OFD München, 28.05.1998, S 2303 - 34/11 St 41/42

Das BMF hat in einem Einzelfall zum Steuerabzug nach § 50 a Abs. 4 Nr. 3 EStG für Vergütungen aus dem Vertrieb von Standard-Software im Inland folgende Auffassung vertreten:

 

1. Begriff der Standard-Software im ertragsteuerlichen Sinn

Bei den Computerprogrammen mit Befehlsstruktur (Software) wird grundsätzlich zwischen der System-Software und der Anwender-Software unterschieden.

Die System-Software ist rein maschinenorientiert. Ohne sie ist die Hardware nicht einsatzfähig. Im Gegensatz hierzu ist die Anwender-Software auf die Probleme des Anwenders bezogen, d.h. mit ihrer Hilfe kann der Anwender z.B. Fragen des Rechnungswesens oder der Kostenrechnung lösen. Die Anwender-Software unterteilt sich weiter in lndividual- und Standard-Anwender-Software. Die Individual-Software wird für einen bestimmten Problemfall und/oder einen bestimmten Anwender hergestellt. Mit ihrer Hilfe soll ein konkretes und individuelles Problem gelöst werden. Die Standard-Software kann dagegen von einem größeren Benutzerkreis zur Bewältigung gleichartiger Probleme verwendet werden. Sie ist abstrakt und generell. Ein Unterfall der Standard-Software sind wiederum die sog. Trivial-Programme (z.B. Computerspiele).

Für die steuerrechtliche Wertung sowohl der System- als auch der Anwender-Software ist deren geistiger Gehalt von Bedeutung. Das geistige Gut steht bei der Beurteilung von Software im Vordergrund. Bei einem Trivial-Programm rückt der materielle Charakter anstelle des geistigen Inhalts des Programms in den Vordergrund.

Die einkommensteuerliche Definition der Standard-Software für Zwecke der Einordnung nach § 49 EStG sollte an die zivilrechtliche Beurteilung durch den BGH und die ertragsteuerliche Behandlung durch den BFH anknüpfen. Demnach kommt es für die Einordnung von Softwareleistungen einerseits darauf an, ob es sich um die (werkvertragliche) Herstellung spezieller Individualsoftware oder um die Überlassung vorgefertigter Standardsoftware handelt, andererseits darauf, ob die Überlassung im Rahmen eines Schuldverhältnisses oder im Weg eines einmaligen Erwerbsakts gegen einmaliges Entgelt erfolgt.

Die Annahme eines Kaufvertrags liegt nahe, wenn es sich um den Erwerb einer vorgefertigten Standard-Software, insbesondere Trivial-Programme, gegen einmaliges Entgelt zur freien Verfügung handelt. Insofern liegt hier kein wesentlicher Unterschied gegenüber dem Verkauf von Büchern oder Schallplatten vor.

Zudem sind keineswegs alle gehandelten Standardprogramme „persönliche geistige Schöpfungen”, die nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG Urheberrechtsschutz genießen. Der BGH hat in seinem Urteil vom 9.5.1985, I ZR 52/83 (NJW 1986 S. 192) entschieden, daß an Computerprogrammen ein Urheberrecht nur besteht, wenn die Leistung des Programmierers über die eines Durchschnittsprogrammierers hinausgeht und damit einen hinreichenden schöpferischen Eigentümlichkeitsgrad i.S. von § 2 Abs. 2 UrhG erreicht. Bei dem Erwerb von Standard-Software handelt es sich nur um die Befugnis, das auf dem Datenträger gespeicherte Computerprogramm anzuwenden, was im Urheberrechtsgesetz allenfalls am Rand geregelt ist.

Soweit es sich nicht um Trivialprogramme handelt, sollte im Einzelfall geprüft werden, in welchem Umfang Rechte auf den Zwischenhändler bzw. den privaten Endabnehmer übertragen werden. Anhand der Nutzungsverträge, die häufig als Lizenzverträge oder Know-how-Verträge bezeichnet werden, ist zu beurteilen, ob eine zeitlich befristete Überlassung von Rechten oder ein Kauf dieser Rechte gegeben ist.

 

2. Steuerabzug nach § 50 a Abs. 4 Nr. 3 EStG

Bei den Vergütungen aus dem Vertrieb von Standard-Software durch ausländische Software-Häuser in Deutschland handelt es sich um gewerbliche Einkünfte i.S. von § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Demzufolge unterliegen ausländische Vertriebshäuser mit diesen Einkünften nur dann der beschränkten Einkommensteuerpflicht, wenn sie eine inländische Betriebsstätte i.S. des § 12 AO unterhalten bzw. ein ständiger Vertreter i.S. von § 13 AO bestellt ist.

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 49 Abs. 1 Nr. 6 i.V. mit§ 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG liegen nicht vor, da die Vergütungen nicht für eine begrenzte Überlassung von Rechten, sondern für die Anschaffung der Programme gezahlt werden: Zwar handelt es sich bei Computer-Programmen (Anwendungsprogramme, System- und Netzwerk-Software) um urheberrechtlich geschützte Werke i.S. von § 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG, die einem Dritten durch Einräumung oder Übertragung der Urheberrechte überlassen werden. Dies gilt jedoch nicht für sog. Standard-Software. Diese serienmäßig hergestellten Programme sind einem Buch oder einer Schallplatte gleichzusetzen, bei denen die Befugnisse des Benutzers lediglich durch die Rechte des Urhebers nach Maßgabe des Urheberrechtsgesetzes eingeschränkt werden. Wie Bücher und Schallplatten wird Standard-Software über den Ladentisch verkauft. In vielen Fällen wird der Käufer nicht namentlich erfaßt. Die Nutzung der geistigen Leistung des Urhebers be...

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