Als wesentliche Änderung im Bereich der Verrechnungspreise dürfte sich auswirken, dass Verständigungsverfahren auf Basis des Übereinkommens vom 23.07.1990, Nr. 90/436/EWG (ABl. EU 1990 Nr. L 225/10) über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen – sog. EU-Schiedskonvention – im Verhältnis zum VK künftig nicht mehr möglich sind. Anträge, die vor dem 01.01.2021 gestellt wurden, werden jedoch weiterhin unter der EU-Schiedskonvention bearbeitet (s. dazu Winkelmann/Limpinsel, IWB Nr. 4 vom 26.02.2021, 140 ff.).

In der EU-Schiedskonvention ist ein Streitbeilegungsverfahren für Fälle festgelegt, in denen es bei Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten infolge einer bei einem Unternehmen in einem Mitgliedstaat vorgenommenen Gewinnberichtigung zu einer Doppelbesteuerung kommt.

In Art. 9 Abs. 2 DBA-UK ist zwar die Möglichkeit einer entsprechenden Gegenberichtigung der Gewinne des betroffenen verbundenen Unternehmens vorgesehen. Indes ist im DBA-UK kein Mechanismus vorgesehen, der zwingend dazu führt, dass sich die Vertragsparteien, etwa im Rahmen eines Verständigungsverfahrens nach Art. 26 DBA-UK einigen und damit die Doppelbesteuerung beseitigen.

Zwar wurde entsprechend dem OECD-Musterabkommen in Art. 26 Abs. 5 DBA-UK ein obligatorisches Schiedsverfahren aufgenommen. Die Bestimmung gewährt den Anspruch auf die Durchführung eines Schiedsverfahrens, wenn sich die zuständigen Behörden im Rahmen des Verständigungsverfahrens nach Art. 26 DBA-UK nicht einigen können. Allerdings ist auch in solchen Fällen nicht immer sichergestellt, dass es zu einer finalen Einigung i. S. e. Vermeidung der Doppelbesteuerung kommt.

Die EU-Schiedskonvention hingegen schreibt die Beseitigung der Doppelbesteuerung durch Einigung der Vertragsstaaten vor (vgl. Art. 12 Abs. 1 EU-Schiedskonvention). Damit verbessert die EU-Schiedskonvention die Voraussetzungen für die grenzüberschreitende Wirtschaftstätigkeit im EU-Binnenmarkt.

Die EU-Streitbeilegungsrichtlinie vom 10.10.2017 (ABl. EU vom 14.10.2017, L 265/1) bezweckt, den EU-Mitgliedstaaten ein effektives Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten über die Anwendung von DBA zur Verfügung zu stellen, und wäre insofern bei einem Verbleib des VK in der EU möglicherweise geeignet gewesen, ein gegenüber den bisherigen Verfahren nach Art. 9 Abs. 2 bzw. nach Art. 26 DBA-UK effizienteres Verfahren zu bieten. Nach dem Brexit bzw. dem Ablauf des Übergangszeitraums findet es jedoch auf das VK bereits keine Anwendung mehr.

In Deutschland wurde die Richtlinie erst verspätet und mit rückwirkender Anwendung ab dem 01.07.2019 umgesetzt (BGBl I 2019, 2103). Zuvor hatte das BMF mit Schreiben vom 25.06.2019 (BStBl I 2019, 647) bereits verlauten lassen, dass das BZSt als in Deutschland zuständige Behörde bereits vor Erlass des Umsetzungsgesetzes unmittelbar auf die Richtlinie gestützte Streitbeilegungsbeschwerden annehmen werde.

Schon allein aufgrund des erheblichen Steuersatzgefälles zwischen Deutschland als "Hochsteuerland" (KSt, SolZ, GewSt) und Großbritannien mit deutlich niedrigerem Körperschaftsteuersatz besteht ein struktureller Anreiz zur Fremdfinanzierung deutscher Tochtergesellschaften durch ihre UK-Muttergesellschaften.

Der Referentenentwurf für ein ATAD-Umsetzungsgesetz sah in seiner ursprünglichen Fassung vom 10.12.2019 weitgehende regulatorische Vorgaben für den Fremdvergleichsgrundsatz bei Konzernfinanzierungssachverhalten und weitere Regeln im Bereich der Verrechnungspreise vor. Die letztmals im Referentenentwurf des BMF vom 24.03.2020 noch geplante umfangreiche Änderung und Ergänzung des § 1 AStG, die Einführung eines neuen § 1a AStG (Finanzierungsbeziehungen) und eines § 1b AStG (Preisanpassungsklausel), sind im aktuellen Gesetzesbeschluss vom 25.06.2021 nicht mehr enthalten. Ein Teil dieser geplanten Änderungen und Ergänzungen des AStG ist aber zwischenzeitlich in das AbzStEntModG vom 02.06.2021 überführt worden. Nicht enthalten ist jedoch die sehr umstrittene Regelung über Konzernfinanzierungsbeziehungen (§ 1a AStG-E i. d. F. des RefE zum ATADUmsG vom 10.12.2019 bzw. vom 24.03.2020). Da es sich insoweit nicht um Brexit-spezifische Regelungen handelt, wird darauf an dieser Stelle nicht näher eingegangen.

Gleiches gilt für die geplante erstmalige gesetzliche Regelung über ein zwischenstaatliches Vorabverständigungsverfahren zur DBA-rechtlichen Beurteilung von geplanten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten (§ 89a AO i. d. F. des AbzStEntModG vom 02.06.2021), auf die wir daher lediglich ergänzend hinweisen.

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