aa) Sachverhalt

Das Hessische FG hat im Jahr 2020 zur steuerrechtlichen Behandlung von Cum/Cum-Transaktionen Stellung genommen (FG Hess. v. 28.1.2020 – 4 K 890/17, WM 2020, 1587, rechtskräftig).

Der Entscheidung lag der folgende Sachverhalt zugrunde: Eine Bank hatte in den Jahren 2004-2006 im Wege einer Wertpapierleihe deutsche Aktien cum Dividende jeweils kurz vor dem Dividendenstichtag als sog. revolvierenden Wertausgleich für die darlehensweise Hingabe festverzinslicher Wertpapiere erworben und ordnete diese anschließend nicht ihrem Handelsbestand zu. Kurz nach dem Stichtag wurden die Wertpapiere wieder zurückübertragen. Der Vertragspartner des Leihgeschäfts hatte jeweils unmittelbar vor der Übertragung an die Bank die Aktien von ausländischen Drittpersonen bezogen und wieder an diese zurückübertragen.

Ausführungen des FG zu insb. zwei Themenbereichen: Zu diesem Sachverhalt waren durch das Gericht Fragen der Steuerbefreiung gem. § 8b Abs. 1, Abs. 5 KStG, die Anrechnung der darauf einbehaltenen Kapitalertragsteuer sowie die steuerliche Behandlung der vereinbarten Gebühren und Provisionen zu behandeln. In diesem Zusammenhang hatte das FG Hessen zu zwei Themenbereichen Ausführungen gemacht, die auch Gegenstand des BMF-Schreibens (neu) sind:

bb) Wirtschaftliches Eigentum i.S.d. § 39 AO

Auch nach Ansicht des FG Hessen ist bei der Übertragung der Aktien über den Dividendenstichtag aufgrund der vertraglichen Gestaltung lediglich eine sog. formale zivilrechtliche Rechtsposition an den Aktien, eine leere Eigentumshülle, verschafft worden. Die Geschäfte seien von vornherein darauf angelegt gewesen, dem ursprünglichen Aktieninhaber die Erträge aus den Aktien im wirtschaftlichen Sinne zukommen zu lassen. Dies hat dem FG zur Folge, dass der ausländische Aktieninhaber wirtschaftlicher Eigentümer und damit Anteilseigner geblieben sei, dem die Dividendenerträge, die zum Kapitalertragsteuerabzug berechtigen, zuzurechnen seien. Der klagenden inländischen Gesellschaft wurde als Konsequenz durch das Gericht mangels wirtschaftlichen Eigentums an den Aktien der beantragte Kapitalertragsteuerabzug versagt.

Prüfkriterien zum wirtschaftlichen Eigentum: In seiner Entscheidung hat sich das FG ausdrücklich auf die durch den BFH (BFH v. 18.8.2015 – I R 88/13, BStBl. II 2016, 961) vorgegebenen Prüfungskriterien zum wirtschaftlichen Eigentum bezogen:

  • Kein wirtschaftlicher Erhalt der Aktienerträge durch den Aktienentleiher
  • Kein Liquiditätsvorteil
  • Kein erkennbarer Wille der Ausübung von Stimmrechten
  • Kein Übergangs von Kursrisiken und -chancen

Beachten Sie: Die Möglichkeit, die tatsächliche Sachherrschaft über die verliehenen Wertpapiere auszuüben, wird nach Ansicht des FG Hessen nicht davon beeinflusst, ob der Darlehensnehmer aus einer im Zusammenhang mit dem Wertpapierdarlehen gewährten Sicherheit insgesamt eine positive oder negative Vorsteuerrendite erzielt.

cc) Gestaltungsmissbrauch gem. § 42 AO

Zusätzlich hat das Gericht zur Beseitigung der sonstigen steuerlichen Folgen der gescheiterten Cum/Cum-Transaktion für die vertraglichen Vereinbarungen einen steuerlichen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO angenommen. Nach § 42 AO ist dem Gericht zufolge eine Gestaltung rechtsmissbräuchlich, wenn sie – gemessen an dem erstrebten wirtschaftlichen Ziel – einen unangemessenen Weg wähle, der nur einer den Wertungen des Gesetzgebers widersprechenden Steuerminderung dienen soll, ohne dass sonstige beachtliche nichtsteuerliche Gründe für die Gestaltung vorliegen würden. Die Beurteilung der durch die Beteiligten getätigten Geschäfte als Gestaltungsmissbrauch führte steuerlich zur Rückabwicklung der Geschäfte. Im Ergebnis kommt es dadurch auch zu einer Versagung des steuerlichen Abzugs von Provisionsaufwendungen bzw. Leihgebühren aus der Überlassung der Wertpapiere als Betriebsausgaben. Auch bezüglich der Frage eines Gestaltungsmissbrauchs wird eine positive Vorsteuerrendite auf Seitens des Übernehmers der Aktien als nicht relevant angesehen.

Der Ansicht des FG Hessen zur Behandlung von Cum/Cum-Transaktionen haben sich zwischenzeitlich auch andere Finanzgerichte angeschlossen (FG Sa.-Anh. v. 25.11.2020 – 3 K 403/10; FG München v. 14.12.2020 – 7 K 899/19).

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