Leitsatz

Bei der gerichtlichen Kontrolle von Prüfungsentscheidungen ist zwischen Fachfragen und prüfungsspezifischen Wertungen zu unterscheiden. Die Namensnennung bei Prüfung und Korrektur ist nicht zu bestanden.

 

Sachverhalt

Die durch die zuständige Steuerberaterkammer vertretene Finanzbehörde Hamburg (Beklagte) teilte der Klägerin mit, dass sie die schriftliche Steuerberaterprüfung nicht bestanden hat. Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben und daneben die Durchführung eines Überdenkungsverfahrens nach § 29 DVStB beantragt. Letzteres führte zu keiner abweichenden Bewertung der Prüfungsarbeiten. Die Klägerin machte im Klageverfahren unter anderem die vollständige Vergabe von näher bezeichneten Wertungspunkten geltend, die von den Prüfern nicht oder nur zum Teil gegeben worden seien. Zudem ist sie der Auffassung, dass die Anfertigung der Aufsichtsarbeiten und die daran anknüpfende Korrektur anonym, d. h. ohne Namensnennung erfolgen müsste.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht ist der Auffassung, dass die Beklagte die Klägerin rechtmäßig dahingehend beschieden hat, dass sie die Steuerberaterprüfung nicht bestanden habe und hat die Klage abgewiesen.

In Bezug auf Fachfragen habe das Gericht aufgrund substantiierter Einwendungen des Prüflings darüber zu befinden, ob die von einem Prüfer als falsch bewertete Lösung im Gegenteil richtig oder jedenfalls vertretbar ist. Fachfragen seien alle Fragen, die fachwissenschaftlicher Erörterung zugänglich seien. Hingegen sei den Prüfern ein Bewertungsspielraum zuzubilligen, soweit komplexe prüfungsspezifische Bewertungen im Gesamtzusammenhang des Prüfungsverfahrens getroffen werden müssten, welche sich nicht ohne weiteres in einem Gerichtsverfahren einzelner Prüflinge isoliert nachvollziehen lassen; zu solchen prüfungsspezifischen Bewertungen gehöre insbesondere die Gewichtung verschiedener Aufgaben untereinander, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades der Aufgabenstellung und die Würdigung der Qualität der Prüfungsleistung.

Die Einwendungen der Klägerin gegen die Bewertung der Aufsichtsarbeiten beträfen vorliegend nicht nur Fachfragen, sondern auch Bereiche des gerichtlich nicht überprüfbaren Bewertungsspielraums der Prüfer. Selbst wenn der Klägerin bestimmte, der gerichtlichen Kontrolle unterfallenden Wertungspunkte zu geben wären, würde sich dies auf die bislang gegebenen Noten nicht auswirken.

Es sei auch nicht zu beanstanden, dass die Aufsichtsarbeiten nicht anonym, sondern mit Namensnennung der Prüflinge geschrieben und bewertet worden seien. In § 18 Abs. 1 Satz 4 DVStB sei ausdrücklich vorgesehen, dass die zuständige Steuerberaterkammer bestimmt, ob die Aufsichtsarbeiten mit der Anschrift und der Unterschrift des Bewerbers oder mit der zugeteilten Kennzahl zu versehen sind.

 

Hinweis

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat der BFH die Revision gegen die finanzgerichtliche Entscheidung zugelassen, Az beim BFH VII R 10/20. Der BFH wird nunmehr insbesondere entscheiden müssen, ob aus dem Grundsatz der Chancengleichheit das verfassungsrechtliche Gebot folgt, Aufsichtsarbeiten für die Korrektur zu anonymisieren.

 

Link zur Entscheidung

FG Hamburg, Urteil v. 24.10.2018, 1 K 24/16

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