Der XI. Senat des BFH beschäftigte sich im Jahr 2015 und nun noch einmal im Jahr 2021 mit der Umsatzsteueroption bei Grundstückslieferungen. Während sich die Entscheidung im Jahr 2015 im Wesentlichen mit der Frage beschäftigte, wann die Umsatzsteueroption ausgeübt werden muss, hatte die Entscheidung im Jahr 2021 maßgeblich die Frage zum Gegenstand, ob eine erklärte Umsatzsteueroption nachträglich widerrufen werden kann.

a) BFH-Urt. v. 21.10.2015 – XI R 40/13, BStBl. II 2017, 852

Der BFH entschied zu einem Sachverhalt, der sich auf die Rechtslage nach Einführung der §§ 9 Abs. 3,13b Abs. 2 Nr. 3 UStG bezieht. In dem streitgegenständlichen Sachverhalt wurde eine Grundstückslieferung ohne Umsatzsteueroption beurkundet. Circa vier Jahre später holten die Vertragsparteien die Umsatzsteueroption in einer notariell beurkundeten "Neufassung" des Vertrages nach.

Diese nachträgliche Umsatzsteueroption ist nach Ansicht des BFH nicht zulässig. Er entschied, dass die Umsatzsteueroption nur in dem gem. § 311b Abs. 1 BGB notariell zu beurkundenden Grundstückskaufvertrag erklärt werden könne und somit nur in dem Kaufvertrag, welcher der Auflassung und der Eintragung in das Grundbuch vorhergeht. Danach schließe der Wortlaut des § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG eine Umsatzsteueroption in einer nachfolgenden Neufassung des Grundstückskaufvertrages selbst dann aus, wenn diese gleichfalls notariell beurkundet werde. Aus § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG folge keine bloße notarielle Beurkundungspflicht im Sinne einer Formvorschrift, sondern der notarielle Grundstückskaufvertrag sei danach auch "letztmöglicher Zeitpunkt für die Erklärung des Verzichts auf die Steuerbefreiung"[25] des § 4 Nr. 9 Buchst. a) UStG. Dass die Umsatzsteueroption nachträglich nicht mehr ausgeübt werden kann, ergebe sich zusätzlich aufgrund des in der Gesetzesbegründung[26] genannten Zusammenhangs mit § 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG, wonach die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger für alle Grundstücksumsätze bei steuerpflichtigen Umsätzen, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, verlagert wird. Denn der Leistungsempfänger (= Käufer und Steuerschuldner) müsse vor einer nachträglichen Verlagerung der Steuerschuld auf ihn geschützt werden. Daraus ergebe sich ebenfalls, dass der Gesetzgeber bei § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG auf den Zeitpunkt der Verzichtserklärung abstelle. Zwar hatte der BFH den Hinweis des Klägers als zutreffend beurteilt, dass die Interessen des Leistungsempfängers bei einer nachfolgenden Neufassung, Änderung oder Ergänzung des nach § 311b Abs. 1 BGB notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrages gewahrt seien. Gleichwohl werde dadurch nicht verhindert, dass bei dem Leistungsempfänger nachträglich eine Steuerschuld entstehe, was im Widerspruch zu dem Willen des historischen Gesetzgebers stehen würde. Der BFH sah in dem Zusammenhang mit einer nachträglichen Umsatzsteueroption außerdem die Gefahr von Steuerausfällen.

[25] Vgl. BR-Drucks 583/10, S. 12.
[26] Vgl. BR-Drucks 583/10, S. 13.

b) BFH-Urt. v. 2.7.2021 – XI R 22/19

Auch in diesem Fall entschied der BFH zu einem Sachverhalt, der sich ebenfalls auf die Rechtslage nach Einführung der §§ 9 Abs. 3,13b Abs. 2 Nr. 3 UStG bezieht. In einem notariellen Grundstückskaufvertrag hat der Verkäufer vollständig zur Umsatzsteuer optiert. Zu einem späteren Zeitpunkt hat der Käufer einen Grundstücksteil an eine dritte Partei veräußert, jedoch ohne auf die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a) UStG zu verzichten. Durch notariell beurkundete "Änderung eines Grundstückskaufvertrages" haben die Parteien des ersten Grundstückskaufvertrages in der Folge den im damaligen Grundstückskaufvertrag ausgeübten Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung vollständig rückgängig gemacht. Entgegen der Ansicht der Kaufvertragsparteien hat das Finanzamt die Meinung vertreten, dass die Umsatzsteueroption bei einer Grundstückslieferung nur in dem zugrunde liegenden notariellen Grundstückskaufvertrag erklärt werden könne und gleiches auch für die Rückgängigmachung derselben gelte.

Widerruf der Umsatzsteueroption auch außerhalb des Kaufvertrags: In übereinstimmender Auffassung mit der Vorinstanz[27] entschied der BFH, dass der Widerruf der Umsatzsteueroption auch außerhalb des notariellen Grundstückskaufvertrages erfolgen kann. Mit seiner Fassung beziehe sich § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG nur auf den "die Steuerbefreiung (formal und zeitlich) begrenzten Verzicht" und betreffe nicht auch den Widerruf der Umsatzsteueroption. Die Ansicht, dass sowohl die Umsatzsteueroption als auch deren Widerruf gleichzeitig auszuüben seien, habe andernfalls einen faktischen Ausschluss von Letzterem zur Folge. Der BFH wendet sich auch dem Aspekt des Steuerausfalls zu und stellt klar, dass durch den Widerruf einer Umsatzsteueroption keine Gefahr für Steuerausfälle bestehe. Schließlich entfiele nicht nur die Steuerlast beim Leistungsempfänger, sondern ggf. gleichzeitig auch sein Recht zum entsprechenden Vorsteuerabzug.

Der BFH widerspricht in seinem Beschluss außerdem einer Literaturauffassung[28] zu seinem Urt. v. 21.10.2015 – XI R 40/13, welche dieses dahingehend interpretiert...

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