Leitsatz

1. Führt ein Dipl.-Oecotrophologe (Ernährungsberater) im Rahmen einer medizinischen Behandlung (aufgrund ärztlicher Anordnung oder im Rahmen einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme) Ernährungsberatungen durch, sind diese Leistungen nach § 4 Nr. 14 UStG steuerbefreit.

2. Leistungen zur Prävention und Selbsthilfe i.S.d. § 20 SGB V, die keinen unmittelbaren Krankheitsbezug haben, weil sie lediglich "den allgemeinen Gesundheitszustand verbessern und insbesondere einen Beitrag zur Verminderung sozial bedingter Ungleichheit von Gesundheitschancen erbringen" sollen (§ 20 Abs. 1 Satz 2 SGB V), sind grundsätzlich keine nach § 4 Nr. 14 UStG befreiten Heilbehandlungen.

 

Normenkette

§ 4 Nr. 14 UStG , Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL , § 20 SGB V , § 92 SGB V , § 124 Abs. 2 SGB V

 

Sachverhalt

Eine Dipl.-Oecotrophologen GbR führte ausschließlich Ernährungsberatungskurse und Einzelberatungen mit dem Ziel der Krankheitsprävention bzw. – aufgrund ärztlicher Atteste – im Rahmen von Rehabilitationsmaßnahmen durch, z.T. direkt im Auftrag der Krankenkassen (Abrechnung durch diese), zum Teil im Auftrag der Versicherten, denen ganz oder überwiegend die Kassen die Kosten erstatteten. Z.T. gab es mit den Kassen Vereinbarungen darüber, dass die Kosten für die Ernährungsberatungskurse und die Einzelberatungen ganz oder teilweise von den Kassen übernommen werden.

Das FA teilte nicht die Auffassung der Klägerin, ihre Umsätze seien steuerfreie Heilbehandlungen. Die Klage hatte Erfolg. Das FG meinte, alle Leistungen, die der Vorbeugung dienten, seien steuerfrei. Zweifel an der Befähigung hatte es – zu Recht – deswegen nicht, weil die von den Spitzenverbänden der Krankenkassen selbst aufgestellten Kriterien für die Zulassung von Leistungsanbietern im Bereich der Rehabilitation und der Prävention i.S.v. §§ 20, 43 SGB V erfüllt seien.

 

Entscheidung

Die Revision des FA führte zur Zurückverweisung an das FG. Das FG hatte aber keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Klägerin lediglich Ernährungsberatungen aufgrund ärztlicher Anordnung oder im Rahmen einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt hat.

 

Hinweis

1. Für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG/Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL gilt:

(1) Die Leistungen müssen der medizinischen Behandlung einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung dienen.

(2) Nicht unter die Befreiung fallen danach Tätigkeiten, die nicht Teil eines konkreten, individuellen, der Diagnose, Behandlung, Vorbeugung und Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienenden Leistungskonzepts sind.

(3) Der Steuerbefreiung steht nicht entgegen, dass die Leistungen nicht selbst gegenüber den Patienten abgerechnet, sondern sie als Subunternehmer gegenüber Krankenkassen oder einem Rehabilitationszentrum ausgeführt werden, denn das personenbezogene Befreiungselement beschränkt sich auf den Leistenden, der Träger eines ärztlichen bzw. arztähnlichen Berufs sein muss. Wenn deshalb eine Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung aufgrund eines Versorgungsvertrags gem. §§ 11 Abs. 2, 23 Abs. 4, 40, 111 SGB V mit Hilfe von Fachkräften Leistungen zur medizinischen Vorsorge- oder Rehabilitation erbringt, sind regelmäßig sowohl die Leistungen der Einrichtung als auch die Leistungen der hierzu nach Maßgabe des Versorgungs- oder Rehabilitationsvertrags qualifizierten Fachkräfte an diese Einrichtung steuerfrei.

(4) Der erforderliche Nachweis der beruflichen Befähigung hängt nicht ausschließlich von einer – für Dipl.-Oecotrophologen nicht existierenden – berufsrechtlichen Regelung und deren Erfüllung ab.

2. Leistungen zur Prävention und Selbsthilfe i.S.d. § 20 SGB V, die keinen unmittelbaren Krankheitsbezug haben, weil sie lediglich "den allgemeinen Gesundheitszustand verbessern und insbesondere einen Beitrag zur Verminderung sozial bedingter Ungleichheit von Gesundheitschancen erbringen" sollen (§ 20 Abs. 1 Satz 2 SGB V), sind dagegen grundsätzlich keine nach § 4 Nr. 14 UStG befreiten Heilbehandlungen.

3. Die Ernährungsberatung (Diättherapie) erfüllt die Voraussetzungen einer Heilbehandlung und dient nicht nur der Befriedigung alltäglicher Lebensbedürfnisse insoweit, als der Bereich der Krankenbehandlung betroffen ist (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 28.6.2000, B 6 KA 26/99 R, BSGE 86, 223).

Die Steuerbefreiung kommt deshalb grundsätzlich nur für Ernährungsberatungen in Betracht, welche die aufgrund ärztlicher Anordnung oder im Rahmen einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt hat.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 7.7.2005, V R 23/04

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