rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung Fortbildungskosten/Ausbildungskosten: Aufwendungen für Zweitstudium einer Sprachlehrerin zur Erlangung der Lehrbefähigung für eine weitere Fremdsprache sind Fortbildungskosten. Werbungskosten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Aufwendungen für eine Studienreise als Bestandteil eines Sprachstudienganges zur Erlangung der Lehrbefähigung in einer weiteren Sprache sind für eine ausgebildete Sprachlehrerin Fortbildungsaufwendungen, da das Zweitstudium insoweit nicht den Wechsel in eine andere Berufsart eröffnet, sondern objektiv dazu geeignet ist, in dem bereits durch das Erststudium ermöglichten Beruf vorwärts zu kommen.

2. Eine Programmgestaltung, die in zeitlicher Hinsicht die Befriedigung privater Interessen i.S.d. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht nahezu gänzlich ausschließt, steht dem Abzug der Fortbildungskosten als Werbungskosten bei einer nichtselbstständigen Tätigkeit jedenfalls dann nicht entgegen, wenn dem Steuerpflichtigen die Teilnahme an der Veranstaltung nicht freigestellt ist und er auch keinen Einfluss auf die Programmgestaltung hat.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1, § 12 Nr. 1 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 03.07.2002; Aktenzeichen VI R 9/99)

 

Tenor

1. Der Einkommensteuerbescheid für 1994 vom 20. November 1995 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 23. Oktober 1996 wird dahingehend abgeändert, daß weitere Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus nicht selbständiger Tätigkeit in Höhe von 1949,75 DM zu berücksichtigen sind. Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderte Steuerfestsetzung nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen, ferner der Klägerin das Ergebnis dieser Berechnung unverzüglich mitzuteilen und den Bescheid mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft dieses Urteils neu bekanntzugeben. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten der Klägerin vorläufig volltreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Umstritten ist die Anerkennung der Kosten einer Studienreise als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit.

Die Klägerin ist Lehrerin, die bis 1989/1990 überwiegend im Fach Russisch unterrichtete. Nach dem Beitritt der DDR absolvierte sie im Rahmen des sog. FIED-Programms der Europäischen Union ein Teilzeitstudium an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Das FIED-Programm stellte eine Maßnahme zur Weiterbildung und Qualifikation von Lehrern für das Fach Französisch dar. Zu diesem Zweck hatten sich französische und deutsche Universitäten – darunter die Friedrich-Schiller-Universität in Jena – unter der Oberleitung der Universität Paris X zusammengeschlossen, um ein entsprechendes Weiterbildungsprogramm anzubieten und zu gestalten. Ziel des Programms war der Erwerb einer fachlichen Lehrbefähigung im Fach Französisch mit dem Abschluß einer ergänzenden staatlichen Prüfung für die Sekundarstufe I und/oder die Sekundarstufe II. Die Ausgestaltung der Prüfungen selbst war in den Verantwortungsbereich der beteiligten Bundesländer gestellt. Das Land Thüringen hatte in einem Anhang des Vereinbarungsprotokolls des FIED-Programms die Anerkennung des Zusatzstudiums für die Erlangung der Lehrbefugnis ausgesprochen, da die Prüfungsbedingungen des Zusatzstudiums an den jeweiligen Universitäten den Anforderungen der Erweiterungsprüfung auf der Grundlage der vorläufigen Verordnung über die erste Staatsprüfung für das Lehramt an Regelschulen und Gymnasien entsprachen. Für das Absolvieren des Zusatzstudiums konnten die Teilnehmer eine Freistellung vom Unterricht auf der Grundlage der Verwaltungsvorschrift im Gemeinsamen Amtsblatt des Thüringer Kultusministeriums und des Thüringer Ministeriums für Wissenschaft und Kunst Nr. 7/92 erlangen.

Obligatorischer Inhalt des Studienprogramms war ein dreiwöchiger Sprachkurs an einer französischen Partneruniversität des FIED-Programms, den die Klägerin vom 8. August bis 27. August 1994 in Xdorf absolvierte. Der Kurs hatte folgenden Inhalt:

Montag

Dienstag

Mittwoch

Donnerstag

Freitag

8.30-10.30 Uhr

Dramaturgie

Dramaturgie

Sprachkurs

Dramaturgie

Dramaturgie

11.00-12.30 Uhr

Sprachkurs

Sprachkurs

Sprachkurs

Sprachkurs

Sprachkurs

vom 8. bis 12. August hatte das Nachmittagsprogramm folgenden Inhalt:

Montag

Dienstag

Mittwoch

Donnerstag

Freitag

14.00-15.00 Uhr

Sprachlabor

Sprachlabor

Vom 16. bis 20. August hatte das Nachmittagsprogramm folgenden Inhalt:

Montag

Dienstag

Mittwoch

Donnerstag

Freitag

14.00-15.00 Uhr

Sprachlabor

Sprachlabor

Computerarbeit

Die Klägerin machte die Kosten der Studienreise nach Xdorf im Rahmen ihrer Einkommensteuererkärung 1994 als Werbungskosten bei ihren Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit geltend. Der Beklagte erkannte die Studien-Reisekosten nicht an. Zur Begründung stellte er darau...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge