Entscheidungsstichwort (Thema)

Mahlzeitendienst als Zweckbetrieb bei Beschäftigung benachteiligter Personen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb teils Zweckbetrieb, teils nicht, wird die steuerbegünstigte Gesamtrichtung also wesentlich beeinträchtigt, so ist insgesamt kein Zweckbetrieb anzunehmen.

2. Eine Betreuung, Qualifizierung und Beschäftigung benachteiligter Personen, insbesondere Langzeitarbeitsloser, mit dem Ziel einer „Wiedereingewöhnung in die Arbeit” ist gerade nur durch den Einsatz der Personen in einem Arbeitsprozess wie (im Streitfall) dem des Mahlzeitendienstes denkbar.

3. Der ganz überwiegende Einsatz benachteiligter Personen im Mahlzeitendienst und deren Betreuung ist ein sachlicher Grund für eine steuerrechtliche Begünstigung gegenüber den Wettbewerbern.

 

Normenkette

KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9; AO § 65 Nrn. 1-3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.06.2012; Aktenzeichen I R 71/11)

BFH (Urteil vom 13.06.2012; Aktenzeichen I R 71/11)

 

Tenor

1. Die Bescheide für 2001 bis 2005 über Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbetrag in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom …. werden dahingehend geändert, dass die Einkünfte aus dem von der Klägerin unterhaltenen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb „Mahlzeitendienst” als steuerfreie Einkünfte aus Zweckbetrieb die Bemessungsgrundlage mindern.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin und der Beklagte jeweils die Hälfte zu tragen.

3. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen der Körperschaft- und Gewerbesteuer darum, ob die Klägerin einen Mahlzeitendienst als steuerbegünstigten Zweckbetrieb geführt hat.

Die Klägerin ist eine gemeinnützige Gesellschaft zur sozialen Integration und Arbeitsförderung mit beschränkter Haftung (gGmbH). An ihr waren seinerzeit das Jugendsozialwerk A-Stadt e.V. zu 97% beteiligt sowie zwei natürliche Personen zu 3%.

Zum Gegenstand der Gesellschaft heißt es in § 2 des im Streitzeitraum geltenden Gesellschaftsvertrags: „Der Gegenstand und Zweck der Gesellschaft ist es, Personen und Personengruppen mit Einschränkungen bzw. geringen Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt zu betreuen, zu qualifizieren und zu beschäftigen. Die Gesellschaft leistet Hilfestellung bei der Wiedereingewöhnung an die Arbeit, verbunden mit Maßnahmen, die eine Verbesserung von Vermittlungsaussichten auf dem Arbeitsmarkt zum Inhalt haben …. Die Gesellschaft ist Mitglied des paritätischen Wohlfahrtsverbandes.” Gemäß § 3 des Gesellschaftsvertrags verfolgt die Klägerin ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und mildtätige Zwecke im Sinne des Abschnitts „steuerbegünstigte Zwecke” der Abgabenordnung.

Die Klägerin hat neben weiteren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben einen Mahlzeitendienst unterhalten, mit welchem sie verschiedene Essensempfänger belieferte, insbesondere Kindergärten und Schulen, das Personal der Diakonie, Essen auf Rädern für Privatpersonen. Unter den Essensempfängern befanden sich vier Kindertagesstätten, deren Träger der Jugendsozialwerk e.V. war.

Nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin im Erörterungstermin vom …. lief der Mahlzeitendienst wie folgt ab: In der Küche des Mahlzeitendienstes, wo die Speisen hergestellt wurden, waren mit Ausnahme eines fest beschäftigten Küchenmeisters und eines Kochs mit Ausbildungseignung ausschließlich Langzeitarbeitslose mit entsprechendem Gesundheitspass beschäftigt, die an einer Wiedereingliederungsmaßnahme teilnahmen. Insgesamt führte die Klägerin seinerzeit etwa 600 bis 800 Maßnahmen pro Jahr durch. Solche Maßnahmen wurden für eine bestimmte Zeit vom Arbeitsamt oder vom Ministerium für Arbeit und Soziales in Kofinanzierung mit dem Landkreis bewilligt, z. B. ABM, SAM (Strukturanpassungsmaßnahmen) oder Arbeit statt Sozialhilfe. AB-Maßnahmen und Arbeit statt Sozialhilfe dauerten idR 1 Jahr und SAM dauerten zwischen drei und fünf Jahren. Täglich wurden von den zwei Fachkräften etwa 5 bis 8 in der Küche beschäftigte Maßnahmeteilnehmer angeleitet. Letztere waren in erster Linie als Küchenhilfen an der Speisenherstellung und -verpackung beteiligt. Der Mahlzeitendienst bereitete etwa 1000 Essen pro Tag zu, es handelte sich nicht um verschiedene Mahlzeiten, sondern um ein Essen. Auf die vier Kindergärten des Jugendsozialwerk e.V. entfielen jeweils ca. 150 bis 200 Essen pro Einrichtung. Das Essen wurde von weiteren etwa 3 – 4 Maßnahmeteilnehmern an die Kindergärten ausgefahren. Insgesamt wurde der gesamte Mahlzeitendienst von zwei fest Beschäftigten und ansonsten nur von Maßnahmeteilnehmern bewerkstelligt. Die Klägerin erzielte im Streitzeitraum mit dem gesamten Mahlzeitendienst Umsatzerlöse zwischen 919.092,94 DM (2001) und 665.057,41 EUR...

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