1. Vorgeschichte

 

Rz. 48

[Autor/Stand] Angesichts der oben (Rz. 38 ff.) dargelegten Kritik an der vom 1.1.1993 bis 31.12.2008 geltenden Rechtslage, insbesondere an der Anknüpfung der Bewertung des Betriebsvermögens an die Steuerbilanzwerte, konnte es nicht verwundern, dass der BFH in seinem Beschluss v. 22.5.2002 – II R 61/99[2] diesen Rechtszustand für verfassungswidrig (gleichheitswidrig) hielt und das BVerfG anrief.

 

Rz. 49

[Autor/Stand] Das BVerfG[4] teilte die Auffassung des BFH. Es entschied, die durch § 19 Abs. 1 ErbStG a.F. angeordnete Erhebung der Erbschaftsteuer mit einheitlichen Steuersätzen sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, weil sie an Steuerwerte anknüpfe, deren Ermittlung bei wesentlichen Gruppen von Vermögensgegenständen, u.a. des Betriebsvermögens, den Anforderungen des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht genüge. So fehle es beim Betriebsvermögen an einer folgerichtigen Umsetzung der gesetzestechnischen Belastungsentscheidung auf der Bewertungsebene (näher dazu Vor § 95 BewG Rz. 100 ff.).

 

Rz. 50

[Autor/Stand] Dem Gesetzgeber stünden allerdings mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen, so dass die in Rede stehenden Vorschriften nicht nichtig, sondern lediglich für mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar zu erklären seien. Zwar sei der Gesetzgeber, sofern er die bisherige Belastungsgrundentscheidung beibehalte, verfassungsrechtlich gehalten, sich auf der Bewertungsebene einheitlich am gemeinen Wert als dem maßgeblichen Bewertungsziel zu orientieren. In der Wahl der Wertermittlungsmethoden für die einzelnen Arten von Vermögensgegenständen sei er jedoch grundsätzlich frei; es müsse lediglich gewährleistet sein, dass alle Vermögensgegenstände in einem Annäherungswert an den gemeinen Wert erfasst würden.

 

Rz. 51

[Autor/Stand] Die Unvereinbarkeitserklärung habe grundsätzlich zur Folge, dass die betreffenden Normen nicht mehr angewendet werden dürften. Im vorliegenden Fall sei es jedoch geboten, ausnahmsweise die weitere Anwendung des geltenden Rechts bis zu einer gesetzlichen Neuregelung zuzulassen. Der Gesetzgeber sei verpflichtet, eine Neuregelung spätestens bis 31.12.2008 zu treffen.[7]

 

Rz. 52– 55

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Dötsch, Stand: 01.01.2024
[Autor/Stand] Autor: Dötsch, Stand: 01.01.2024
[Autor/Stand] Autor: Dötsch, Stand: 01.01.2024
[Autor/Stand] Autor: Dötsch, Stand: 01.01.2024
[Autor/Stand] Autor: Dötsch, Stand: 01.01.2024

2. Maßnahmen des Gesetzgebers

 

Rz. 56

[Autor/Stand] Der Gesetzgeber ist der ihm vom BVerfG[2] auferlegten Verpflichtung durch das ErbStRG 2009 v. 24.12.2008[3] nachgekommen. Hierdurch haben die sich mit den Wertansätzen befassenden Regelungen im Ersten Abschnitt des Zweiten Teils unter D. des BewG (§§ 95 bis 109 BewG) einschneidende Änderungen erfahren. Im Einzelnen wird hierzu auf die Erläuterungen Vor § 95 BewG Rz. 114 ff. verwiesen.

 

Rz. 57

[Autor/Stand] Im Unterschied zur früheren, bis 31.12.2008 geltenden Rechtslage bestimmt sich der Wert des Betriebsvermögens ab 1.1.2009 grundsätzlich nicht mehr nach der Einzelbewertungsmethode, d.h. nach der Summe der Werte, die für jedes einzelne positive und negative Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens anzusetzen sind. Nach der neuen Rechtslage richtet sich die Bewertung des Betriebsvermögens vielmehr im Grundsatz nach dem im Wege der schon aus den allgemeinen Bewertungsvorschriften (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 BewG) bekannten Gesamtbewertungsmethode zu ermittelnden Ertragswert (vgl. § 109 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 BewG i.V.m. § 11 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BewG). Neben dem vereinfachten Ertragswertverfahren nach § 11 Abs. 2 Satz 4 BewG i.V.m. den §§ 199 ff. BewG kommen auch andere marktübliche Gesamtbewertungsverfahren (z.B. das sog. DCF-Verfahren oder das Verfahren nach IDW S 1) in Frage (im Einzelnen vgl. § 109 BewG Rz. 293 ff.).

 

Rz. 58

[Autor/Stand] Allerdings darf der auf diese Weise ermittelte Ertragswert die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen rechnenden Schulden und sonstigen Abzüge, d.h. den Substanzwert, nicht unterschreiten (§ 109 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 BewG i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG). Der im Regelfall maßgebende Grundsatz der Gesamtbewertung, d.h. die Ermittlung des Ertragswerts des Unternehmens, findet also eine Grenze in der in § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG vorgesehenen Mindestbewertung in Höhe des sich aus der Summe der positiven und negativen (gemeinen) Einzelwerte ergebenden Substanzwerts. Der Grundsatz der Gesamtbewertung wird ferner durchbrochen in den Fällen des Sonderbetriebsvermögens und des § 200 Abs. 2 bis 4 BewG i.V.m. § 109 und 11 Abs. 2 Satz 4 BewG.

 

Rz. 59

[Autor/Stand] Für sämtliche der vorstehend skizzierten Bewertungsmethoden stellt freilich die Bewertungszielgröße – entsprechend d...

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