Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 177 AO findet in allen Fällen Anwendung, in denen die Bestandskraft einer Steuerfestsetzung durchbrochen werden kann, d. h. in denen die Voraussetzungen für eine Änderung oder Aufhebung eines Steuerbescheides vorliegen (Loose in Tipke/Kruse, § 177 AO Rz. 1). Als Korrekturnormen kommen neben den §§ 172ff. AO, auch § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO (BFH v. 22.04.2015, X R 24/13, BFH/NV 2015, 1334; von Wedelstädt in Gosch, § 175 AO Rz. 4), die in den Einzelsteuergesetzen umschriebenen Aufhebungs- und Änderungsvorschriften in Betracht, z. B. § 21 Satz 2 GrStG, § 35b GewStG, § 10d Abs. 1 Satz 2–4 EStG. Wie § 176 AO (s. § 176 AO Rz. 1) ist § 177 AO keine eigenständige Korrekturvorschrift (BFH v. vom 22.04.2015, X R 24/13, BFH/NV 2015, 1334). Für die Saldierung nach § 177 Abs. 1und Abs. 2 AO bedarf es auch keiner eigenen Änderungsnorm; die Saldierung findet vielmehr im Rahmen der durch andere Änderungsnormen eröffneten Korrektur statt (BFH v. 11.04.2017, IX R 22/16, BFH/NV 2017, 1178).

 

Tz. 5

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Keine Anwendung findet § 177 AO:

  • im Falle der Nachversteuerung nach § 10 Abs. 5 EStG, § 30 Abs. 1 EStDV. Die Norm ermöglicht weder die Aufhebung oder Änderung, noch die Durchbrechung der Bestandskraft (von Wedelstädt in Bartone/von Wedelstädt, Rz. 1604),
 

Tz. 6

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

  • bei den nach dem UZK zulässigen Änderungen (Vorrang des Unionsrechts),
 

Tz. 7

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

  • auf Verwaltungsakte, die nur nach §§ 130ff. AO zurückgenommen oder widerrufen werden können und nicht auf Zusagen, soweit diese gem. § 207 Abs. 2 AO aufgehoben oder geändert werden (Loose in Tipke/Kruse, § 177 AO Rz. 2).
 

Tz. 8

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Zur Anwendung des § 177 AO bei der Änderung oder Aufhebung von Bescheiden, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehen (§ 164 AO) oder vorläufig festgesetzt wurden (§ 165 AO) s. Rz. 36.

 

Tz. 9

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Bei der Korrektur von offenbaren Unrichtigkeiten nach § 129 AO, ist eine Saldierungsmöglichkeit im Rahmen der pflichtgemäßen Ermessensausübung eröffnet (BFH v. 08.03.1989, X R 116/87, BStBl II 1989, 531; BFH v. 30.04.1998, III B 110/97, BFH/NV 1999, 1; von Wedelstädt in Gosch, § 129 AO Rz. 54.2 und § 177 AO Rz. 11; Tipke in Tipke/Kruse, § 129 AO Rz. 27; Wernsmann in HHSp, § 129 AO Rz. 33; a. A. Rüsken in Klein, § 177 AO Rz. 4; Frotscher in Schwarz/Pahlke, § 177 AO Rz. 5). Die Finanzverwaltung hält eine entsprechende Anwendung des § 177 AO ebenfalls für zulässig (AEAO zu § 177, Nr. 6 i. V. m. AEAO zu § 129, Nr. 5; auch von Wedelstädt in Bartone/von Wedelstädt, Rz. 1616).

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