Rz. 11

[Autor/Stand] Die Vorschrift des § 179 BewG zur Bewertung der unbebauten Grundstücke gilt ausschließlich für die Grundbesitzbewertung des Grundvermögens gem. §§ 176 ff. BewG.

 

Rz. 12

[Autor/Stand] § 179 BewG ist inhaltlich an § 145 Abs. 3 BewG angelehnt, sieht aber im Gegensatz zur vorbezeichneten Regelung keinen 20 %igen Abschlag auf den Bodenrichtwert vor[3]. Obwohl sich der Finanzausschuss des Bundesrates in seiner Empfehlung vom 4.2.2008[4] dafür ausgesprochen hatte, den früheren Abschlag von 20 % auch zukünftig aus verwaltungsökonomischen Gründen (u.a. Vermeidung von aufwendigen Wertgutachten) beizubehalten, wurde der Abschlag im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens nicht in die Vorschrift aufgenommen.

 

Rz. 13

[Autor/Stand] Der Bewertung der unbebauten Grundstücke werden grds. zum einen die Fläche des Grundstücks und zum anderen der (nicht pauschal geminderte) maßgebende Bodenrichtwert des örtlich zuständigen Gutachterausschusses zugrunde gelegt. Nur in den Ausnahmefällen, in denen von den Gutachterausschüssen kein Bodenrichtwert ermittelt wird, ist die Finanzverwaltung berechtigt, den Bodenwert aus den Werten vergleichbarer Flächen abzuleiten.

 

Rz. 14

[Autor/Stand] Die Wertermittlungsmethode für unbebaute Grundstücke unter Heranziehung der Bodenrichtwerte stellt eine verfassungsrechtlich unbedenkliche typisierende Bewertungsmethode dar, die der Vereinfachung der Grundbesitzbewertung dient[7].

 

Rz. 15

[Autor/Stand] Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung sind die von den Gutachterausschüssen ermittelten und den Finanzämtern mitzuteilenden Bodenrichtwerte für die Beteiligten im Steuerrechtsverhältnis verbindlich. Die Ermittlung von Bodenrichtwerten wurde explizit einer außerhalb der Finanzverwaltung stehenden Stelle, den Gutachterausschüssen, aufgegeben, da diesen auf Grund ihrer besonderen Sach- und Fachkenntnis und ihrer größeren Ortsnähe sowie der von Beurteilungs- und Ermessenserwägungen abhängigen Wertfindung eine vorgreifliche Kompetenz bei der Feststellung von Bodenrichtwerten zukommt[9].

 

Rz. 16

[Autor/Stand] Zur Kompetenz und auch Verantwortung der Gutachterausschüsse hat der BFH mit Urteil vom 25.8.2010[11] entschieden, dass in dem dortigen Klagefall der festgestellte Grundstückswert auf 60.860.014 DM (ca. 31,1 Mio. EUR) herabzusetzen sei. Hintergrund der Entscheidung war, dass für das zu bewertende Grundstück kein vom Gutachterausschuss ermittelter Bodenrichtwert vorgelegen hat. Daher habe bei der Feststellung des Grundstückswerts nur der Gebäudewert, nicht aber ein Bodenwert Berücksichtigung finden dürfen. In den Gründen seiner Entscheidung stellte der BFH ausdrücklich darauf ab, dass der Gutachterausschuss seiner Verpflichtung nach § 196 BauGB nicht nachgekommen sei, für das Grundstück einen Bodenrichtwert auf den 1.1.1996 zu ermitteln und der Finanzverwaltung mitzuteilen. Vielmehr habe er eine Ermittlung trotz Anfrage des zuständigen Finanzamts abgelehnt und die Ablehnung damit begründet, er sei zu einer solchen Ermittlung weder verpflichtet noch in der Lage. Das Grundstück eigne sich nicht für die Ermittlung eines Bodenrichtwerts.

 

Rz. 17

[Autor/Stand] Nach Entscheidung des BFH konnte in einem solchen Fall die Finanzverwaltung nach § 145 Abs. 3 BewG keine eigenen Bodenrichtwerte bzw. Bodenwerte aus den Werten vergleichbarer Flächen herleiten. Ein Bodenwert war folglich bei der Bewertung des Grundstücks nicht anzusetzen. Anders als beim § 179 Satz 4 BewG der aktuell gültigen Grundbesitzbewertung (sowie beim § 247 Abs. 3 BewG der Grundsteuerbewertung) gab es bei der damals gültigen Grundbesitzbewertung keine Ableitungsbefugnis des Finanzamtes für Fälle, in denen der Gutachterausschuss keinen Bodenrichtwert ermittelt hat. Im Urteilsfall stellte das zuständige Finanzamt daraufhin mit Feststellungsbescheid vom 15.2.2011 entsprechend dem vorbezeichneten BFH-Urteil lediglich den Gebäudewert umfassenden Grundbesitzwert für das Grundstück fest.

 

Rz. 18

[Autor/Stand] Mit Folgeurteil vom 4.3.2020[14] hat der BFH klargestellt, dass sein Urteil vom 25.8.2010 bezüglich der Feststellung des Finanzamtes vom 15.2.2011 Bindungswirkung entfaltet. Das gilt auch dann, wenn der Gutachterausschuss nachträglich doch einen Bodenrichtwert ermittelt. Im vorliegenden Fall hatte der zuständige Gutachterausschuss nach Eintritt der Rechtskraft des BFH-Urteils vom 25.8.2010 dem Finanzamt mit Schreiben vom 19.12.2011 mitgeteilt, er habe in seiner Sitzung am 8.12.2011 über ergänzende Bodenrichtwerte für steuerliche Zwecke zum Stichtag 31.12.1995 für das Grundstück einen Bodenrichtwert i.H.v. 330 EUR/qm ermittelt. Daraufhin änderte das Finanzamt mit Bescheid vom 10.5.2012 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO den Feststellungsbescheid vom 15.2.2011 dahingehend, dass ein Grundbesitzwert – unter Ansatz des Bodenwerts – i.H.v. 83.974.000 DM (ca. 42,9 Mio. EUR) festgestellt wurde. Diese Änderung erklärte der BFH mit Urteil vom 4.3.2020 als rechtswidrig. Die nachträgliche Berücksichtigung eines Bodenwerts durch den Feststellungsbesc...

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