Entscheidungsstichwort (Thema)

Einheitsbewertung eines Grundstücks auf den 01.01.1992 und 01.01.1996

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.09.2000; Aktenzeichen II R 65/98)

 

Tenor

1. Die gemeinsame Einspruchsentscheidung vom 05. Juni 1997 hinsichtlich der Einheitsbescheide auf den 01.01.1992 und 01.01.1996 für das Grundstück „Xstr. 5, XDorf” wird aufgehoben.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung und Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

 

Tatbestand

Im Rahmen der Rechtzeitigkeit eines Einspruchs gegen Einheitswertbescheide ist streitig, ob das Finanzamt die Steuerbescheide zu Recht dem Steuerpflichtigen persönlich bekannt geben durfte, weil die seinem Bevollmächtigten erteilte und dem Finanzamt vorgelegte Urkunde über die Empfangsvollmacht mit einer nicht für das betreffende Verfahren geltenden Steuernummer versehen war.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Xstr. 5 in XDorf. Er erwarb das zu diesem Zeitpunkt noch zu teilende und zu vermessende Grundstück von der Gemeinde XDorf am 14. August 1992. Die mit dem Kaufgegenstand verbundenen Rechte und Nutzungen sollten nach dem Kaufvertrag sofort auf ihn übergehen. Zwischen 1993 und 1994 errichtete er auf dem Grundstück eine Halle mit Büroraum. Das Grundstück wird als Lagerplatz für eine Baufirma genutzt, an der der Kläger nach seinen Angaben nicht beteiligt ist.

Im Jahr 1991 hatte der Kläger mit Schreiben vom 26. Juli 1991 seinen jetzigen Prozeßbevollmächtigten zur Vertretung vor allen Finanzbehörden bevollmächtigt. Die dem Beklagten gegenüber eingereichte Vollmacht lautet auszugsweise wie folgt:

Vollmacht

Mandant: X. Y, OberXDorf

Finanzamt

Az.: (nicht ausgefüllt)

Der Steuerberater K.L. und der Steuerbevollmächtigte B. U. werden von mir bevollmächtigt, mich vor allen Finanzbehörden zu vertreten. Die Vollmacht berechtigt insbesondere zur Einlegung und zur Zurücknahme von außergerichtlichen Rechtsbehelfen, zur Bestellung eines Vertreters und zur Entgegennahme von Zustellungen.

Folgende Bescheide, die von den Erklärungen und Anträgen abweichen, sind nur den Bevollmächtigten zuzustellen:

Steuer-, Feststellungs- und Steuermeßbescheide.

Andere Steuerbescheide, Zahlungen und Anfragen des Finanzamts über Sachverhaltsfragen sind dem Vollmachtgeber zuzustellen….

Im Januar 1996 forderte das Finanzamt den Kläger auf, eine Erklärung zur Feststellung des Einheitswertes auf den 01. Januar 1992 einzureichen. Der vom Kläger zurückgesandte Erklärungsvordruck war unter Punkt 1.2 nicht ausgefüllt, wo die Frage gestellt wurde, wem gegenüber der Einheitswertbescheid bekanntgegeben werden sollte. In den beiden Bescheiden vom 30. August 1996 sah das Finanzamt das Grundstück als Betriebsgrundstück an und setzte den Einheitswert zum 01. Januar 1992 auf 12.600 DM fest. Hinsichtlich der Feststellung des Einheitswertes auf den 01. Januar 1996 sah es von einer Wertfortschreibung ab, weil die Wertgrenzen nach § 22 Bewertungsgesetz -BewG- trotz der zwischenzeitlichen Bebauung nicht erreicht worden seien. Die Bescheide wurden dem Kläger mit einfachem Brief zugesandt.

Gegen beide Bescheide legte der Kläger, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, mit Schreiben vom 18. Oktober 1996, eingegangen beim Beklagten am 22. Oktober 1996, Einspruch ein. Der Beklagte wies den Kläger auf den verspäteten Eingang des Einspruchs unter Hinweis auf die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 110 Abgabenordnung -AO- hin. In seiner Stellungnahme führte der Bevollmächtigte aus, daß die Bescheide ihm gegenüber hätten bekanntgegeben werden müssen, da dem Finanzamt die ihm vom Kläger erteilte allgemeine Zustellungsvollmacht vorgelegen habe. Das Finanzamt verwarf die Einsprüche als unzulässig, da es die Zustellvollmacht wegen der in ihr angeführten Steuernummer für dieses Verfahren als nicht erteilt ansah. Die Vollmacht sei nur für laufende Veranlagungssteuern unter der betreffenden Steuernummer erteilt worden. Aus diesem Grund hätte es die Bescheide auch gegenüber dem Kläger bekannt geben können.

Seine hiergegen erhobene Klage begründet der Kläger damit, daß die Einheitswertbescheide aufgrund der erteilten Vollmacht ausschließlich seinem Bevollmächtigten gegenüber hätten bekanntgegeben werden dürfen. Infolgedessen müßten die Bescheide als nicht existent bzw. als nichtig angesehen werden. Aus diesem Grund sei die Rechtsbehelfsfrist des § 355 Abs.1 AO mit Kenntnisnahme der beiden Einheitswertbescheide durch den Kläger nicht in Gang gesetzt worden. Die Angabe der Steuernummer auf der Vollmachtserklärung führe zu keiner Einschränkung der Vollmacht. Die Nennung der Steuernummer diene nur einer schnelleren Zuordnung der Vollmacht beim Posteingang. Sie beschränke die Wirksamkeit der Willenserklärung nicht.

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