Leitsatz

Die GewSt-Befreiung des § 3 Nr. 20 Buchst. c und d GewStG umfasst nur Tätigkeiten, die für den Betrieb einer der dort aufgeführten Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeeinrichtungen notwendig sind. Nicht erfasst von der Steuerbefreiung werden daher Überschüsse aus Tätigkeiten, die bei einer von der KSt befreiten Körperschaft als steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe zu behandeln sind.

 

Normenkette

§ 3 Nr. 20 Buchst. c und d GewStG, § 5 Abs. 1 KStG, § 68 Nr. 1 Buchst. a AO

 

Sachverhalt

Die Klägerin wurde im Jahr 1953 als Stiftung privaten Rechts gegründet. Sie betrieb selbst oder durch Tochtergesellschaften Alten-, Altenpflege- und Altenwohnheime sowie Stiftungsresidenzen. Daneben vermietete sie Wohnungen im Rahmen des "Wohnens mit Service" (betreutes Wohnen). Außerdem unterhielt sie eine Schule für Altenpflege und eine Schule für Physiotherapie. Den Anforderungen der §§ 51ff. AO war genügt.

Die betriebenen Alten-, Altenpflege- und Altenwohnheime fallen unter § 3 Nr. 20 Buchst. c bzw. d GewStG, weil mindestens 40 % der Leistungen den in § 61 Abs. 1 SGB XII oder den in § 53 Nr. 2 AO genannten Personen zugute kamen bzw. die Pflegekosten in mindestens 40 % der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen wurden.

Die Heime erwirtschafteten Überschüsse aus verschiedenen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben. U.a. aus Gästeessen und Gästeübernachtung, Werbeerträge aus der Hauszeitung, Lieferungen von Gas, Strom und Wasser aus einem Blockheizkraftwerk an Dritte sowie einem Bäderbetrieb, der auch durch Dritte genutzt wurde, sowie aus dem Verkauf von Getränken und der Überlassung von Telefonen an Heimbewohner.

Das FA hielt diese Überschüsse für gewerbesteuerpflichtig.

Die hiergegen gerichtete Klage wies das FG überwiegend – nämlich bis auf den aus dem Verkauf von Getränken und der Überlassung von Telefonen an Heimbewohner erzielten Überschuss – als unbegründet ab (FG Bremen, Urteil vom 12.05.2010, 3 K 51/09 (1), Haufe-Index 2338162, EFG 2010, 152(6).

 

Entscheidung

Der BFH folgte dem insoweit und sah zudem auch die Überschüsse aus dem Verkauf von Getränken und der Überlassung von Telefonen an Heimbewohner als gewerbesteuerpflichtig an. Im Einzelnen genügen zum Verständnis der Entscheidungsgründe die Praxis-Hinweise.

 

Hinweis

Es ging um die GewSt-Befreiung von (u.a.) Altenheimen, Altenwohnheimen, Pflegeheimen sowie Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen. Das bestimmt § 3 Nr. 20 Buchst. c und d GewStG. Abweichend von der Parallelvorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 KStG enthält die gewerbesteuerliche Vorschrift aber keinen ausdrücklichen Vorbehalt zulasten wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe der genannten begünstigten Organisationen.

Der BFH schlussfolgert indes aus den auf der Hand liegenden Regelungszwecken sowie aus den beachtlichen Systemzusammenhängen, dass hier nichts anderes gelten kann als dort. Und das bedeutet:

Nur Überschüsse, die die genannten Institutionen aus Leistungen erzielen, welche mit der Pflege und Versorgung der begünstigten Personen zusammenhängen, sind steuerfrei. Nicht steuerfrei sind Überschüsse aus Leistungen gegenüber Dritten, z.B. aus Übernachtungen, Verköstigungen, Stromverkäufen, Verkäufen von Getränken und der Vermietung von Telefonen an Heimbewohner.

Soll das anders gehandhabt werden, müsste das Gesetz geändert werden. Dem Wettbewerbsgedanken entspräche das allerdings nicht. Ebensowenig der mit der Befreiung verbundenen "Idee", einschlägige Versorgungsstrukturen zu verbessern oder Sozialversicherungsträger von entsprechendem Aufwand zu entlasten.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 22.06.2011 – I R 43/10

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