[Ohne Titel]

RA StB Georg von Streit[*]

Anmerkung zum Urteil des BFH V R 25/21, zu den vorhergehenden Urteilen und zu den Fragen, die dem EuGH nicht vorgelegt werden sollten.

[*] RA StB Georg von Streit ist in Bonn tätig.

I. Worum geht es?

Dieser Fall ist ein schönes Beispiel dafür, wie Gerichte – aufgrund der sehr komplexen Aufgabenverteilung zwischen den nationalen Gerichten und dem Europäischen Gerichtshof – aneinander vorbeireden können, wenn sie eine "unterschiedliche Sprache" sprechen. Insbesondere die Formulierung der Frage(n) im Fall der Vorlage an den EuGH ist von besonderer Bedeutung. Dies soll nachfolgend eingehender dargestellt werden.

II. Sachverhalt und Fragestellungen

1. FG des Saarlandes – Sachverhalt und Vorlagefrage

a) Sachverhalt

Fragestellung: Im vorliegenden Fall[1] ging es kurz gesagt, um die Frage, wo in dem Fall, dass ein Angestellter (A = Arbeitnehmer) eines Steuerpflichtigen (QM = Arbeitgeber) ein Dienstfahrzeug, das ihm der Arbeitgeber (nicht nur für einen kürzeren Zeitraum) zur Erfüllung seiner Arbeitspflichten zur Verfügung stellt, auch für private Zwecke nutzen darf, diese Überlassung für private Zwecke ggf. der Mehrwertsteuer unterliegt.

Diese Frage stellte sich insbesondere deswegen, weil QM ihr Unternehmen in Luxemburg betrieb, während A, um dessen Dienstfahrzeug es in erster Linie ging, in Deutschland wohnte.

Es ging daher konkret um die Frage, ob die Überlassung für private Zwecke unter den mitgeteilten Sachverhaltsumständen als eine (nicht kurzfristige) Vermietung eines Beförderungsmittels anzusehen war, die gem. Art. 56 Abs. 2 MwStSystRL (§ 3a Abs. 3 Nr. 2 S. 3 UStG) dort der Mehrwertsteuer unterfiel, wo der "Mieter" (also A) wohnte (also in Deutschland), oder ob Art. 56 Abs. 2 MwStSystRL nicht einschlägig war, so dass die Überlassung gem. Art. 45 MwStSystRL dort der Mehrwertsteuer unterfiel, wo der Arbeitgeber seine wirtschaftliche Tätigkeit ausübte.

Weder Zahlung noch Verzicht auf anderen Vorteil: A durfte den Wagen für private Zwecke nutzen, ohne dass er QM hierfür Geld zahlte oder einen anderen – über seine Arbeitsleistung hinausgehenden – Vorteil zuwendete. Zwar war wohl vereinbart worden, dass ein bestimmter Betrag vom Gehalt einbehalten werden sollte. Das erfolgte aber nicht.[2]

Versteuerung und Einspruch: QM hatte die Überlassung zur Privatnutzung in Deutschland versteuert (entsprechend Abschn. 15.23. UStAE),[3] hiergegen aber Einspruch eingelegt, dem das Finanzamt nicht stattgab. Gegen die ablehnende Entscheidung des FA legte sie Klage beim FG des Saarlandes (im Folgenden: FG oder FG Saarland) ein.

[1] FG Saarland v. 18.3.2019 – 1 K 1208/16, juris. Zu diesem Urteil s. u.a. Tausch, UVR 2019, 259; Prätzler, jurisPR-SteuerR 24/2019 Anm. 5; Hardenbicker, EFG 2019, 986; Monfort, UR 2019, 489.
[2] Vgl. FG Saarland v. 29.7.2021 – 1 K 1034/21, juris Rz. 4. S. hierzu auch die Ausführungen des BFH, unten V.2.b.
[3] Allein deswegen musste sich QM in Deutschland für mehrwertsteuerliche Zwecke registrieren lassen. FG Saarland v. 29.7.2021 – 1 K 1034/21, juris Rz. 6. S. dazu auch unten VI.3.b.

b) Vorlage

Vorlagefrage: Das FG entschied zunächst nicht selbst, sondern wollte erst einmal vom EuGH wissen, ob Art. 56 Abs. 2 MwStSystRL einschlägig sei (falls nämlich nicht, wäre die Steuerfestsetzung gegen QM nach seiner Auffassung mangels Leistungsortes im Inland aufzuheben gewesen). Daher fragte das FG den EuGH:

„Ist Art. 56 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen, dass mit ‚Vermietung eines Beförderungsmittels an Nichtsteuerpflichtige‘ auch die Überlassung eines dem Unternehmen eines Steuerpflichtigen zugeordneten Fahrzeugs (Firmenfahrzeug) an sein Personal zu verstehen ist, wenn dieses dafür kein Entgelt leistet, das nicht in seiner (teilweisen) Arbeitsleistung besteht, also

  • keine Zahlung erbringt,
  • keinen Teil seiner Barvergütung dafür verwendet und
  • auch nicht nach einer Vereinbarung zwischen den Parteien, wonach der Anspruch auf Nutzung des Firmenfahrzeugs mit dem Verzicht auf andere Vorteile verbunden ist, zwischen verschiedenen vom Steuerpflichtigen angebotenen Vorteilen wählt?”

2. Voraussetzung: Entgeltliche Leistung

Die Vorlagefrage des FG, die im Zusammenhang mit der von ihm beigefügten rechtlichen Würdigung zu lesen ist, besticht nicht gerade durch überzeugende Eindeutigkeit.

a) Nach dem Wortlaut der Vorlagefrage: Gegenleistung

Entgeltlichkeit erforderlich: So ging das FG in der rechtlichen Würdigung – richtigerweise – davon aus, dass der Ort der Leistung gem. Art. 56 MwStSystRL, § 3a Abs. 3 Nr. 2 Satz 3 UStG nur dann in Deutschland liegen könne, wenn es sich um eine entgeltliche Vermietungsleistung handele.[4]

Arbeitsleistung lt. FG = Gegenleistung: Diese Voraussetzung war auch, blickt man allein auf die Vorlagefrage, erfüllt. Wie gesagt, stellte das FG die Vorlagefrage nämlich für den Fall, dass das Personal für die Fahrzeugüberlassung zur privaten Nutzung "kein Entgelt leistet, das nicht in seiner (teilweisen) Arbeitsleistung besteht". Diese Formulierung muss so verstanden werden, dass das FG davon ausging, dass das Personal für die Überlassung der Firmenwagen zwar kein "anderes" Entgelt aufwendete (Barzahlung, Verzicht auf Barlohn, Verzicht auf andere Vorteile), wohl aber seine Arbeitsleistung.

Sonst andere For...

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