1 Arbeitsrecht

1.1 Raucherpausen nicht verbucht: Kündigung ist rechtmäßig

LAG Thüringen, Urteil v. 3.5.2022, 1 Sa 18/21; Vorinstanz: Arbeitsgericht Suhl, Urteil v. 29.7.2020, 6 Ca 248/19

Das LAG Thüringen machte in seiner Urteilsbegründung deutlich, dass bei einer besonders schwerwiegenden Pflichtverletzung - wie bei falschen Arbeitszeitaufzeichnungen - eine Abmahnung entbehrlich sei, da in diesen Fällen regelmäßig das notwendige Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zerstört sei. Bei solchen Pflichtverletzungen komme es auch nicht auf eine negative Zukunftsprognose an. Somit war es für das Gericht letztlich nicht erheblich, dass die Arbeitnehmerin nach dem Vorfall ihr Verhalten geändert und die Zeiten fortan korrekt aufgeschrieben hatte.

2 GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

2.1 Grunderwerbsteuer: Grundstücke einer Untergesellschaft

BFH, Urteil v. 1.12.2021, II R 44/18

Der BFH gibt einen wichtigen Hinweis für die Revisionsbegründung. Betrifft das Urteil einen einheitlichen Streitgegenstand, bei dem über mehrere Rechtsfragen gestritten wird, die kumulativ zur Rechtfertigung des Klageantrags beantwortet werden müssen, erfordert die Revisionsbegründung die Darlegung, weshalb alle Rechtsfragen im Sinne des Revisionsklägers beantwortet werden müssen. Das gilt auch dann, wenn das FG sein Urteil nur auf die Verneinung einer Rechtsfrage gestützt hat. Da in einem solchen Fall eine Auseinandersetzung mit dem FG-Urteil hinsichtlich der nicht erörterten Streitfragen allerdings nicht in Betracht kommt, können insoweit Bezugnahmen auf früheres Vorbringen ausreichen, wenn diese schlüssige Ausführungen zu den betreffenden Rechtsfragen beinhaltet (BFH, Urteil v. 7.6.2018, IV R 11/14, BFH/NV 2018 S. 963).

2.2 Kommt es bei Parallelimporten zu einer verdeckten Gewinnausschüttung?

FG Nürnberg, Urteil v. 20.7.2021, 1 K 1388/19

Das Finanzamt hat die vom FG zugelassene Revision - auch angesichts der großen wirtschaftlichen Bedeutung und Breitenwirkung – eingelegt, Az beim BFH I R 41/21. Vergleichbare Fälle sollten damit bis zur abschließenden Entscheidung des BFH mit Einspruch offengehalten werden.

2.3 Zur Sozialversicherungspflicht von Anwälten in einer Rechtsanwalts-GmbH

BSG, Urteil v. 28.6.2022, B 12 R 4/20 R

Die Entscheidung des BSG hat erhebliche praktische Bedeutung, sie ist nach einer ähnlichen Entscheidung zu Steuerberatungsgesellschaften allerdings nicht überraschend (BGH, Urteil v. 7.7.2020, B 12 R 17/18 R). Die Zahl der in der Rechtsform der GmbH tätigen Anwälte nimmt in Deutschland seit Jahren zu. Zum 1.1.2022 waren knapp 2.000 solcher Rechtsanwalts-GmbHs in Deutschland registriert. Nach der Entscheidung des BSG ist die GmbH als Arbeitgeber der als Gesellschafter und Geschäftsführer tätigen Anwälte verpflichtet, Beiträge zur Rentenversicherung, zur Arbeitslosenversicherung und - bis zum Erreichen der Beitragsbemessungsgrenze - auch zur Krankenversicherung zu zahlen. Bei entsprechender Befreiung können die Rentenversicherungsbeiträge an das jeweilige Versorgungswerk geleistet werden.

3 Kapitalanlage & Versicherung

3.1 Bevollmächtigung ohne Vorlage einer schriftlichen Vollmacht: Steuerbescheid trotzdem ordnungsgemäß bekanntgegeben?

BFH, Urteil v. 16.3.2022, VIII R 19/19; veröffentlicht am 23.6.2022

Dass eine Bevollmächtigung i. S. d. § 122 Abs. 1 Satz 3 AO nicht schriftlich vorliegen muss, sondern sich aus den Umständen ergeben kann, folgt aus § 80 Abs. 1 Satz 3 AO in der Fassung des Streitjahres. Danach hat der Bevollmächtigte seine Vollmacht nur auf Verlangen schriftlich nachzuweisen. Bei Personen und Vereinigungen i. S. d. §§ 3 und 4 Nr. 11 des Steuerberatungsgesetzes, die für den Steuerpflichtigen handeln, wird gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 AO i. d. F. des Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens v. 18.7.2016 (BGBl 2016 I S. 1679) eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung vermutet. Zwar wurde diese Regelung erst mit Wirkung vom 1.1.2017 und somit nach der hier streitigen Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids am 21.12.2015 eingeführt. Allerdings wurde eine solche Vollmachtsvermutung bereits zuvor durch die Rechtsprechung anerkannt.

Der BFH vermag danach der Argumentation der Kläger, die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht für die Jahre 2008 bis 2012 spreche gegen eine Bevollmächtigung für das Streitjahr, nicht zu folgen. Denn eine Bevollmächtigung i. S. d. § 122 Abs. 1 Satz 3 AO muss gerade nicht schriftlich vorliegen, sondern kann sich aus den Umständen ergeben.

Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände durfte das FA daher vermuten, dass die zunächst auf die Jahre 2008 bis 2012 beschränkte Bevollmächtigung der Prozessbevollmächtigten durch die Kläger nachträglich auf die Jahre 2004 bis 2007 erweitert wurde. Da die ursprüngliche Bevollmächtigung ausdrücklich zum Empfang der Steuerbescheide ermächtigte, durfte das FA davon ausgehen, dass dies auch für die Jahre 2004 bis 2007 galt.

4 Land- und Forstwirtschaft

4.1 Beherbergung und Verköstigung: Kinder auf einem Reiterhof und die Umsatzsteuer

Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil v. 2.3.2022, 4 K 114/17

Gegen das FG-Urteil wurde Revision eingelegt, Az beim BFH XI R 9/22. Das FG hat die Revision zugelassen, da die Reichweite der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG vor dem Hintergrund der jüngsten EuGH-Rechtsprechung zur Auslegung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL (z. B. EuGH, Urteil v. 21.10.2021, C-373/19, Dubrovin & Tröger GbR – Aquatics) zum Schwimmunterricht) nicht abschließend geklärt ist.

5 Lohn und Gehalt

5.1 Mindestlohn und Minijob-Grenze steigen zum 1.10.2022

Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügige...

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