Verhältnis AK zu Jahresumsatz: Zusätzlich führte das FA in der Entscheidung über den Einspruch der A-GmbH ins Feld, der Vorsteuerabzug scheitere auch am Vorsteuerabzugsverbot des § 15 Abs. 1a Satz 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG. Die Unangemessenheit ergebe sich aus dem Missverhältnis der Anschaffungskosten von mehr als EUR 500t im Vergleich zum prognostizierten Jahresumsatz der Klägerin von EUR 2.500. Auch diese Aussagen sind (doppelt) falsch.

Vorschrift zielt nicht auf Jahresumsatz ab: In § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG geht es nämlich um die Frage, ob Aufwendungen in einem unangemessenen Verhältnis zur Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen stehen, nicht um die Frage, ob sie in einem unangemessenen Verhältnis zum Jahresumsatz stehen.

Bei dem Aufwand im Zusammenhang mit dem Kauf der beiden Autos geht es aber nicht um Kosten der Lebensführung (des B). Die Fahrzeuge wurden ja gerade nicht von B genutzt (z.B. als Dienstfahrzeuge des Geschäftsführers). Sie waren vielmehr nichts anderes als "normale" Waren, die mit Gewinn verkauft werden sollten. Beim Ein- und Verkauf von Waren findet aber keine Angemessenheitsprüfung statt. Sonst würde der Handel mit hochpreisigen Waren (also mit Gegenständen, die sich "Otto Normalverbraucher" nicht kaufen würde oder könnte) stets zu einem Vorsteuerausschluss führen.[16]

Keine "Liebhaberei" im Mehrwertsteuerrecht: Mit Blick auf das "Missverhältnis der Anschaffungskosten zum Umsatz" ist noch anzumerken, dass es im Mehrwertsteuerrecht keine Vorschrift gibt, die vorschreibt, in einem Jahr müssten Gewinne erzielt werden (es gibt – anders als im Einkommensteuerrecht – noch nicht einmal einen Grundsatz, dem zufolge mit einer Tätigkeit ein Gesamtgewinn erzielt werden muss[17]). Der Verkauf der für "mehr als EUR 500t" (brutto) angeschafften Autos kann also auch in späteren Jahren erfolgen. So hatte die A-GmbH z.B., blickt man allein auf das im Folgejahr veräußerte Kfz 3, im Jahr 2015 zwar (Netto-)Kosten von EUR 125.966 bei einem Umsatz von EUR 2.500 (Haftungsvergütung), im Jahr 2016 aber Umsätze von EUR 149.598 (Haftungsvergütung von EUR 2.500 und Verkauf des Kfz 3 für EUR 147.098) bei Kosten i.H.v. Null. Macht also für 2015 und 2016 zusammengenommen einen Umsatz von EUR 152.098 (netto) und Kosten von EUR 125.966 (netto). Es ergibt sich also für beide Jahre eine Gewinnmarge von knapp über 20 % – ein durchaus vernünftiges Ergebnis.[18]

[16] Zum vergleichbaren Fall eines Leasingvertrags und des Vorsteuerausschlusses gem. § 15 Abs. 1a UStG i.V.m. § 12 EStG s. BFH v. 29.9.2022 – V R 29/20, juris Rz. 41.
[17] Auch wenn der EuGH in den letzten Jahren den Begriff der "Asymmetrie von Einnahmen und Ausgaben" aufgebracht hat. Vgl. EuGH v. 12.5.2016 – C-520/14 – Gemeente Borsele, UR 2016, 520. S. auch BFH v. 22.6.2022 – XI R 35/19, juris Rz. 17. Kritisch von Streit/Streit, UStB 2020, 180.
[18] Das sich, bezöge man die Jahre bis 2021 ebenfalls mit ein, entsprechend für das Kfz 2 ergeben hätte, hätte die Rechtsauffassung des FA nicht den Verkauf verhindert; s. oben III.2.

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