Frage, ob "Vermietung" auch ohne Gegenleistung: Aber auch für den Fall, dass die Fahrzeugüberlassung an A zur privaten Nutzung eine unentgeltliche Leistung darstellte, wollte das FG wissen, ob der Ort der Fahrzeugüberlassung für private Zwecke gem. Art. 56 Abs. 2 MwStSystRL in Deutschland liege.[10]

Lt. bisheriger Rspr. Gegenleistung erforderlich: Ob diese Frage unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des EuGH zu ähnlichen Fällen tatsächlich noch zu klären war,[11] soll hier dahingestellt bleiben (der EuGH jedenfalls verneinte eine "Vermietungsleistung" und damit die Anwendbarkeit des Art. 56 Abs. 2 MwStSystRL im Fall der Unentgeltlichkeit unter Verweis auf bereits zu dieser Frage ergangene Entscheidungen[12]).

[11] Vgl. z.B. EuGH v. 8.5.2003 – C-269/00 – Seeling, UR 2003, 288; EuGH v. 18.7.2013 – C-210/11, C-211/11 – Medicom SPRL und Maison Patrice Alard SPRL, UR 2014, 404.
[12] S. unten III.

a) Steuerbarer Vorgang, obwohl kein Vorsteuerabzug?

Kein steuerbarer Vorgang in DE: Es wird aber bereits nicht klar, warum das FG auch für den Fall, dass keine entgeltliche Leistung vorliege, überhaupt die Frage nach dem Ort der Leistung stellte.[13] Bevor nämlich geprüft werden kann, wo ein Vorgang der Mehrwertsteuer unterfällt, muss erst einmal geprüft werden, ob er der Mehrwertsteuer unterfällt. Letzteres wäre aber bei einer unentgeltlichen Überlassung des Fahrzeugs von QM an A zur privaten Nutzung nicht der Fall gewesen. Die Besteuerung einer unentgeltlichen Leistung setzt nämlich gem. Art. 26 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL (§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG) voraus, dass der "Leistende" i.Z.m. der Anschaffung des zur Privatnutzung überlassenen Gegenstandes Vorsteuern geltend machen durfte.

Kein Vorsteuerabzug für QM: Für QM galt aber in Luxemburg die Besteuerung im vereinfachten Besteuerungsverfahren (vergleichbar der Besteuerung gem. § 19 UStG). QM durfte daher die bei Anschaffung des Fahrzeugs gezahlte Steuer nicht als Vorsteuer geltend machen, so dass die Voraussetzungen für eine Besteuerung gem. Art. 26 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL (§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG) per se nicht erfüllt waren.

Entscheidungserheblichkeit Es wird also nicht klar, inwiefern die Frage nach dem Leistungsort im Fall der Unentgeltlichkeit überhaupt entscheidungserheblich sein sollte, da es für einen nicht steuerbaren Vorgang keine Vorschriften über den Leistungsort gibt. Der Generalanwalt hatte, mit einiger Berechtigung, in seinen Schlussanträgen gefolgert, die Frage nach der Anwendung von Art. 56 Abs. 2 MwStSystRL werde dadurch gegenstandslos.[14]

[14] EuGH, Schlussanträge des GA Szpunar v. 17.9.2020 – C-288/19 – QM, Rz. 36.

b) Anderer Sachverhalt?

Andere Rechtsfolge, wenn "Leistungseigenverbrauch": Möglich wäre allenfalls, dass QM das Fahrzeug nicht "anschaffte" (erwarb), sondern lediglich "mietete".[15] Dann hätte mit der Überlassung an A für private Zwecke (bei Unentgeltlichkeit) nicht "die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands" i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG (Art. 26 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL) vorgelegen, sondern eine unentgeltliche Überlassung i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG (Art. 26 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL),[16] bei der der Vorsteuerabzug keine Rolle spielt. Dann wäre, zumindest theoretisch, in Betracht gekommen, dass mit der Überlassung an A für private Zwecke ein steuerbarer Vorgang in Deutschland vorgelegen hatte.

Aber Feststellung, dass "Verwendungseigenverbrauch": Das FG ging aber offensichtlich davon aus, dass es sich im vorliegenden Fall um eine Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes i.S.d. Art. 26 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL handelte. So sprach es – in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG – sowohl in der Vorlagefrage als auch in der Begründung stets von der Überlassung eines dem Unternehmen eines Steuerpflichtigen zugeordneten Fahrzeugs an sein Personal.[17] So sah das auch, dem Generalanwalt folgend, der EuGH.[18] Insofern bleibt es unklar, inwiefern die Frage des Leistungsortes noch entscheidungserheblich war.

[15] Offenbar hatte QM das Fahrzeug geleast; vgl. FG Saarland v. 29.7.2021 – 1 K 1034/21, juris Rz. 2. Dann bestand zum einen die Möglichkeit, dass das Fahrzeug auch aus mehrwertsteuerlicher Sicht gemietet war (dass es sich also nicht um einen "dem Unternehmen zugeordneten Gegenstand" handelte, da eine solche Zuordnung nicht in Frage kommt, wenn nicht Wert, Substanz und Ertrag erworben werden; vgl. auch BeckOK UStG/Hahn, 34. Ed. 15.9.2022, § 3 UStG Rz. 614), zum anderen die Möglichkeit, dass es aus mehrwertsteuerlicher Sicht als (für das Unternehmen) erworben anzusehen war. Dies richtet sich danach, ob ein Finanzierungsleasing vorliegt (dann "Anschaffung") oder ein operatives Leasing (dann "Miete"). Zur Unterscheidung vgl. EuGH v. 16.2.2012 – C-118/11 – Eon Aset Menidjmunt OOD, UR 2012, 230, Rz. 37 ff.; EuGH v. 4.10.2017 – C-164/16 – Mercedes-Benz Financial Services UK, UR 2018, 14 Rz. 26 ff.
[16] Zumindest wenn in Luxemburg ...

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