscheidungen des Urkundsbeamten die Erinnerung nach Maßgabe des § 142 Abs. 7...

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