Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Nach § 170 Abs. 1 AO beginnt die Festsetzungsfrist regelmäßig mit Ablauf des Kalenderjahres (sog. Grundsatz der Kalenderverjährung), in dem die Steuer entstanden ist (§ 38 AO) oder – dies betraf nur das Verbrauchsteuerrecht und ist mittlerweile praktisch bedeutungslos – eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist (§ 50 Abs. 3 AO; s. § 50 AO Rz. 1). Dabei ist ausschließlich auf den nach dem Gesetz entstandenen abstrakten Steueranspruch abzustellen. Entsteht ein darüber hinausgehender Steuerzahlungsanspruch, weil die Finanzbehörde einen durch das Gesetz nicht gedeckten und daher konstitutiven Steuerbescheid (s. § 118 AO Rz. 9) erlassen hat, so bleibt der Beginn der Festsetzungsfrist hiervon unberührt. Wegen der Entstehung der Steueransprüche s. § 38 AO Rz. 6. Obwohl § 170 Abs. 1 AO gesetzsystematisch den Grundsatz kodifiziert, handelt es sich insbes. aufgrund der abweichenden Regelungen des § 170 Abs. 2 bis 6 AO um einen faktischen Ausnahmefall, hierzu auch AEAO zu § 170, Nr. 1. Praktische Geltung entfaltet diese Vorschrift bei Steuern, die im Abzugsverfahren erhoben werden, wie z. B. der LSt (§§ 38ff. EStG) und der KapErtrSt (§§ 43ff. EStG), sofern der Steuerschuldner nicht verpflichtet ist, eine ESt-Erklärung abzugeben; ansonsten gilt § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO, s. Rz. 6). § 170 Abs. 1 AO betrifft v. a. die Fälle der Antragsveranlagung von Arbeitnehmern nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG (auch s. Rz. 6).

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