Leitsatz

1. Ob eine sonst nicht unternehmerisch tätige Person, die im Jahr 1997 auf dem Dach ihres selbstgenutzten Eigenheims eine Fotovoltaikanlage betrieb und den erzeugten Strom teilweise gegen Vergütung in das öffentliche Stromnetz eingespeist hat, als Unternehmer i.S.d. USt-Rechts anzusehen war, bleibt offen.

2. Ein Vorsteuerabzug aus einer 1997 vorgenommenen Anschaffung einer Fotovoltaikanlage, der erstmals in einer im Jahr 2002 abgegebenen USt-Erklärung für das Jahr 1997 geltend gemacht wird, ist nicht möglich.

 

Normenkette

§ 2 Abs. 1, § 15 S. 1 Nr. 1 S. 1 UStG, Art. 10, Art. 17 der 6. EG-RL, §§ 3 ff. EEG

 

Sachverhalt

Der Kläger kaufte 1997 eine Fotovoltaikanlage und gab erst 2002 eine USt-Erklärung für 1997 ab, in der er den Vorsteuerabzug geltend machte.

FA und FG (Niedersächsisches FG, Urteil vom 23.03.2006, 5 K 491/02, Haufe-Index 1755599, EFG 2007, 1196) stellten auf die fehlende Unternehmereigenschaft ab und versagten den Vorsteuerabzug.

 

Entscheidung

Im Ergebnis bestätigte dies der BFH, allerdings aus anderen Gründen. Zeitnahe Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Anlage seinem Unternehmen zuordnen wollte, gab es nicht. Darauf, dass der Kläger im Februar 2002 mit Abgabe seiner USt-Erklärung für das Streitjahr konkludent eine (nachträgliche) Zuordnung der Fotovoltaikanlage zu seinem Unternehmen vorgenommen hat, kann nicht abgestellt werden. Denn Absichtsänderungen eines Steuerpflichtigen wirken nicht auf den Zeitpunkt des Leistungsbezugs zurück und führen deshalb nicht dazu, dass für Eingangsleistungen in Rechnung gestellte USt-Beträge nachträglich als Vorsteuerbeträge abziehbar sind.

 

Hinweis

Die Entscheidung betrifft einen sog. "Altfall" (Einspeisung von Strom vor Inkrafttreten des EEG). Für die Anschaffung von Fotovoltaikanlagen in "Altfällen" lehnt die Finanzverwaltung den Vorsteuerabzug mit der Begründung ab, wenn jährlich nicht deutlich mehr Strom durch den Betreiber der Fotovoltaikanlage produziert werde, als er in seinem Haushalt verbrauche, sei die Unternehmereigenschaft zu verneinen. Ob das uneingeschränkt zu bejahen ist, ist zweifelhaft: Auch der Betrieb einer Fotovoltaikanlage ist eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 3 UStG, wenn er als Nutzung eines Gegenstands der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen dient.

Diese Feststellung ist unter Berücksichtigung aller Gegebenheiten zu treffen, die für den Einzelfall charakteristisch sind. Dazu gehört insbesondere die Art des betreffenden Gegenstands. Wird ein Gegenstand üblicherweise ausschließlich wirtschaftlich genutzt, so ist dies im Allgemeinen ein ausreichendes Indiz dafür, dass sein Eigentümer ihn für Zwecke wirtschaftlicher Tätigkeiten und folglich zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen nutzt. Kann ein Gegenstand dagegen – wie vorliegend – seiner Art nach sowohl zu wirtschaftlichen als auch zu privaten Zwecken verwendet werden, so sind alle Umstände seiner Nutzung zu prüfen, um festzustellen, ob er tatsächlich zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen verwendet wird.

Im letztgenannten Fall kann der Vergleich zwischen den Umständen, unter denen der Betreffende den Gegenstand tatsächlich nutzt, und den Umständen, unter denen die entsprechende wirtschaftliche Tätigkeit gewöhnlich ausgeübt wird, eine der Methoden darstellen, mit denen geprüft werden kann, ob die betreffende Tätigkeit zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen ausgeübt wird. Dabei ist eine Reihe verschiedener (nicht abschließend festgelegter) Kriterien zu würdigen, die je nach dem Einzelfall in unterschiedlicher Gewichtung für oder gegen die Nachhaltigkeit der Einnahmeerzielung sprechen können. Der tatsächlichen Würdigung der Einzelheiten durch die Tatsacheninstanz kommt insoweit besondere Bedeutung zu. Allein der Umstand, dass nach den Gesamtumständen eine Solarstromanlageeher aus ideellen, nicht aber aus wirtschaftlichen, unternehmerischen Gründen angeschafft worden ist – so das FG –, schließt die Annahme der Unternehmereigenschaft nicht aus. Für die Frage, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit vorliegt, ist unerheblich, zu welchem Zweck – und damit auch aus welchen Gründen – eine Tätigkeit ausgeübt wird.

Die Revision scheiterte im Streitfall aber aus anderen Gründen. Betrifft die Anschaffung eines Gegenstands sowohl den unternehmerischen als den nichtunternehmerischen Bereich, hat der Unternehmer ein Zuordnungswahlrecht: Er kann den gelieferten Gegenstand insgesamt seinem Unternehmen oder insgesamt seinem nichtunternehmerischen Bereich oder nur teilweise seinem Unternehmen zuordnen. Die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen erfordert eine durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung des Unternehmers "bei Anschaffung, Herstellung oder Einlage des Gegenstands". Gibt es keine Beweisanzeichen für eine Zuordnung zum Unternehmen, kann diese nicht unterstellt werden. Die Zuordnung zum Unternehmen muss zeitnah erfolgen und sollte eindeutig dokumentiert werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 11.04.2008, V R 10/07

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