Tz. 11

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Fehlt eine Rechtsbehelfsbelehrung oder ist sie unzutreffend, so beginnt der Lauf der Monatsfrist des § 355 Abs. 1 AO nicht. Fehlerhaft ist eine Rechtsbehelfsbelehrung insbes. dann, wenn sie in wesentlichen Aussagen unzutreffend oder derart unvollständig oder missverständlich gefasst ist, dass hierdurch nach einer objektiven Betrachtungsweise die Möglichkeit zur Fristwahrung gefährdet erscheint (BFH v. 20.11.2013, X R 2/12, BStBl II 2014, 236). Gleichwohl ist der Einspruch nicht unbefristet möglich. Die Rechtsbehelfsfrist dauert abweichend von § 355 Abs. 1 AO 1 Jahr ab Bekanntgabe des Verwaltungsakts (§ 356 Abs. 2 Satz 1 AO). Diese Beschränkung kennt zwei Ausnahmen:

  • wenn die Einlegung des Rechtsbehelfs vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war. Auch das Verhalten einer Behörde kann höhere Gewalt sein, wenn es den Steuerpflichtigen davon abhält, eine Frist einzuhalten (BFH v. 08.02.2001, VII R 59/99, BStBl II 2001, 506; § 110 AO),
  • wenn eine unzutreffende schriftliche Belehrung dahingehend erfolgt ist, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. Der Einspruch ist solange möglich, bis die durch eine ordnungsgemäße Belehrung in Gang gesetzte Rechtsbehelfsfrist abgelaufen ist. In Betracht kommt jedoch eine Verwirkung des Rechtsbehelfs.
 

Tz. 12

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Rechtsbehelfsbelehrung kann jederzeit nachgeholt oder durch eine zutreffende Belehrung ersetzt werden. Mit Zugang der ordnungsgemäßen Belehrung beginnt dann der Fristlauf des § 355 Abs. 1 AO. Eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung führt jedoch nicht dazu, dass ein gesetzlich nicht statthafter Rechtsbehelf als zulässig angesehen wird (BFH v. 14.12.2011, X B 42/11, BFH/NV 2012, 439). Die bloße Behauptung, dass durch elektronische Kontrollen eines Druck- und Versandprozesses der Versand eines unvollständigen Dokuments (Bescheids) ausgeschlossen sei, reicht nicht aus, den der Behörde obliegenden Nachweis des Zugangs eines vollständigen Dokuments zu erbringen (BFH v. 01.07.2014, IX R 31/13, DStRE 2014, 1457).

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