[Ohne Titel]

Robert C. Prätzler / Reglindis Müller-Adams[*]

Die Betriebskostenabrechnung ist oft Anlass von Diskussionen zwischen Vermietern und Mietern, aber auch zwischen Verkäufern und Erwerbern von Immobilien. Neben primär mietrechtlichen Punkten wie der grundsätzlichen Umlagefähigkeit bestimmter Kosten geht es dabei häufig um die korrekte umsatzsteuerliche Behandlung. Mit solchen umsatzsteuerlichen Aspekten beschäftigt sich dieser Beitrag. Zusätzlich geht der Beitrag auf die Abwicklung vorausgezahlter Betriebskosten beim Immobilienverkauf ein.

[*] Dipl.oec. StB Robert C. Prätzler ist Partner Indirect Tax bei PwC Frankfurt/M; Diplom-Volkswirtin Reglindis Müller-Adams ist bei der PHOENIX Pharmahandel GmbH & Co. KG in Mannheim als Senior-Umsatzsteuerreferentin tätig.

I. Einleitung

Die Betriebskostenabrechnung ist oft Anlass von Diskussionen zwischen Vermietern und Mietern, aber auch zwischen Verkäufern und Erwerbern von Immobilien. Neben primär mietrechtlichen Punkten wie der grundsätzlichen Umlagefähigkeit bestimmter Kosten geht es dabei häufig um die korrekte umsatzsteuerliche Behandlung. Mit solchen umsatzsteuerlichen Aspekten beschäftigen wir uns in diesem Beitrag. Zusätzlich gehen wir auf die Abwicklung vorausgezahlter Betriebskosten beim Immobilienverkauf ein.

Umgangssprachlich wird die Betriebskostenabrechnung auch als Nebenkostenabrechnung bezeichnet. Inwieweit für die einzelnen Positionen allerdings der umsatzsteuerliche Nebenleistungsbegriff zur Anwendung kommt, ist spätestens seit dem EuGH-Urteil "Wojskowa Agencja Mieszkaniowa w Warszawie" (WAM)[1] vermehrt Gegenstand von gerichtlichen Auseinandersetzungen. Während die Finanzverwaltung die Entscheidung weiterhin nicht anwendet[2], sind bei verschiedenen Senaten des BFH derzeit zwei Verfahren anhängig, in denen die FG dem EuGH grundsätzlich gefolgt sind[3]. Wir stellen anhand von einigen typischen Positionen dar, welche Konsequenzen die Einordnung als umsatzsteuerliche Nebenleistung für die Abrechnung hat und welche Änderungen sich bei Anwendung der oben erwähnten WAM-Rechtsprechung ergäben.

[1] EuGH-Urt. v. 16.4.2015 – C-42/14 – Wojskowa Agencja Mieskaniowa w Warszawie, UR 2015, 427; EUR-Lex -62014CJ0042.
[2] Vgl. zur kritischen Würdigung der Entscheidung ausführlich Widmann, UR 2015, 432.
[3] Nds. FG, Urt. v. 25.2.2021 – 11 K 201/19, NWB PAAAH-77535, Revision beim BFH unter XI R 8/21 anhängig; FG Münster, Gerichtsbescheid v. 6.4.2021 – 5 K 3866/18, BeckRS 2021 – Revision beim BFH unter V R 15/21 anhängig.

II. Umsatzsteuerliche Nebenleistungen zur Vermietungsleistung

Die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken ist nach Art. 135 Buchst. l) der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) beziehungsweise nach § 4 Nr. 12 Buchst. a) UStG grundsätzlich umsatzsteuerfrei.

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH handelt es sich bei einer Leistung umsatzsteuerlich dann um eine Nebenleistung, wenn sie keinen eigenen Zweck hat, sondern nur das Mittel darstellt, um die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Hierbei ist die Sicht des leistungsempfangenden Durchschnittsverbrauchers entscheidend.[4]

Unter Hinweis auf ein BFH-Urteil aus dem Jahre 1971 sieht die Finanzverwaltung gem. Abschnitt 4 Nr. 12 Abs. 5 UStAE die mit der steuerfreien Vermietung in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden üblichen Nebenleistungen als von der Steuerfreiheit mitumfasst an. Präzisierend führt sie aus, dass dies Leistungen seien, die im Vergleich zur Grundstücksvermietung nebensächlich seien, mit ihr eng zusammenhingen und in ihrem Gefolge üblicherweise vorkämen.

In der Regel[5] handele es sich um die Lieferung von Wärme, die Versorgung mit Wasser, auch mit Warmwasser, die Überlassung von Waschmaschinen, die Flur- und Treppenreinigung, die Treppenbeleuchtung sowie die Lieferung von Strom durch den Vermieter. Ebenso ist nach Ansicht der Finanzverwaltung die von dem Vermieter einer Wohnanlage vertraglich übernommene Balkonbepflanzung umsatzsteuerlich als Nebenleistung anzusehen, während die Lieferungen von Heizöl und Heizgas ausdrücklich nicht dazuzählen.

Im Rahmen der Entscheidung "WAM"[6] legt der EuGH den Nebenleistungsbegriff bei Vermietungsleistungen gerade in Zusammenhang mit den von der Finanzverwaltung genannten Versorgungsleistungen deutlich enger aus. Da die Finanzverwaltung den Urteilsgrundsätzen jedoch bislang nicht gefolgt ist, können sich Vermieter weiterhin an Abschnitt 4.12.1. Abs. 5 UStAE orientieren. Auch der BGH hat sich bisher gegen eine Anwendung von "WAM" auf deutsche Betriebskostenabrechnungen ausgesprochen.[7]

[4] Vgl. Sterzinger in Küffner/Zugmaier, § 1 UStG Rz. 248.
[5] Aufnahme des Zusatzes "in der Regel" erfolgte im Rahmen der erstmaligen Bekanntgabe des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses mit BMF-Schr. v. 1.10.2010 – IV D 3 - S 7015/10/10002, BStBl. 2010, 846, vgl. Wüst, Nebenleistungen zu Vermietungsumsätzen – fällt auf Betriebskostenumlagen nach dem EuGH-Urt. v. 16.4.2015 – C-42/14 Umsatzsteuer an?, MwStR 2015, 451-452.
[6] EuGH-Urt. v. 16.4.2015 – C 42/14 – Wojskowa Agencja Mieskaniowa w Warszawie, UR 2015, 427.
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