rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen im Rahmen von Wertpapierleihgeschäften als Betriebsausgaben. Zurechnung der Wertpapiere und der Dividenden

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wertpapiere sind dem Verleiher zuzurechnen, wenn dem Entleiher nach den Gesamtumständen des Wertpapierleihgeschäfts lediglich eine formale zivilrechtliche Rechtsposition, eine leere Eigentumshülle, verschafft wurde, die es ihm ermöglichen sollte, formal – gemäß § 8b Abs. 1 KStG – steuerfreie Dividenden zu beziehen und zugleich steuerlich abziehbare Betriebsausgaben (Dividendenkompensationszahlungen und Leihgebühren) zu generieren, um hieraus einen Steuervorteil zu erzielen.

2. Die Möglichkeit, die tatsächliche Sachherrschaft über die verliehenen Wertpapiere auszuüben, wird in keiner Weise davon beeinflusst, ob der Darlehensnehmer aus einer im Zusammenhang mit dem Wertpapierdarlehen gewährten Sicherheit insgesamt eine positive oder negative Vorsteuerrendite erzielt.

3. Aus dem fehlenden wirtschaftlichen Eigentum des Entleihers folgt, dass ihm die aus den entliehenen Aktien bezogenen Dividenden nicht als Einkünfte zuzurechnen sind, und dass auch die Weiterleitung der Dividenden (Kompensationszahlungen) an den Verleiher der Aktien nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden kann.

 

Normenkette

KStG § 8 Abs. 1 S. 1, § 8b Abs. 1, 5; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5, § 4 Abs. 4; AO § 39 Abs. 1, 2 Nr. 1

 

Tenor

1. Der Bescheid über die Ablehnung des Antrages auf Änderung nach § 164 Abs. 2 AO vom 17. Dezember 2009 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 17. Februar 2010 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, den Bescheid für 2007 über Körperschaftsteuer vom 28. Mai 2014 dahingehend zu ändern, dass als zuzurechnendes Einkommen der Organgesellschaft (§ 14 KStG) ein um EUR (zusammengesetzt aus Leihgebühren i.H.v. EUR und nicht abziehbaren Ausgaben von EUR) geminderter Betrag berücksichtigt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte i.H.v. 8,5 v.H. und in Übrigen die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob und ggf. in welcher Höhe Aufwendungen, die eine Tochtergesellschaft der Klägerin im Rahmen mehrerer Wertpapierleihgeschäfte hatte, als Betriebsausgaben abgezogen werden können.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Unternehmensgegenstand laut Eintragung im Handelsregister B des Amtsgerichts Stendal (HRB) u.a. die Erbringung von Dienstleistungen und das Errichten und Betreiben entsprechender Anlagen im Chemiebereich am Standort Z ist, einschließlich die Durchführung sonstiger Geschäfte, die den vorgenannten Zwecken zu dienen geeignet sind.

Zwischen der Klägerin als Organträgerin und ihrer 100 %igen Tochtergesellschaft C (im Weiteren: Tochtergesellschaft) als Organgesellschaft bestand im Streitjahr unstreitig ein körperschaft- und gewerbesteuerrechtliches Organschaftsverhältnis, nach dem das Einkommen der Tochtergesellschaft der Klägerin zuzurechnen und von dieser zu versteuern war.

Auf der Basis eines zwischen der Tochtergesellschaft und dem Finanzinstitut D (im Weiteren: Finanzinstitut) abgeschlossenen Rahmenvertrages für Wertpapiere vom 19. September 2006 wurden vom 8. Januar 2007 bis zum 26. März 2007 unstreitig diverse Wertpapiergeschäfte durchgeführt. Die hieraus resultierenden Dividendenerträge und Zinserlöse wurden als Betriebseinnahmen bei der Tochtergesellschaft erfasst. Im Gegenzug waren (unstreitig) von dieser nach der vertraglichen Regelung in Höhe der erzielten Dividenden aus den Wertpapieren Kompensationszahlungen an das Finanzinstitut zuzüglich einer Leihgebühr zu zahlen.

In dem Rahmenvertrag heißt es wörtlich:

„1. (1) … Jede der Parteien kann sowohl Darlehensgeber als auch Darlehensnehmer sein. … Der Darlehensnehmer ist zur Rückgewähr von Wertpapieren gleicher Art, Güte und Menge verpflichtet.

3. (2) Die Parteien sind sich einig, dass mit der Lieferung das unbeschränkte Eigentum … an den Darlehenspapieren auf den Darlehensnehmer übergeht. …

6. (1) Die während der Laufzeit des Darlehens auf die Darlehenspapiere geleisteten Zinsen, Gewinnanteile sowie sonstige Ausschüttungen stehen dem Darlehensgeber zu. Den Gegenwert hat der Darlehensnehmer mit Wertstellung zum Tag der tatsächlichen Zahlung durch den Emittenten zuzüglich des Betrages einbehaltener Steuern und Abgaben sowie Steuergutschriften an Darlehensgeber zu zahlen „Kompensationszahlung”).

7. (4) Der Darlehensnehmer hat die Darlehenspapiere am Fälligkeitstag auf das vereinbarte Konto zurückzuliefern.

…”

Die Tochtergesellschaft erklärte in ihrer Steuererklärung für das Jahr 2007 Bezüge i.S. des § 8b Abs. 1 KStG i.H.v EUR.

Die Aufwendungen aus Kompensationszahlungen und Leih...

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