[Ohne Titel]

Alexander v. Wedelstädt[*]

§ 175b AO begleitet den zunehmenden Datenaustausch von Behörden und Dritten. Da Mitteilungen Dritter keine Verwaltungsakte und daher keine Grundlagenbescheide i.S.d. § 171 Abs. 10 AO mit der Änderungsfolge des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO sind, bedurfte es dieser besonderen gesetzlichen Änderungsregelung. Soweit ersichtlich hat sich der BFH bisher nur einmal, und zwar im Urteil v. 8.9.2021 – X R 5/21, BStBl. II 2022, 398, mit ihr befasst.

[*] Der Autor ist Abteilungsdirektor a.D. und war als Gruppenleiter bzw. Referatsleiter in der Oberfinanzdirektion Düsseldorf (jetzt Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen) zuständig für das steuerliche Verfahrensrecht, Betriebsprüfung, Steuerstrafrecht und Steuerfahndung sowie Umsatzsteuer.

I. Einleitung

§ 175b AO begleitet die zunehmende Vernetzung von Behörden und Dritten, die zum verstärkten Datenaustausch führt. Da Mitteilungen Dritter keine Verwaltungsakte und daher keine Grundlagenbescheide i.S.d. § 171 Abs. 10 AO mit der zwangsläufigen Änderungsfolge des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO sind, bedurfte es dieser besonderen gesetzlichen Änderungsregelung.

Die Vorschrift scheint in der Praxis bisher kaum angekommen zu sein; soweit ersichtlich hat sich der BFH bisher nur einmal, und zwar im Urteil v. 8.9.2021 – X R 5/21, BStBl. II 2022, 398, mit ihr befasst. Möglicherweise ist sie – noch – zu unbekannt.

II. Inhalt

§ 175b AO regelt drei Korrekturtatbestände.

Ein Steuerbescheid ist aufzuheben oder zu ändern,

  • wenn Daten i.S.d. § 93c AO, die von mitteilungspflichtigen Stellen an die Finanzbehörde übermittelt wurden, bei der Steuerfestsetzung nicht oder unzutreffend berücksichtigt wurden (§ 175b Abs. 1 AO),
  • wenn derartige Daten, die nach § 150 Abs. 7 S. 2 AO als Angaben des Steuerpflichtigen gelten, zu Ungunsten des Steuerpflichtigen unrichtig sind (§ 175b Abs. 2 AO), oder
  • wenn Daten ohne Vorliegen einer als Voraussetzung für die steuerliche Berücksichtigung der Daten gesetzlich vorgeschriebenen Einwilligung des Steuerpflichtigen übermittelt wurden (§ 175b Abs. 3 AO).

§ 175b Abs. 4 AO schränkt die Korrekturmöglichkeit ein,

  • wenn im Fall der erstmaligen Übermittlung von Daten nach § 93c Abs. 1 AO die nachträglich übermittelten Daten nicht rechtserheblich sind, oder
  • wenn im Fall einer berichtigten Datenübermittlung nach § 93c Abs. 3 AO die Abweichung von den bisher berücksichtigten Daten nicht rechtserheblich ist (Begründung, BT-Drucks. 18/12127, 54).

§ 175b AO ist nur auf Steuerbescheide und ihnen gleichgestellte Bescheide wie z.B. Feststellungsbescheide anwendbar, nicht auf Bescheide über Einfuhr- und Ausfuhrabgaben (Art. 5 Nr. 20 und 21 UZK) und nicht auf Verbrauchsteuerbescheide (von Wedelstädt in Gosch, AO/FGO, § 175b AO Rz. 5 [Mai 2022]; Loose in Tipke/Kruse, § 175b AO Rz. 4 [Okt. 2020].

III. Die Korrekturregelungen

1. Aufhebung oder Änderung bei fehlender oder unzutreffender Berücksichtigung von Daten (§ 175b Abs. 1 AO)

Ein Steuerbescheid oder ein diesem gleichgestellter Bescheid ist zugunsten wie zu Ungunsten des Steuerpflichtigen aufzuheben oder zu ändern, soweit von der mitteilungspflichtigen Stelle an die Finanzbehörde übermittelte Daten i.S.d. § 93c AO bei der Steuerfestsetzung nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt wurden. Nicht berücksichtigt sind Daten, wenn sie bei der Steuerfestsetzung nicht herangezogen, bei der Steuerfestsetzung nicht ausgewertet wurden (Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 175b AO Rz. 6 [Okt. 2020]. Nicht zutreffend berücksichtigt sind Daten, wenn sie aus welchen Gründen auch immer bei der Steuerfestsetzung zwar herangezogen wurden, dies aber falsch geschah, oder wenn sie einer falschen Person zugerechnet wurden (BFH v. 8.9.2021 – X R 5/21, BStBl. II 2022, 398).

Mitteilung mitteilungspflichtiger Stellen: Zur Ermittlung des der Besteuerung zu unterwerfenden Sachverhalts ist die Finanzbehörde oft auf die Mitwirkung, insb. auf Informationen anderer Behörden und Stellen angewiesen. Aus Einzelsteuergesetzen ergibt sich, welche Stelle mitteilungspflichtig ist und welche Daten zu übermitteln sind. Mitteilungspflichtige Stelle ist jeder mitteilungspflichtige Dritte gleich welcher Rechtsform. Dritter ist, wer nicht Beteiligter i.S.d. § 78 AO ist. § 93c AO regelt die elektronische Datenübermittlung.

Daten i.S.d. § 93c AO: § 93c AO enthält die Verfahrensvorschriften, die bei der elektronischen Übermittlung von Daten durch mitteilungspflichtige Stellen an die Finanzbehörde zu beachten sind. Unter Daten i.S.d. § 93c AO ist nicht nur der Datensatz zu versstehen, dessen (Mindest-)Inhalt in § 93c Abs. 1 Nr. 2 AO geregelt ist, sondern darunter fallen alle steuerlichen Daten eines Steuerpflichtigen, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften von einer mitteilungspflichtigen Stelle an Finanzbehörden elektronisch zu übermitteln sind, auch diejenigen Daten, deren Übermittlung an die Finanzbehörde erst in einem Einzelsteuergesetz ("auf Grund gesetzlicher Vorschriften") angeordnet wird. Das folgt aus dem Eingangssatz des § 93c Abs. 1 AO, der den Regelungsbereich der Norm umschreibt (Art. 97 § 27 Abs. 2 EGAO; BFH v. 8.9.2021 – X R 5/21, BStBl. II 2022, 398, Rz. 31; von Wedelstädt in Gosch, AO/FGO, § 175b AO Rz. 8 [Mai...

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