Leitsatz

Die monetäre Beschränkung einer qualifizierten Signatur steht der Wirksamkeit eines elektronisch übermittelten Schriftsatzes (Klageschrift) nicht entgegen.

 

Normenkette

§ 77a Abs. 1 Satz 1 FGO a.F, § 52a Abs. 1 FGO n.F., § 2 Nr. 1 Nr. 7 § 5 Abs. 1, § 7 Abs. 1 SigG

 

Sachverhalt

Der Prozessbevollmächtigte der Kläger erhob im Februar 2005 Klage durch eine E-Mail, die mit seiner qualifizierten Signatur versehen war. Für das Zertifikat war eine "monetäre Beschränkung von 100 EUR" eingetragen.

Das FG wies die Klage wegen dieser Beschränkung als unzulässig ab (EFG 2006, 994).

 

Entscheidung

Der BFH folgte dem FG nicht. Er hielt die Klage aus den in den Praxis-Hinweisen aufgeführten Gründen für zulässig.

Der XI. Senat konnte auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung dahingestellt sein lassen, ob er die Auffassung des FG teilt, nach der das "soll" i.S.d. § 77a Abs. 1 Satz 2 FGO a.F. als "muss" zu verstehen sei.

Kurz darauf hat der V. Senat des BFH (Urteil vom 26.10.2006, V R 40/05, BFH-PR 2007, 73) die vom XI. Senat offen gelassene Frage entschieden.

Es ist der Auffassung, dass § 77a Abs. 1 Satz 2 FGO eine bloße Ordnungsvorschrift und mithin eine elektronische Signatur nicht zwingend vorgeschrieben sei.

 

Hinweis

1. Nach § 64 Abs. 1 FGO ist die Klage bei dem Gericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben.

Nach § 77a Abs. 1 Satz 1 FGO a.F. genügt der Schriftform die Aufzeichnung als elektronisches Dokument, wenn dieses für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist. Nach Satz 2 soll die verantwortende Person das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz (SigG) versehen.

Mit Wirkung ab dem 1.4.2005 ist § 52a FGO an die Stelle des § 77a FGO a.F. getreten. In § 52a Abs. 1 Satz 3 FGO ist für Dokumente, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, weiterhin eine qualifizierte elektronische Signatur nach § 2 Nr. 3 SigG vorgesehen.

Deshalb bleibt die im Besprechungsurteil entschiedene Frage, ob eine monetäre Beschränkung der Signatur die Wirksamkeit der per E-Mail erhobenen Klage in Frage stellt, auch weiterhin von Bedeutung.

2. Die Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 4.10.1984, VII ZR 342/83, NJW 1985, 328) hat für die Schriftform grundsätzlich die eigenhändige Unterschrift verlangt, um dadurch sicherzustellen, dass

  • der Aussteller zweifelsfrei identifiziert werden kann und
  • es sich nicht um einen bloßen Entwurf, sondern eine verbindliche Prozesserklärung handelt.

Die qualifizierte Signatur ist ein Funktionsäquivalent zur eigenhändigen Unterschrift.

3. Die monetäre Beschränkung stellt eine finanzielle Obergrenze beim Einsatz des Zertifikats dar. Sie bewirkt, dass finanzielle Transaktionen nur bis zu einer bestimmten Höhe getätigt werden können.

4. Bei der Einreichung einer Klage durch einen Prozessbevollmächtigen geht es nicht um eine finanzielle Transaktion. Vielmehr dient die qualifizierte Signatur, die die eigenhändige Unterschrift ersetzen soll, allein dazu, "die Authentizität und die Integrität des übermittelten elektronischen Dokuments" sicherzustellen.

Dies wird durch den seit dem 1.4.2005 anzuwendenden § 52a Abs.1 Satz 4 FGO bestätigt, wonach neben der qualifizierten elektronischen Signatur auch ein anderes sicheres Verfahren zugelassen werden kann, das die Authentizität und Integrität des übermittelten elektronischen Dokuments sicherstellt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.10.2006, XI R 22/06

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