Leitsatz

1. Zahlungen für die Ablösung eines (Vorbe­halts-)Nießbrauchs an einer Beteiligung i.S.v. § 17 EStG stellen im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte nach § 17 EStG nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung dar.

2. Eine unentgeltliche Übertragung nach § 17 Abs. 2 Satz 5 EStG liegt auch bei der Übertragung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft unter Vorbe­haltsnießbrauch vor.

 

Normenkette

§ 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 5 EStG, § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB

 

Sachverhalt

Der entscheidungserhebliche Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus den Praxis-Hinweisen unter 1.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision des FA zurückgewiesen und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Frage, ob die Ablösezahlung beim Rechtsvorgänger der Besteuerung unterliegt, offenbleiben muss.

 

Hinweis

Das Besprechungsurteil ist im 2. Rechtsgang gefallen. Es muss deshalb im Zusammenhang gesehen werden mit dem Revisionsurteil aus dem 1. Rechtsgang (BFH, Urteil vom 24.1.2012, IX R 51/10 BFH/NV 2012, 827 mit Anmerkung Heuermann, BFH/PR 2012, 212). Wie häufig in solchen Fällen, sind die Dinge verwickelt:

1. Der Vater überträgt unter § 17 ESTG fallende Kapitalgesellschaftsanteile im Wege vorweggenommener Erbfolge (also unentgeltlich) auf sein Kind und behält sich an den Anteilen den lebenslänglichen Nießbrauch vor. Einige Jahre später veräußert das Kind die Anteile. Um den Nießbrauch abzulösen, leistet das Kind Zahlungen an den Vater in Höhe des Kapitalwerts des Nießbrauchs. Diesen Aufwand zieht es bei der Ermittlung seines Veräußerungsgewinns als Anschaffungskosten ab. Als unentgeltlicher Rechtsnachfolger kann es außerdem die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers (hier: des Vaters) in voller Höhe abziehen (§ 17 Abs. 2 Satz 5 EStG). Das Kind realisiert also einen erheblichen Teil der in den Anteilen ruhenden stillen Reserven steuerfrei. Ob die Ablösezahlung beim Rechtsvorgänger besteuert werden kann (muss), ist zumindest zweifelhaft.

2. Dieses Szenario vor Augen, hat der BFH im 1. Rechtsgang das FG-Urteil aufgehoben und dem FG aufgegeben festzustellen, ob nicht der Vater aufgrund des Nießbrauchs als wirtschaftlicher Eigentümer (§ 39 Abs. 2 AO) anzusehen sei. Nach Aktenlage, so der BFH, sei dies der Fall, denn der Vater habe sich nicht nur die Gewinnansprüche, sondern aufgrund unwiderruflicher Vollmacht auch die Ausübung der Stimmrechte vorbehalten. Der BFH könne dies aber letztlich nicht selbst feststellen, zumal sich die Beteiligten dazu bisher nicht hätten äußern können.

Die vom BFH angeregte Lösung des Falles hätte dazu geführt, dass das Kind den Anteil erst mit der Ablösung des Nießbrauchs erwirbt – und zwar entgeltlich. Es hätte dann zwar ebenfalls Anschaffungskosten in Höhe der Ablösezahlungen, die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers wären bei ihm jedoch nicht zu berücksichtigen. Der Rechtsvorgänger hätte in Gestalt der Ablösung des Nießbrauchs ebenfalls den Tatbestand des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllt und könnte der Ablösezahlung als Veräußerungspreis die von ihm getragenen Anschaffungskosten gegenüberstellen.

3. Diesen (nach § 126 Abs. 5 FGO nicht bindenden) Hinweisen ist das FG jedoch nicht gefolgt, sondern es hat in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, dass der Vorbehaltsnießbrauch eine vom zivilrechtlichen Eigentum abweichende persönliche Zurechnung nicht rechtfertige. Die Lektüre der Entscheidung lohnt sich, denn die Ablehnung der vom BFH vorgeschlagenen Lösung beruht keineswegs nur auf Besonderheiten des konkreten Einzelfalls, sondern durchaus auf allgemeinen Erwägungen. Der Aufwand für die Ablösung des Nießbrauchs, so das FG weiter, führe bei dem Kind zu Anschaffungskosten der Beteiligung. Das habe der BFH bereits bindend entschieden. Und außerdem seien dem Kind die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers in voller Höhe zuzurechnen. Das FG hat also der Klage in vollem Umfang stattgegeben (FG Düsseldorf, Urteil vom 26.4.2013, 1 K 1143/12 E, Haufe-Index 6428455, EFG 2014, 447).

4. Mit seiner Revision im 2. Rechtsgang wollte das FA vor allem erreichen, dass die Anschaffungskosten des Vorgängers bei einer unentgeltlichen Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt nicht in voller Höhe, sondern nur anteilig auf den Erwerber übergehen.

5. Dem ist der BFH nicht gefolgt.

a) Der BFH hat zunächst klargestellt, dass der Kläger die Anteile unentgeltlich erworben hat und dass sie ihm trotz des Vorbehaltsnießbrauchs auch steuerlich von Anfang an zurechenbar waren. Die diesbezüglichen tatsächlichen Feststellungen des FG im 2. Rechtsgang waren für den BFH bindend (§ 118 Abs. 2 FGO); das FG hatte dabei auch die rechtliche Bindung des 1. BFH-Urteils (§ 126 Abs. 5 FGO) beachtet.

b) Der BFH hat weiter ausdrücklich entschieden, dass dem Kläger im Hinblick auf die Ablösung des Nießbrauchs nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung entstanden sind, denn angeschafft wird ein Anteil auch dann, wenn der Gesellschafter das an dem Anteil bestehende dingliche Nutzungsrecht eines Dritten (entgeltlich) ablöst. Ob der BFH dies wirklich bereits im 1....

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