Keine Straf- oder Mondschätzungen: Der Schätzungsrahmen wird in der aktuellen Fassung des § 162 AO nicht näher definiert. Allerdings sollen im Rahmen einer Schätzung alle Umstände berücksichtigt werden, die für die Schätzung von Bedeutung sind (§ 162 Abs. 1 Satz 2 AO). Damit sind sog. Straf- oder Mondschätzungen, bei denen das objektiv denkbare Ergebnis erheblich überschritten wird, grundsätzlich unzulässig (BFH v. 6.8.2018 – X B 22/18, BFH/NV 2018, 1237 = AO-StB 2018, 364 [Anm. Nöcker] ). Ein darauf beruhender Steuerbescheid ist regelmäßig nichtig (§ 125 AO).

Gleichwohl kann das FA bei einer Schätzung den denkbaren Rahmen vollständig ausschöpfen. Die Grenze zu einer Mondschätzung ist dabei flexibel und kann durch eine sachgerechte Begründung letztlich zu Lasten des Steuerpflichtigen verschoben werden. Fehlerhafte Schätzungen sind allerdings nur rechtswidrig und müssen daher im Regelfall mit den Rechtsbehelfen der AO angegriffen werden. Nur dann, wenn es sich offensichtlich um eine Willkürschätzung handelt, tritt die Rechtsfolge der Nichtigkeit ein (BFH v. 20.1.2022 – X B 132-133/20, BFH/NV 2022, 734 = AO-StB 2022, 247 [Anm. Lemaire]).

Generell besteht im Steuerrecht jedoch das Gebot der Ausschöpfung der Beweismittel. Das gilt über § 162 Abs. 1 Satz 2 AO auch für Schätzungen. Dieses Gebot kann z.B. dazu führen, dass auch Aufzeichnungen, die gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung verstoßen, gleichwohl der Besteuerung zugrunde gelegt werden können, wenn am Ergebnis der Buchführung keine durchgreifenden Bedenken bestehen.

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