Kommentar

Nach der deutschen Verwaltungsauffassung und der bisherigen Rechtsprechnung des BFH erhält ein Unternehmer aus Vorbereitungshandlungen nur dann den Vorsteuerabzug , wenn es auch zu der beabsichtigten wirtschaftlichen Tätigkeit tatsächlich gekommen ist. Allein die Absicht , entgeltliche Umsätze auszuführen, ist nicht ausreichend. Vielmehr muß es auch tatsächlich zur Ausführung der geplanten Umsätze gekommen sein. Allein der Verkauf von im Rahmen der Vorbereitungshandlungen gekaufter Gegenstände wie Büroeinrichtung oder eines Pkw bzw. deren Entnahme führt dagegen noch nicht zur Bejahung der Unternehmereigenschaft bzw. des Vorsteuerabzugs.

Diese strenge Auffassung der deutschen Verwaltung und Rechtsprechung stimmt jedoch nicht mit den Bestimmungen der 6. EG-Richtlinie überein. Danach stellen bereits die ersten Investitions- und Vorbereitungsausgaben eine zum Vorsteuerabzug berechtigtende wirtschaftlich unternehmerische Tätigkeit dar. Die Bejahung der Unternehmereigenschaft setzt also im Gegensatz zur bisherigen deutschen Auffassung bereits eine Stufe früher ein. Wichtig ist allerdings (was nicht neu ist), daß die beabsichtigte Tätigkeit selbst nicht vorsteuerabzugsschädlich ist. Hierfür kann die Finanzverwaltung vom Unternehmer objektive Nachweise für die geplante wirtschaftliche Tätigkeit verlangen.

In dem vom EuGH entschiedenen Fall hatte eine Gesellschaft über die geplante Tätigkeit eine Rentabilitätsstudie erstellen lassen und hierfür den Vorsteuerabzug beantragt. Aufgrund des negativen Ergebnisses der Studie hat die Gesellschaft jedoch ihre beabsichtigte Tätigkeit nie aufgenommen. Trotzdem hat der EuGH der Gesellschaft den Vorsteuerabzug gewährt. Die Finanzverwaltung hatte von vornherein grundsätzlich die Eigenschaft der Gesellschaft als Umsatzsteuerpflichtiger anerkannt, jedoch von der Verwirklichung der beabsichtigten Tätigkeit abhängig gemacht. Wegen des Grundsatzes der Rechtssicherheit konnte daher der Gesellschaft nicht nachträglich der Vorsteuerabzug gestrichen werden. Die o. g. Grundsätze gelten jedoch nicht für Betrugs- und Mißbrauchsfälle . Täuscht der Steuerpflichtige die Absicht, eine wirtschaftliche Tätigkeit aufzunehmen, nur vor, obwohl er die Gegenstände tatsächlich für sein Privatvermögen bezogen hat, wird daher ein Vorsteuerabzug nicht gewährt.

 

Link zur Entscheidung

EuGH, Urteil vom 29.02.1996, C-110/94

Anmerkung

Anmerkung: Die o. g. von der deutschen Rechtsprechung abweichenden Grundsätze des EuGH ergingen in einem belgischen Rechtsstreit. Es bleibt daher abzuwarten, ob der BFH die Grundsätze übernimmt. Hiervon kann jedoch ausgegangen werden. Im übrigen kann sich schon jetzt jeder Steuerzahler vor deutschen Finanzgerichten auf das obige EuGH-Urteil berufen und sollte dies auch tun.

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