Rz. 44

Ausgangspunkt der Fragestellung ist der Sachverhalt, dass neben der Veräußerung eines Grundstücks zusätzliche Leistungen angefangen bei der Bebauung bis hin zur Mietgarantie vereinbart sind, und beurteilt werden muss, ob diese Leistungen zur Gegenleistung im grunderwerbsteuerlichen Sinne gehören.

Zu differenzieren ist nach folgenden Fallgruppen:

  • Der Erwerber erhält vom Veräußerer ein unbebautes Grundstück, erhält es aber nur mit der Maßgabe, dass der Veräußerer es für ihn bebaut (3.3).
  • Der Erwerber tritt in bereits zwischen dem Veräußerer und Dritten bestehende Verträge ein (3.3).
  • Der Erwerber erhält ein Grundstück und die dem Veräußerer nahestehende Personen schließen mit ihm auf die Bebauung des Grundstücks gerichtete Verträge.

Erste Voraussetzung für die grunderwerbsteuerliche Relevanz zusätzlicher Leistungen neben der (Haupt-)Leistung Grundstück ist die Rechtsverbindlichkeit für den Erwerber, d. h. dass zwischen dem Übereignungsanspruch des Erwerbers auf ein Grundstück und der Abnahmeverpflichtung anderer Leistungen muss ein unmittelbar kausaler (rechtlicher) Zusammenhang bestehen.

Zweite unabdingbare Voraussetzung ist aber daneben, dass diese vertraglichen (Zusatz-)Vereinbarungen bereits mit dem Veräußerer bindend vereinbart worden sind. Es kommt mithin entscheidend darauf an, ob der Erwerber frei darüber befinden konnte, in welchem Zustand er das Grundstück erwerben möchte. Fehlt es hieran, ist dies ein starkes Indiz für das einheitliche Vertragswerk (so aktuell BFH v. 2.4.2009, II B 157/08, BFH/NV 2009, 1146).

6.2.8.1 Vertragliche Vereinbarung mit dem Veräußerer unmittelbar

 

Rz. 45

Relativ unproblematisch ist der Fall zu beurteilen, bei dem der Erwerber bereits 45 beim Grundstückserwerb in mit dem Rechtsvorgänger (Veräußerer) geschlossene Verträge eintritt.

 
Praxis-Beispiel

A erwirbt mit Vertrag ein Grundstück von B. A hatte sich verpflichtet, dass das erworbene Grundstück von Bauunternehmer U bebaut wird, C die Baubetreuung übernimmt und D eine Mietgarantie; diese vertraglichen Pflichten hat A bereits von B übernommen. Alle diese zusätzlichen Leistungen fließen bei Übernahme des Gesellschaftsanteils in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2a GrEStG ein, wenn damit die maßgebende Grenze von 95 % überschritten wird.

Auch wenn A nicht in einen bereits bestehenden Vertrag eintritt, sondern die vertragliche Verpflichtung unmittelbar mit dem Erwerb des Grundstücks von dem Veräußerer übernimmt, ergeben sich die gleichen Rechtsfolgen, wenn das Grundstück nur mit dem gesamten Vertragspaket einschließlich Bebauung übernommen werden konnte.

 
Praxis-Beispiel

A übernimmt im Rahmen der Erstzeichnung zusammen mit vielen anderen Zeichnern den Anteil an einem geschlossenen Immobilienfond. Neben dem Erwerb eines Grundstücks ist ein umfangreicher Katalog von "Serviceleistungen" bis hin zu Hausmeisterdiensten für die fertige Wohnung vorgesehen. Sind die Leistungen derart miteinander verzahnt, dass es dem Erwerber nicht möglich ist, das Grundstück ohne das zusätzliche Leistungspaket oder Teile hiervon zu erwerben, so sind diese Leistungen wertmäßig in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen oder mit anderen Worten: Der Gesamtkaufpreis, in dem eine Vielzahl von Gebühren für die Zusatzleistungen enthalten sein können, ist Maßstab für die Grunderwerbsteuer (BFH v. 21.12.1988, II B 47/88, BStBl II 1989, 333ff.).

Tritt der Grundstückserwerber nicht in bereits bestehende Zusatzverträge zwischen Veräußerer und Erwerber ein, ist die Kausalität der Zusatzvereinbarungen mit dem Grundstückserwerb vom Veräußerer in der Praxis nicht immer ohne weiteres erkennbar. Auch wenn derartige Vereinbarungen der notariellen Beurkundung bedürfen, lässt sich der Zusammenhang nicht ohne weiteres erkennen.

Ist die innere Kausalität den Vertragsparteien nicht bewusst, unterbleibt oftmals eine Beurkundung dieser Vorgänge. Andernfalls ist ebenfalls nicht sichergestellt, dass der Vorgang in einer Urkunde erfasst wird; nur dann aber sind die Vorgänge ohne weiteres erkenn- und zuordenbar.

6.2.8.2 Vertragliche Bindung durch dem Veräußerer nahestehende Personen

 

Rz. 46

Die unter 3.3 dargestellten Grundsätze waren von dem Umstand geprägt, dass zum Zeitpunkt des Erwerbs der Veräußerer selbst ein Vertragsbündel angeboten hat.

Es sind freilich auch Fälle denkbar, bei denen die vertragliche Bindung nicht mit dem Veräußerer, sondern mit einer dieser nahestehenden Person besteht.

Nachfolgend soll der Versuch unternommen werden, die Abgrenzungskriterien für diese Variante darzustellen.

Wegweisend hierfür ist ein immer noch aktuelles Urteil des BFH aus dem Jahre 1995.

Danach ist Gegenstand des Erwerbsvorgangs das Grundstück in bebautem Zustand, wenn mehrere auf der Veräußererseite auftretende Personen aufgrund von Abreden bei der Veräußerung zusammenarbeiten und durch abgestimmtes Verhalten auf den Abschluss sowohl des Grundstückskaufvertrags als auch des Bebauungsvertrags hinwirken. Ein abgestimmtes Verhalten kann auch vorliegen, wenn ein freier Handelsvertreter als Grundstückseigentümer, der gleichzeitig als Vertriebsbeauftragter für eine Baufirma tätig ist, ...

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