Leitsatz

Verstoßen die Belastungsfolgen einer schematisierenden Bedarfsbewertung eines Erbbaurechts gem. § 148 Abs. 1 Satz 2 BewG gegen das Übermaßverbot, ist in verfassungskonformer Auslegung der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts durch den Steuerpflichtigen zuzulassen.

 

Normenkette

§ 146 BewG , § 148 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BewG

 

Sachverhalt

Die Klägerin erbte 1997 ein Erbbaurecht mit einem jährlichen Erbbauzins von 110 DM und einer Restlaufzeit von 33 Jahren. Beim Heimfall hat der Grundstückseigentümer 2/3 des Gebäudewerts zu erstatten. Das FA stellte den Bedarfswert für das Erbbaurecht auf 270.000 DM fest. Dabei hatte es das bebaute Grundstück im unbelasteten Zustand mit dem Mindestwert nach § 146 Abs. 6 BewG angesetzt.

Das FG folgte dagegen der Klägerin, die eine Bewertung mit dem Ertragswert gem. § 146 Abs. 2 bis 5 BewG von 124.000 DM verlangt hatte. Es hielt eine Mindestbewertung nach § 146 Abs. 6 BewG im Rahmen der Bewertung eines Erbbaurechts nach § 148 Abs. 1 Satz 2 BewG für nicht zulässig.

 

Entscheidung

Auf die Revision des FA hob der BFH die Vorentscheidung auf. Er führt aus, eine Bewertung des Erbbaurechts, die gegen das Übermaßverbot verstößt, ist nicht durch Nichtanwendung des § 146 Abs. 6 BewG bei der Bewertung des bebauten Grundstücks zu vermeiden, sondern dadurch, dass im Weg verfassungskonformer Auslegung des § 148 Abs. 1 Satz 2 BewG der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts des Erbbaurechts zugelassen wird.

 

Hinweis

Bislang hatte der BFH Sachverhalte zu entscheiden gehabt, bei denen es um die Bewertung des mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks (Urteil vom 5.5.2004, II R 45/01, BFH-PR 2004, 370) oder eines Grundstücks mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden (Urteil vom 2.7.2004, II R 9/02, BFH-PR 2005, 29) ging und damit um Sachverhalte, bei denen die Bewertung gem. § 148 Abs. 1 Satz 1 BewG mit dem 18,6-fachen des Jahreszinses zu einem Verstoß gegen das Übermaßverbot führte.

Der vorliegende Fall betrifft dagegen einen Sachverhalt, bei dem es um die Bewertung des Erbbaurechts nach § 148 Abs. 1 Satz 2 BewG ging. Eine etwaige Überbewertung des Erbbaurechts kann dabei verschiedene Ursachen haben. Dies ergibt sich aus der nach Satz 2 anzustellenden Differenzrechnung, wonach zunächst der Wert für das (bebaute) Grundstück im unbelasteten Zustand nach den allgemeinen Regeln der §§ 146, 147 BewG zu ermitteln und davon dann der Wert des belasteten Grundstücks nach Satz 1 der Vorschrift mit dem 18,6-fachen das Jahreszinses abzuziehen ist.

Soweit sich die Überbewertung des Erbbaurechts aus dem zu hohen Ausgangswert für das unbelastete Grundstück ergibt, hat der Steuerpflichtige die Möglichkeit, einen niedrigeren gemeinen Wert des unbelasteten Grundstücks nachzuweisen, und zwar entweder nach § 146 Abs. 7 BewG oder aber – bei einer Mindestbewertung nach § 146 Abs. 6 BewG – gem. § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG.

Ergibt sich die Überbewertung des Erbbaurechts aber dadurch, dass der Abzug des Werts des belasteten Grundstücks mit dem 18,6-fachen des Jahreszinses zu gering ist, besteht nach dem Wortlaut des Gesetzes keine Möglichkeit zur Korrektur. Für diesen Fall nun wirkt sich die vorliegende BFH-Entscheidung dahin aus, dass dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit eingeräumt wird, anderweitig – d.h. nicht über eine Korrektur des Ausgangswerts – einen niedrigeren gemeinen Wert für das Erbbaurecht nachzuweisen. Die Möglichkeit besteht allerdings nur bei solchen Überbewertungen, die einen Verstoß gegen das Übermaßverbot darstellen würden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 29.09.2004, II R 57/02BFH, Urteil vom 19.9.2004, II R 57/02

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