Leitsatz

Auch nach einer Teilverjährung ist eine Feststellung eines Verlustes hinsichtlich der nicht verjährten Teile des Bescheides zulässig.

 

Sachverhalt

Der Kläger hatte Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften zum 31.12.2002, die aber noch nicht festgestellt worden waren. In 2010 gab der Kläger eine Selbstanzeige wegen seiner nicht erklärten Einkünfte aus Kapitalvermögen ab. Zudem beantragte er die erstmalige Feststellung der Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften. Das Finanzamt lehnte dies unter Hinweis auf die insoweit eingetretene Verjährung ab. Hiergegen setzte sich der Kläger erst im Einspruchs- und dann im Klageverfahren zur Wehr.

 

Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Das FG Münster verpflichtete das Finanzamt, den Bescheid über die Feststellung der Verluste zu erlassen. Anwendung finden die Regelungen zur Verlustfeststellung in der Fassung des JStG 2007, da zum 1.1.2007 die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen war. Die Verjährungsfrist betrage vier Jahre. Sie begann hier mit Ablauf des Jahres in dem die Steuer entstanden ist, da der Kläger hier keine Feststellungserklärung zu den Verlusten abgegeben hat. Damit wäre hier grundsätzlich eine Verjährung Ende 2009 eingetreten. Da hier hinsichtlich der Kapitaleinkünfte aber eine Steuerhinterziehung gegeben sei, sei insgesamt für die Einkommensteuer die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen. Die Teilverjährung anderer Einkunftsarten sei unerheblich.

 

Hinweis

Die gesonderte Feststellung des Verlustvortrags nach § 10d Abs. 4 EStG verursacht in der Praxis erhebliche Probleme. Eine der vielen Rechtsfragen, die in diesem Zusammenhang bestehen, hatte das FG Münster zu entscheiden. Hierbei lag die Besonderheit auch in der erstmaligen Anwendung des Gesetzes in der Fassung des JStG 2007, welches zu einer Beschränkung der Feststellungsmöglichkeiten geführt hat. Zu prüfen war deshalb gemäß § 10d EStG, ob die Feststellungsfrist bereits abgelaufen war. Das Gericht hat dies mit der Begründung verneint, die Einkünfte aus Kapitalvermögen seien hinterzogen worden, so dass die Frist von 10 Jahren gelte. Der Kläger hat somit aus seiner Straftat mittelbar einen Vorteil erlangt, denn nur aufgrund dieser langen Verjährungsfrist war die Feststellung der Verluste noch möglich. Es spielte nach Ansicht des FG Münster keine Rolle, dass für andere Einkunftsarten bereits die Verjährung eingetreten wäre. Ob dieses Urteil allerdings vom BFH bestätigt wird, erscheint mir offen. Letztlich geht es darum, ob das FG den § 169 Abs. 2 Satz 2 AO zutreffend ausgelegt hat. Nach dieser Norm gilt die verlängerte Verjährungsfrist nur "soweit" die Steuer hinterzogen worden ist. Der Sinn und Zweck der Norm ist darin zu sehen, dass der Steuerhinterzieher aus seiner Straftat keinen Vorteil ziehen soll, sondern das Finanzamt ausreichend Zeit für die Aufdeckung von Straftaten haben soll. Hier erlangte der Kläger aus seiner Straftat aber letztlich einen Vorteil. Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals "soweit" wird damit zu überprüfen sein.

Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt. Das Aktenzeichen des BFH ist IX R 30/12.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 23.05.2012, 11 K 631/11 F

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