Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 175b AO ist die gesetzliche Grundlage für die Änderung oder Aufhebung bestandskräftiger Steuerbescheide, wenn Daten, die von mitteilungspflichtigen Stellen i. S. von § 93c AO an die Finanzbehörde übermittelt worden sind, bei der Steuerfestsetzung nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt wurden (§ 175b Abs. 1 AO), wenn derartige Daten, die nach § 150 Abs. 7 Satz 2 AO als Angaben des Stpfl. gelten, zu dessen Ungunsten unrichtig sind (§ 175b Abs. 2 AO), oder wenn Daten ohne Vorliegen einer gesetzlich vorgeschriebenen Einwilligung des Stpfl. übermittelt wurden, diese Einwilligung aber Voraussetzung für die Berücksichtigung dieser Daten ist (§ 175b Abs. 3 AO). § 175b Abs. 4 AO beschränkt die Änderung oder Aufhebung von Steuerbescheiden in den dort geregelten Fällen. § 171 Abs. 10a AO regelt dazu eine Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist. § 175b AO wurde durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18.07.2014 (BGBl I 2016, 1679) eingefügt und ist erstmals anzuwenden, wenn steuerliche Daten eines Stpfl. für Besteuerungszeiträume nach 2016 oder Besteuerungszeitpunkte nach dem 31.12.2016 aufgrund gesetzlicher Vorschriften von einem Dritten als mitteilungspflichtiger Stelle elektronisch an Finanzbehörden zu übermitteln sind (Art 97 § 27 Abs. 2 EGAO).

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Zweck des § 175b AO ist es, die Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden zu ermöglichen, die aufgrund von fehlerhaft berücksichtigten oder fehlerhaft übermittelten oder ohne Einwilligung des Stpfl. übermittelten Daten rechtswidrig sind. Die Norm steht im engen systematischen Zusammenhang mit den in den Einzelsteuergesetzen vorhandenen Regelungen zum verstärkten Datenaustausch der Finanzbehörden mit anderen Behörden oder Dritten – z. B. Arbeitgeber, Rentenversicherungsträger, Krankenversicherungen oder Banken –, die durch § 93c Abs. 1 AO eine verfahrensrechtliche Vereinheitlichung erfahren haben. Durch § 175b AO wird sichergestellt, dass Fehler bei der Mitteilung oder bei ihrer Berücksichtigung in der Steuerfestsetzung, die zu fehlerhaften Steuerfestsetzungen geführt haben, korrigiert werden können. Andere Korrekturvorschriften, insbes. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO, sind insoweit nicht einschlägig, weil die Mitteilungen der auskunftspflichtigen Dritter keine Verwaltungsakte (§ 118 Satz 1 AO) und daher keine Grundlagenbescheide i. S. von § 171 Abs. 10 AO darstellen, sodass keine Bindungswirkung für die Steuerfestsetzung besteht (von Wedelstädt in Gosch, § 175b AO Rz. 3; Loose in Tipke/Kruse, § 175b AO Rz. 2).

 

Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Aus dem Wortlaut und dem systematischen Kontext der Norm folgt, dass sich ihr Anwendungsbereich auf Steuerbescheide und gleichgestellte Bescheide erstreckt (von Wedelstädt in Gosch, § 175b AO Rz. 5; s. Vor §§ 172-177 AO Rz. 4 ff.). Auf Einfuhr- bzw. Ausfuhrabgabenbescheide sowie Verbrauchsteuerbescheide findet § 175b AO keine Anwendung (von Wedelstädt in Bartone/von Wedelstädt, Rz. 1505).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge