Tz. 48

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Ablaufhemmung knüpft an den Beginn der Prüfung an. Die Außenprüfung beginnt, wenn der Prüfer dem Stpfl. die Prüfungsanordnung übergeben hat und konkrete Handlungen zur Ermittlung des Steuerfalls aufnimmt. Nach § 198 Satz 2 AO ist der Prüfungsbeginn unter Angabe von Datum und Uhrzeit aktenkundig zu machen. Der Aktenvermerk stellt jedoch lediglich einen deklaratorischen Hinweis dar, der widerlegt werden kann. Maßgebend ist, wann der Prüfer bei dem Stpfl. zur Durchführung erschienen ist und mit der Prüfung auch ernsthaft begonnen hat (BFH v. 25.04.2001, I R 80/97, BFH/NV 2001, 1541). Nach BFH (BFH v. 08.07.2009, XI R 64/07, BStBl II 2010, 4) hat eine Prüfung bereits dann begonnen, wenn der Prüfer nach Übergabe der entsprechenden Anordnung sich zunächst dem Aktenstudium widmet. Eine Prüfung der sich im FA bereits befindlichen Akten reicht für den Beginn einer Außenprüfung jedoch nur in besonderen Fällen aus (BFH v. 24.04.2003, VII R 3/02, BStBl II 2003, 739).

 

Tz. 49

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Durch § 147 Abs. 1 AO i. V. m. Abs. 6 AO wird der Finanzbehörde seit dem 01.01.2002 auch das Recht eingeräumt bei Außenprüfung Zugriff auf gespeicherte Daten zu nehmen und diese mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems auszuwerten (zu den einzelnen Zugriffsformen BMF v. 16.07.2001, IV D 2 – S 0316–136/01, BStBl I 2001, 415; Balmes, AO-StB 2002, 121). Dem FA stehen unterschiedliche Zugriffsmöglichkeiten zur Wahl – von der Einsicht vorhandener Daten auf dem Computer des Stpfl. bis zur Mitnahme der Daten auf Datenträgern und der Auswertung außerhalb des Unternehmens. Folglich stellen sich hinsichtlich des Beginns der Außenprüfung ähnliche Fragen wie bei der Außenprüfung anhand von Akten. Im Fall einer solchen sog. elektronischen Außenprüfung wird der Beginn einer Außenprüfung anzunehmen sein, wenn der Prüfer am Prüfungsort erscheint und sich anschließend der Datenüberprüfung außerhalb des Unternehmensgebäudes widmet.

 

Tz. 50

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Der Beginn der Außenprüfung ist von Einzelermittlungen abzugrenzen, die keine Außenprüfung i. S. des § 171 Abs. 4 AO darstellen. Maßgeblich ist, wie der Stpfl. nach den ihm bekannten Umständen den Gehalt der ergriffenen Maßnahme auffassen konnte.

 

Tz. 51

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Bei sog. Konzernprüfungen (§§ 13ff. BpO) ist zu berücksichtigen, dass die konzernmäßig verflochtenen Unternehmen insoweit steuerlich keine Einheit bilden, sodass es für die Ablaufhemmung auf den ernstlichen Beginn der Prüfung der steuerlichen Verhältnisse des betreffenden Unternehmens ankommt (so auch FG Ha v. 26.09.1977, II 72/75, EFG 1978, 56; s. Rz. 74).

 

Tz. 52

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Durch Scheinhandlungen kann der Ablauf der Festsetzungsfrist nicht gehemmt werden, sodass die ernsthafte Außenprüfung von einer Scheinhandlung bzw. -prüfung abzugrenzen ist. Zwar bestehen keine eindeutigen Abgrenzungskriterien, es ist aber auf die Willensrichtung des Prüfers und auf diejenige des Sachgebietsleiters abzustellen, der die Prüfungshandlungen anordnet. Stets kommt es aber auf die Umstände des Einzelfalls an.

 

Tz. 53

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Beispiel: Eine Scheinhandlung kann vorliegen,

  • wenn der Prüfer die Prüfung beginnt, obwohl er sich krank fühlt und die Prüfung kurz darauf aus diesem Grund abbrechen muss;
  • wenn der Prüfer kurz vor Ablauf der Festsetzungsfristgleichzeitig mit der Prüfung mehrerer steuerlich selbstständiger Unternehmen im Konzern beginnt (s. Rz. 51);
  • wenn der Prüfer die Prüfung nach kurzer Zeit abbricht, weil er einen anderen Prüfungsauftrag erhalten hat;
  • wenn Handlungen vorgenommen werden, die nur den Antrag auf Prüfungsaufschub seitens des Stpfl. provozieren sollen.

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