Rz. 14

[Autor/Stand] Veröffentlicht der örtliche Gutachterausschuss die Sachwertfaktoren lediglich in Wertspannen, gibt die Finanzverwaltung vor, dass der Sachwertfaktor anzusetzen ist, der der typisierten (gesetzlichen) Wertzahl nach Anlage 25 zum BewG i.d.F. bis 31.12.2015 bzw. nach Anlage 25 zum BewG i.d.F. bis 31.12.2022 weitestgehend entspricht.[2] Dies bedeutet:

  • Liegt die gesetzliche Wertzahl nach Anlage 25 zum BewG in den o.g. Fassungen innerhalb der vom Gutachterausschuss veröffentlichten Spanne der Sachwertfaktoren, ist die gesetzliche Wertzahl anzusetzen.
  • Liegt die gesetzliche Wertzahl nach Anlage 25 zum BewG in den o.g. Fassungen außerhalb der vom Gutachterausschuss veröffentlichten Spanne der Sachwertfaktoren, ist der (am Grenzbereich der Spanne angesiedelte) Sachwertfaktor anzuwenden, der der gesetzlichen Wertzahl am nächsten kommt.

Die vorstehende Regelung, die sowohl für die Grundbesitzbewertung mit einem Bewertungsstichtag bis zum 31.12.2015, als auch für die für Bewertungsstichtage vom 1.1.2016 bis 31.12.2022 geltende Grundbesitzbewertung gilt, birgt die Gefahr der Überbewertung, wenn aufgrund der typisierten Vereinfachungsregelung eine zu hohe Wertzahl zur Anwendung gelangt (vgl. dazu auch nachfolgendes Beispiel).

 

Rz. 14.1

[Autor/Stand] Die vorstehende Regelung des H B 191 Abs. 2 "Sachwertfaktoren – Angaben in Wertspannen" ErbStH 2019 gilt auch für die "neue" Grundbesitzbewertung und damit für die Anlage 25 zum BewG, die für Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2023 maßgebend ist, unverändert fort.

 

Rz. 15

 

Beispiel (Bewertungsstichtag im Jahr 2021):

Der örtliche Gutachterausschuss hat in seinem für das Jahr 2021 maßgebenden Grundstücksmarktbericht für ein Einfamilienhaus mit einem vorläufigen Sachwert bis 300.000 EUR und einem Bodenrichtwert bis 200 EUR/m[2] einen geeigneten Sachwertfaktor von 0,8 bis 0,9 veröffentlicht. Die in der Anlage 25 zum BewG i.d.F. bis 31.12.2022 ausgewiesene Wertzahl beträgt 0,9.

Da der geeignete Sachwertfaktor in einer Spanne von 0,8 bis 0,9 veröffentlicht wurde, ist der Sachwertfaktor anzusetzen, der der gesetzlichen Wertzahl nach Anlage 25 zum BewG i.d.F. bis 31.12.2022 weitestgehend entspricht. Die gesetzliche Wertzahl beträgt im vorliegenden Fall 0,9 und liegt damit innerhalb der Spanne. Es ist der Sachwertfaktor von 0,9 anzuwenden. Damit kann es im Beispielsfall zu einer Überbewertung kommen, wenn für das zu bewertende Grundstück tatsächlich eine niedrigere Wertzahl aus der vom Gutachterausschuss vorgegebenen Spanne anzuwenden wäre. Würde die tatsächlich zutreffende Wertzahl z.B. 0,8 betragen, wäre die Folge der typisierenden Regelung eine zehnprozentige Überbewertung.

 

Rz. 16

[Autor/Stand] Die pauschale Regelung der Finanzverwaltung (s. Rz. 14) kann folglich zu Abweichungen vom gemeinen Wert führen, die wegen der Typisierung des Bewertungsverfahrens grundsätzlich hinzunehmen sind. Sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass es aufgrund der Regelung zu einer Überbewertung aufgrund eines zu hohen Sachwertfaktors gekommen ist, wäre ggf. der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts (s. § 198 BewG) zu prüfen.

 

Rz. 17

 

Beispiel (Bewertungsstichtag im Jahr 2021):

Der örtliche Gutachterausschuss hat in seinem für das Jahr 2021 maßgebenden Grundstücksmarktbericht für ein Zweifamilienhaus mit einem vorläufigen Sachwert bis 400.000 EUR und einem Bodenrichtwert bis 400 EUR/m[2] einen geeigneten Sachwertfaktor von 0,7 bis 0,9 veröffentlicht. Die in der Anlage 25 zum BewG i.d.F. bis 31.12.2022 ausgewiesene Wertzahl beträgt 1,0. Auf Rückfrage des Steuerbürgers hat der örtliche Gutachterausschuss die Auskunft erteilt, dass für dieses Zweifamilienhaus (vorläufiger Sachwert 390.000 EUR) ein Sachwertfaktor von 0,75 in Betracht kommt.

Der geeignete Sachwertfaktor ist in einer Spanne von 0,7 bis 0,9 veröffentlicht worden. Die gesetzliche Wertzahl nach Anlage 25 zum BewG i.d.F. bis 31.12.2022 beträgt im vorliegenden Fall 1,0 und liegt damit außerhalb der vom Gutachterausschuss veröffentlichten Spanne. Aufgrund der Regelung der Finanzverwaltung[5] ist in diesem Fall der Sachwertfaktor anzuwenden, der der gesetzlichen Wertzahl am nächsten kommt; somit 0,9. Dieser Sachwertfaktor führt im vorliegenden Fall jedoch zu einer Überbewertung, da der zutreffende Sachwertfaktor für das zu bewertende Grundstück nach Auskunft des örtlichen Gutachterausschusses nur 0,75 beträgt.

Es ergibt sich folgende Differenz beim Sachwert (Grundbesitzwert):

 
Vorläufiger Sachwert 390.000 EUR    
× × = 351.000 EUR
Sachwertfaktor lt. Finanzverwaltung 0,9    
Vorläufiger Sachwert 390.000 EUR    
× × = 292.500 EUR
Sachwertfaktor lt. Gutachterausschuss 0,75    
Differenz beim Grundbesitzwert + 58.500 EUR

In diesem Fall wäre der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts für die wirtschaftliche Einheit nach § 198 BewG zu prüfen. Der ausschließliche Nachweis des zutreffenden Sachwertfaktors ist nicht möglich. Vgl. dazu die Kommentierung zu § 198 BewG.

[Autor/Stand] Autor: Mannek/Krause, Stand: 01.11.2023
[2] Vgl. H B 190 Abs. 2 ErbS...

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