Anfechtung des Ergebnisses der schriftlichen Steuerberaterprüfung

Vor dem FG Bremen wurde folgender Fall verhandelt: Die Klägerin nahm am schriftlichen Teil der Steuerberaterprüfung mit der Gesamtnote 4,83 teil. Aufgrund dieses Ergebnisses wurde sie zur mündlichen Prüfung nicht zugelassen.
Klage gegen Prüfungsergebnis
Sie erhob fristgerecht Klage beim FG und strengte daneben das Überdenkungsverfahren nach § 29 DVStB bei der Steuerberaterkammer an. Im Überdenkungsverfahren machte sie geltend, dass in der Bilanzsteuerrechtsklausur die Punkte der Korrektoren nicht korrekt zusammengezählt worden seien. Zum anderen seien ihr Punkte für von der Musterlösung abweichende Buchungen nicht gegeben worden, obwohl die Ergebnisauswirkung und das angesprochene Ertragskonto richtig gewesen seien. Zudem erhob sie Einwendungen gegen die Punktevergabe für die Klausuren "Verfahrensrecht und andere Rechtsgebiete" und "Ertragsteuern".
Die Überdenkung führte bei der Klausur "Ertragsteuern" zu einer Erhöhung der Punktevergabe und bei der Klausur "Buchführung und Bilanzwesen" zur Korrektur eines Rechenfehlers sowie zur Vergabe weiterer Punkte. Eine Änderung der Klausurnoten erfolgte nicht. Im Klageverfahren griff die Klägerin das Prüfungsverfahren im Ganzen und die vorgenommene Bewertung ihrer schriftlichen Prüfungsleistungen in bestimmten Punkten an.
Steuerberaterprüfung nicht bestanden
Das FG hat entschieden, dass der Prüfungsausschuss zu Recht die Steuerberaterprüfung der Klägerin aufgrund des Ergebnisses ihrer schriftlichen Arbeiten für nicht bestanden erklärt hat.
Bei der gerichtlichen Überprüfung von Prüfungsentscheidungen ist zu berücksichtigen, dass den Prüfern ein prüfungsrechtlicher Bewertungsspielraum zuzustehen ist, der sich jedoch auf prüfungsspezifische Wertungen beschränkt. Daraus ergibt sich, dass bei der Bestimmung der gerichtlichen Kontrolldichte in prüfungsrechtlichen Streitverfahren zwischen Fachfragen und prüfungsspezifischen Wertungen unterschieden werden muss.
Dabei sind unter Fachfragen alle Fragen zu verstehen, die der fachwissenschaftlichen Erörterung zugänglich sind. In Bezug auf Fachfragen hat das Gericht (aufgrund hinreichend substantiierter Einwendungen des Prüflings) darüber zu befinden, ob die von den Prüfern als falsch bewertete Lösung im Gegenteil richtig oder jedenfalls vertretbar ist. Hingegen ist den Prüfern ein Bewertungsspielraum zuzubilligen, soweit komplexe prüfungsspezifische Bewertungen im Gesamtzusammenhang des Prüfungsverfahrens getroffen werden müssen, welche sich nicht ohne weiteres in einem ggf. nachfolgenden Gerichtsverfahren einzelner Prüflinge isoliert nachvollziehen lassen, wie z. B. die Gewichtung verschiedener Aufgaben untereinander, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades der Aufgabenstellung oder die Würdigung der Qualität der "Darstellung" des Prüflings.
Die Bewertung von Prüfungsleistungen obliegt den nach der jeweiligen Prüfungsordnung berufenen Prüfern. Das Gericht kann die angefochtene Prüfungsentscheidung nur begrenzt daraufhin überprüfen, ob sie an fachlichen Beurteilungsmängeln leidet oder ob die Prüfer den ihnen zustehenden prüferischen Bewertungsspielraum überschritten haben.
Prüfungsentscheidung ist nicht zu beanstanden
Hiervon ausgehend kommt das FG zu dem Ergebnis, dass die Prüfungsentscheidung nicht zu beanstanden ist und die Einwendungen der Klägerin nicht durchgreifen.
In Bezug auf die von der Klägerin erhobenen konkreten Einwendungen gegen die Nichtvergabe einzelner Punkte hätten die Prüfer bereits im Überdenkungsverfahren im Einzelnen Stellung genommen. In geringem Umfang habe dies auch zu Änderungen in der Punktevergabe geführt. Eine ausführlichere Begründung für jeden vergebenen und nicht vergebenen Punkt sei nicht erforderlich.
Hinsichtlich der Gesamtbenotung der einzelnen Klausuren und die Vergabe der Gesamtnote der schriftlichen Prüfung habe die Klägerin keine substantiierten Einwendungen erhoben, die eine genauere Auseinandersetzung erforderlich gemacht hätten. Denn sie habe nicht konkret vortragen, aus welchem Grund und inwieweit bei der Notenvergabe eine Abweichung von der Notentabelle angezeigt gewesen sein könnte.
Überhöhte Anforderungen?
Der Einwand, dass in den schriftlichen Klausuren überhöhte Anforderungen gestellt würden, was sich in einer hohen Misserfolgsquote widerspiegele, ist für sich genommen nicht geeignet, einen überzogenen Schwierigkeitsgrad einer Aufgabe oder eine Unangemessenheit der angewandten Bewertungsmaßstäbe zu begründen und daraus die Rechtswidrigkeit der Prüfungsentscheidung abzuleiten. Es bleibt in diesem Fall Sache des Prüflings, anzugeben, welche Fragestellung er für unangemessen schwer hält und welche Prüfungsentscheidung seiner Meinung nach auf einer Überspannung der Prüfungsanforderungen beruht, mit der Folge, dass die Grenzen des Bewertungsspielraums als überschritten anzusehen sind.
Das Gericht darf das Urteil der Prüfer über den angemessenen Schwierigkeitsgrad einer Aufgabe bzw. eine angemessene Strenge bei der Bewertung ihrer Lösung nur dann verwerfen, wenn dies schlechterdings unverständlich erscheint, weil es die durchschnittlichen Anforderungen an einen angehenden Steuerberater erkennbar überspannt.
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