Kernaussage der eingangs erwähnten Entscheidung des BFH v. 31.3.2022 ist, dass strafbare Handlungen, die im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stehen, Erwerbsaufwendungen begründen können[1].

Beruflich bedingter Veranlassungszusammenhang: Infolge dessen können Strafverteidigungskosten als WK abziehbar sein, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst ist. Beachten Sie: Nicht ausreichend ist es allerdings, wenn die Straftat nur gelegentlich der beruflichen Tätigkeit verübt wird. Vielmehr muss das entsprechende strafrechtlich relevante Verhalten i.R.d. beruflichen Aufgabenerfüllung liegen – also:

  • in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen sein und
  • nicht auf privaten – den beruflichen Zusammenhang aufhebenden – Umständen beruhen[2].

Beraterhinweis Die Tat darf nicht nur gelegentlich der beruflichen Tätigkeit aus privater Veranlassung begangen worden sein.

Schädliche private Veranlassung: Ein solches – die berufliche Veranlassung sprengendes – auf privaten Gründen beruhendes Verhalten ist gegeben[3]

  • bei bewusster Schädigung des Arbeitgebers durch den Steuerpflichtigen oder
  • wenn er sich oder einen Dritten durch die schädigende Handlung bereichern wollte.

Konkreter Tatvorwurf: Abzustellen ist dabei immer auf die konkrete Tat, die dem Steuerpflichtigen vorgeworfen wird, und aufgrund derer er einen Strafverteidiger bemüht.

a) Entscheidung des BFH v. 31.3.2022

LSt-Hinterziehung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt durch Geschäftsführer: Im Fall eines angestellten Geschäftsführers, gegen den ein Strafverfahren

  • wegen Hinterziehung von Lohnsteuer (§ 370 AO) und
  • wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt bei Verwendung von Abdeckrechnungen (§ 266a StGB)

geführt wurde, sah der BFH in seiner Entscheidung v. 31.3.2022 einen beruflich bedingten Veranlassungszusammenhang – auch wenn der Geschäftsführer die Mittel aus den Scheinrechnungen nicht nur zur Zahlung der Schwarzlöhne, sondern auch für seine privaten Zwecke verwandte.

Dies begründet der BFH damit, dass diese Taten in Ausübung der beruflichen Tätigkeiten als Geschäftsführer begangen wurden und die Eigenbereicherung weder Voraussetzung noch Folge der Lohnsteuerhinterziehung gewesen sei, auf die sich die Strafverteidigungskosten bezogen hätten.

Anders wäre es gewesen, wenn die Strafverteidigungskosten im Zusammenhang mit einer vorgeworfenen Straftat wegen privater Verwendung der Mittel aus den Scheinrechnungen – z.B. wegen Untreue nach § 266 StGB – angefallen wären[4].

b) Einordnung der BFH-Entscheidung

Kein Tatvorsatz notwendig: Ordnet man diese Entscheidung näher ein, so lässt sich erst einmal feststellen, dass es hinsichtlich der Frage der steuerlichen Geltendmachung von Strafverteidigungskosten unerheblich ist, ob eine Straftat vorsätzlich begangen wurde. Dies ergibt sich bereits aus § 40 AO[5].

Belanglos ist daher auch, ob der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige mit seinem Strafverteidiger zur Wehr setzt, zu Recht oder zu Unrecht erfolgte[6].

Beraterhinweis Auch bei vorsätzlichen Straftaten, die dem Steuerpflichtigen zu Recht vorgeworfen werden, kommt eine Geltendmachung der Strafverteidigungskosten als BA/WK in Betracht.

Handlung i.R.d. beruflichen Zielvorstellung: Für die steuerliche Geltendmachung dieser Aufwendungen als BA/WK reicht es nicht aus,

  • dass die Strafverteidigungskosten und damit die Straftat gelegentlich der Berufsausübung verursacht wurden, bzw.
  • dass die Ausübung des Berufes nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass die Tatbegehung auch entfiele (conditio sine qua non)[7].

Beachten Sie: Es können nur die Strafverteidigungskosten anerkannt werden, welche aus solchen Handlungen herrühren, die noch i.R.d. beruflichen Zielvorstellung vorgenommen wurden[8].

D.h. die Tat muss nach der Rechtsprechung des BFH und der Finanzgerichte

  • ausschließlich und
  • unmittelbar

aus der betrieblichen/beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar sein[9].

Beachten Sie: Folglich war es im Fall, den der BFH mit Beschluss v. 31.3.2022[10] entschieden hatte, nicht ausreichend, dass dem Steuerpflichtigen die entsprechenden Straftaten (Lohnsteuerhinterziehung und Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt) allein aus seiner beruflichen Position als Geschäftsführer heraus ermöglicht wurden.

Beweispflicht für betriebliche/berufliche Veranlassung: In diesem Zusammenhang muss man sich auch vergegenwärtigen, dass die Abziehbarkeit von Strafverteidigungskosten als BA/WK die Ausnahme ist, da solche Aufwendungen grundsätzlich zu den Kosten der privaten Lebensführung zählen. Insoweit ist auch der Steuerpflichtige für die betriebliche/berufliche Veranlassung beweispflichtig, um die diesbezügliche Ausnahme zu belegen[11].

Beraterhinweis Der Steuerpflichtige ist für die betriebliche/berufliche Veranlassung ...

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