Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 4 AO definiert den Begriff "Gesetz" als jede "Rechtsnorm", wobei dieser Begriff selbst nicht konkretisiert wird, sondern seinerseits näher bestimmt werden muss. Der Begriff der Rechtsnorm ist der Oberbegriff, unter den auch die förmlichen Gesetze fallen. § 4 AO erweitert demnach den Anwendungsbereich der AO insoweit, als Gesetze im materiellen Sinn gemeint sind (s. Rz. 2 f.).

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Als Rechtsnorm (Rechtssatz) gilt nach allgemeinem Verständnis jede Anordnung, die in einem bestimmten örtlichen Bereich zu einer bestimmten Zeit für ihre Adressaten verbindlich ist und von der staatlichen Ordnung garantiert wird (vgl. Tipke, StRO III, S. 1138). Es muss sich um eine abstrakt generelle Regelung handeln, die für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen gilt, also dass nicht nur ein einmaliger Eintritt der darin vorgesehenen Rechtsfolge möglich ist (z. B. BVerfG v. 29.11.1961, 1 BvR 148/57, BVerfGE 13, 225; BVerfG v. 07.05.1969, 2 BvL 15/67, BVerfGE 25, 371; Tipke, StRO III, S. 1138).

 

Tz. 3

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Demnach erfasst § 4 AO geschriebene Rechtsnormen, also Gesetze im formellen Sinn, d. h. die Normen des Europarechts und des nationalen Verfassungsrechts sowie die Parlamentsgesetze, die aufgrund des in Art. 76 ff. GG geregelten Gesetzgebungsverfahren bzw. aufgrund der entsprechenden Regelungen in den Landesverfassungen zustande gekommen sind (s. Rz. 9). Auch Rechtsverordnungen sind Gesetze i. S. v. § 4 AO (BFH v. 06.11.1985, II R 63/83, BStBl II 1986, 77; BFH v. 18.02.1992, VII R 22/90, HFR 1992, 556; s. Rz. 12). Kommunale Steuersatzungen zählen ebenfalls dazu (s. Rz. 15).

 

Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Neben dem geschriebenen Recht kann allgemein auch ungeschriebenes Recht Normcharakter erlangen. Dies gilt für das Gewohnheitsrecht, das von den Rechtsbetroffenen selbst geschaffen wird (Maurer, § 4 Rz. 19; s. Rz. 17).

 

Tz. 5

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Verwaltungsvorschriften, insbes. den (norminterpretierenden oder normkonkretisierenden) Steuerrichtlinien, kommt grds. keine Rechtsnormqualität zu (s. Rz. 22). Ebenso wenig sind Judikate – auch diejenigen von EGMR, EuGH und BVerfG – und das sog. Richterrecht Rechtsnormen (s. Rz. 30).

 

Tz. 6

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vorläufig frei

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