1. Nochmals: Der Notar, der ein Nachlassverzeichnis aufzunehmen hat, ist regelmäßig auch zur selbständigen Ermittlung der aufzunehmenden Gegenstände und Forderungen verpflichtet. Ein Verzeichnis, das sich lediglich auf die Beurkundung von Angaben des Erben ggü. dem Notar beschränkt, erfüllt die Anforderungen nicht.

2. Inwieweit der Notar bei Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses zur Durchsicht von Kontounterlagen verpflichtet ist, insb. um zu prüfen, ob im Verwendungszweck "Schenkung" oder eine ähnliche Formulierung gebraucht ist, oder ob er die Kontoauszüge auf Auffälligkeiten überprüfen muss, die für eine Schenkung sprechen, lässt sich nur für den konkreten Einzelfall bestimmen.

OLG Celle v. 25.3.2021 – 6 U 74/20

BGB § 2314; BeurkG § 37; ZPO § 91

Beraterhinweis Ob der Notar i.R. seiner Ermittlungen auch zu einer wenigstens stichpunktartigen Einsichtnahme in Kontoauszüge, Sparbücher und sonstige Bankunterlagen des Erblassers für die vergangenen zehn Jahre generell verpflichtet ist (so OLG Koblenz v. 18.3.2014 – 2 W 495/13, NJW 2014, 1972 = ErbStB 2014, 250 [Esskandari / Bick]; OLG Bamberg v. 16.6.2016 – 4 W 42/16, ZEV 2016, 580; OLG Hamm v. 9.3.2021 – 10 U 90/20, ErbR 2021, 551; Horn, ZEV 2018, 377; Schönenberg- Wessel, ErbR 2020, 390; ebenso auch BVerfG v. 25.4.2016 – 1 BvR 2423/14, NJW 2016, 2943) oder nur bei konkreten Anhaltspunkten für Schenkungen des Erblassers, weil er nicht "ins Blaue hinein" ermitteln muss (so OLG Jena v. 1.2.2016 – 1 W 9/16, NotBZ 2016, 186; OLG Hamburg v. 28.9.2016 – 2 U 29/15, ErbR 2018, 92; Weidlich in Palandt, § 2314 Rz. 7; Lange, ZEV 2020, 258), ist nach wie vor ungeklärt. Das OLG Celle vertritt vorliegend eine vermittelnde Auffassung, wonach die Ermittlungspflichten des Notars umso weiter reichen sollen, je konkreter die Hinweise des Pflichtteilsberechtigten auf pflichtteilsrelevante Vorgänge sind. Für einen Pflichtteilsberechtigten, der zu Lebzeiten des Erblassers keinerlei Einblick in dessen Vermögensverhältnisse hatte, wird es jedoch kaum möglich sein, dem Notar entspr. Hinweise zu geben. Der Erbe ist verpflichtet, die für die Beschaffung der Kontoauszüge anfallenden Kosten zu übernehmen (OLG Hamm v. 9.3.2021 – 10 U 90/20, ErbR 2021, 551; OLG Stuttgart v. 26.1.2016 – 19 W 78/15, ZEV 2016, 330). Kopien der Kontoauszüge darf der Notar dem Pflichtteilsberechtigten nur mit Einverständnis des Erben überlassen (DNotI-Gutachten, DNotI-Report 2020, 163).

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