a) Ausgangssituation

Im Streitfall X R 31/20[3] hatte der Steuerpflichtige mit notariellem Vertrag vom 29.4.2004 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge den elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb übernommen. Neben der Einräumung eines Wohnrechts für bestimmte Räume sowie eines "Mitbenützungsrechts" verpflichtete sich der Steuerpflichtige, seinen Eltern bzw. dem Längstlebenden zu zahlen:

  • die Kosten der gewöhnlichen Unterhaltung der für das Wohnrecht bestimmten Räume,
  • die Kosten für Heizung, Strom, Telefon, Wasser, Abwasser und Müllabfuhr sowie
  • einen monatlichen Betrag i.H.v. 1.000 EUR als dauernde Last.

Für den zu zahlenden Geldbetrag gilt § 323 ZPO nach seinem materiellen Gehalt. Bei Änderung der Verhältnisse im wesentlichen Umfang kann jeder Vertragsteil eine entsprechende Abänderung des Geldbetrages verlangen, wobei hierfür insbesondere die Leistungsfähigkeit des Erwerbers und die Bedürftigkeit der Eltern bzw. des Längstlebenden maßgeblich sind. Änderungen in der Bedürftigkeit der Eltern, die durch Wegzug aus ihrer Wohnung bedingt sind, bleiben außer Betracht. Eine Warte und Pflege durch den Erwerber für seine Eltern sollte nicht vereinbart werden.

Beachten Sie: Da es sich um einen vor dem 1.1.2008 abgeschlossenen Übergabevertrag handelte, musste bei den wiederkehrenden Leistungen noch zwischen

  • einer nur mit dem Ertragsanteil abziehbaren Rente und
  • einer in vollem Umfang abziehbaren dauernden Last

entschieden werden.

Nach einer Außenprüfung berücksichtigte das FA in den geänderten ESt-Bescheiden für die Streitjahre (2012-2014) von den Zuwendungen des Steuerpflichtigen an seine Eltern nur einen Teilbetrag von 3.200 EUR pro Jahr als Sonderausgaben. Dabei wurden

  • die von ihm übernommenen Nebenkosten (jährlich 800 EUR für Heizung, Strom usw.) vollständig,
  • die monatlichen Zahlungen von 1.000 EUR hingegen nur als Leibrente mit einem Ertragsanteil von 20 % (insgesamt 2.400 EUR/Jahr)

steuermindernd anerkannt.

b) Entscheidung des BFH

Der X. Senat des BFH entschied, dass ein vollständiger Ausschluss der Abänderbarkeit infolge eines pflegebedingten Mehrbedarfs zur Beurteilung der Versorgungsleistungen als bloße Leibrente führt.

Demgegenüber wird die Annahme einer dauernden Last nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Abänderbarkeit der Leistungen in Fällen eines pflegebedingten Mehrbedarfs eingeschränkt wird. Es ist aber notwendig, dass die weiterhin bestehenden Leistungsverpflichtungen des Vermögensübernehmers in Bezug auf den pflegebedingten Mehraufwand ein solches Ausmaß haben, dass für die Anwendung der vereinbarten Abänderungsklausel noch ein relevanter Bereich verbleibt.

Abänderbarkeit der Versorgungsleistungen: Insoweit genügt es für eine Abänderbarkeit der Versorgungsleistungen – und damit für die Annahme einer dauernden Last –, wenn der Vermögensübernehmer dem pflegebedingten Mehrbedarf des Vermögensübergebers zumindest dadurch Rechnung trägt, dass er diesen bei dessen notwendig gewordener Pflege

  • auf einem der drei möglichen Durchführungswege (s. dazu nachfolgend) maßgeblich unterstützt und
  • seine Leistungen dementsprechend anpasst.

Eine Änderbarkeit der Leistungen kann auch dann bejaht werden, wenn die Abdeckung eines pflegebedingten Mehrbedarfs des Übergebers durch den Übernehmer nur für eine Heimunterbringung ausgeschlossen wird. Denn die Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen ist am zivilrechtlichen Typus der Hofübergabe orientiert, der hinsichtlich der Pflegeleistungen traditionell aber dadurch geprägt ist, dass die Altenteiler bei den Hofübernehmern wohnten und dort versorgt wurden. Besondere Kosten entstanden dadurch in der Regel nicht; die Altenteiler wurden im Haushalt mitversorgt.

Drei mögliche Durchführungswege der Pflege: Vor diesem Hintergrund genügt es für die Annahme einer dauernden Last, wenn der in Rede stehende Mehrbedarf wegen (dauernder) Pflegebedürftigkeit im Versorgungsvertrag wenigstens über einen der drei möglichen Durchführungswege der Pflege abgedeckt wird. Insoweit ist es ausreichend, wenn sich der Vermögensübernehmer verpflichtet hat:

  • Durchführungsweg 1: entweder zur persönlichen Pflege (mindestens im Umfang der alten Pflegestufe 1 bzw. des neuen Pflegegrades 2) oder
  • Durchführungsweg 2: zur Übernahme von zusätzlichen Kosten für die häusliche Pflege in entsprechendem Mindestumfang oder
  • Durchführungsweg 3: zur Übernahme der im Rahmen einer externen Pflege der Übergeber entstehenden Kosten in vergleichbarer Höhe.

Beachten Sie: Lediglich der vollständige Ausschluss einer Anpassung der (persönlichen oder finanziellen) Versorgungsleistungen im Fall des Eintritts (dauernder) Pflegebedürftigkeit lässt die Abänderbarkeit der Leistungen entfallen – und steht daher einer Einordnung der Barleistungen als dauernde Last entgegen.

c) Folgen für die Beratungspraxis

aa) Vor dem 1.1.2008 abgeschlossene Verträge

Für den Fall von Verträgen, die vor dem 1.1.2008 abgeschlossen worden sind, hat der BFH nun klargestellt, dass ein Vollabzug der Versorgungsleistungen auch dann noch als dauernde Last gegeben ist, wenn die persönliche Pflege im Umfang

  • der alten Pflegestufe 1 ode...

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