Das Urheberrecht selbst ist grundsätzlich nicht übertragbar, vgl. § 29 Abs. 1 UrhG. Der Urheber des Vortrags kann einem anderen die Verwertung nur durch Einräumung – also durch vertragliche Bestellung – eines Nutzungsrechts nach § 31 UrhG überlassen.[15] Die Einräumung der Nutzung der Rechte des Urhebers ist als einfaches oder ausschließliches Recht möglich; außerdem kann das Nutzungsrecht nach § 31 Abs. 1 Satz 2 UrhG beschränkt werden.[16] Bei einer Veräußerung des Originals des Werks räumt der Urheber dem Erwerber im Zweifel kein Nutzungsrecht ein, vgl. § 44 UrhG.[17]

Keine Anwendung des ermäßigten Steuersatzes: Der BFH geht – allerdings ohne dies näher zu erläutern oder zu problematisieren – davon aus, dass die Vortragsleistung (eines Trauerredners) nicht dem ermäßigten Steuersatz aus § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG unterfällt.[18] Die Finanzverwaltung[19] und das steuerliche Schrifttum[20] unterwerfen Vortragsleistungen nicht dem ermäßigten Steuersatz, weil der Referent durch seine Vortragstätigkeit keine urheberrechtlichen Nutzungsrechte einräume.

Für das Abhalten von Vorträgen in Präsenz ist dieser Begründungsansatz zutreffend. Der Referent genießt für den Vortrag den Schutz des Vortragsrechts aus § 19 UrhG.[21] Das Vortragsrecht schützt die unmittelbare persönliche Darbietung des Vortrags durch den Referenten.[22] Die unmittelbare persönliche Darbietung des Vortrags ist aber nur durch den Referenten selbst möglich und kann nicht gegenüber dem Veranstalter bzw. den Zuhörenden als Nutzungsrecht eingeräumt werden: Der Vortragende bleibt stets der Referent selbst.

Keine Übertragbarkeit auf Online-Seminare: Übertragbar auf das Abhalten von Online-Seminaren sind diese Überlegungen und Argumentationsansätze jedoch nicht. Denn der Live-Stream eines Vortrags als urheberrechtlich geschütztes Sprachwerk tangiert nicht nur das Vortragsrecht aus § 19 UrhG, sondern auch das Senderecht aus § 20 UrhG. Dieses definiert § 20 UrhG als das Recht, das Werk durch Funk, wie Ton- und Fernsehrundfunk, Satellitenrundfunk, Kabelfunk oder ähnliche technische Mittel, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der Livestream eines urheberrechtlich geschützten Vortrags ist der Zugänglichmachung mit "ähnlichen technischen Mitteln"i.S.v. § 20 UrhG zuzuordnen.[23] Damit der Veranstalter den Vortrag des Referenten per Livestream senden darf, muss diesem daran das Senderecht aus § 20 UrhG durch den Referenten eingeräumt werden.

Hinzu kommt, dass Online-Seminare häufig aufgezeichnet werden und im Anschluss der Durchführung und Aufzeichnung den Teilnehmern sowie weiteren Interessierten zum Abruf und zum Download zur Verfügung gestellt werden. Um die Aufzeichnung des Vortrags im Anschluss den Teilnehmern und weiteren Interessierten gegenüber zugänglich machen zu können, muss der Veranstalter sich Nutzungsrechte an diesem Vortrag vom Referenten einräumen lassen. Betroffen ist etwa das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung des Referenten aus § 19a UrhG und das Vervielfältigungsrecht gem. § 16 UrhG.[24]

Hinweis: Die Einräumung von Nutzungsrechten ist stillschweigend (konkludent) möglich und bedarf daher nicht zwingend einer vertraglichen Vereinbarung.[25] Um die Anwendbarkeit des § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG jedoch besser darlegen zu können – insbesondere etwa im Rahmen einer Außenprüfung –, empfiehlt sich eine entsprechende vertragliche Vereinbarung über die Einräumung der o.g. Nutzungsrechte. Dies kann auch für die Begründung der Beurteilung der Nutzungsrechtseinräumung als Hauptbestandteil der Leistung hilfreich sein (s. dazu unter III.3.).

Die pauschale Begründung, die Vorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG finde für Vortragsleistungen keine Anwendung, da keine Nutzungsrechte eingeräumt werden, greift mithin für Online-Seminare zu kurz. Sowohl beim Livestream und seiner Aufzeichnung als auch bei der anschließenden Vervielfältigung sind Verwertungsrechte des Urhebers betroffen, an denen der Referent dem Veranstalter gegenüber die Nutzungsrechte durch vertragliche Bestellung einräumen muss. Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG auf Online-Seminare liegen dann dem Grunde nach vor: Dem Veranstalter wird an dem Online-Seminar als geschütztes Sprachwerk nach § 2 UrhG ein Nutzungsrecht zur Sendung per Livestream (§ 20 UrhG), zur Aufzeichnung und dem anschließenden Anbieten zum Abruf On-Demand (§§ 16, 19a UrhG) eingeräumt.

Anmerkung: Die obigen Grundsätze müssen u.E. gleichermaßen für die Aufzeichnung von Präsenzveranstaltungen gelten. Auch hier müssen dem Veranstalter die Nutzungsrechte zur Sendung und der anschließenden Vervielfältigung eingeräumt werden. Es bedarf dann jedoch einer näheren Würdigung, ob diese Nutzungsrechtseinräumung auch als die Leistung prägender Hauptbestandteil des Leistungsangebots anzusehen ist oder als Nebenleistung das umsatzsteuerliche Schicksal der Hauptleistung "Präsenzvortrag" teilt.

 

Beispiel 3:

Der Referent bewirbt das Online-Seminar eigenständig. Die Kunden buchen die Teilnahme direkt gegenüber dem Referenten. Ein externe...

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