Rz. 151

[Autor/Stand] Befinden sich auf dem Grundstück Gebäude, die auf Dauer keiner Nutzung zugeführt werden können, so gilt das Grundstück gemäß § 246 Abs. 2 Satz 1 BewG als unbebaut. Erforderlich ist eine zukunftsbezogene langfristige Betrachtung zur dauerhaften fehlenden Nutzung von Gebäuden. Eine lediglich stichtagsbezogene Betrachtung ist für die Erfüllung des Tatbestands des § 246 Abs. 2 Satz 1 BewG nicht ausreichend. Als dauerhaft ist ein Zustand anzusehen, der vom Zeitpunkt der Betrachtung aus als sich zukünftig – mit hoher Wahrscheinlichkeit – nicht verändernd darstellt. Die hohen Anforderungen an die Annahme der dauerhaft fehlenden Nutzung führen im Ergebnis zu einer tendenziell restriktiven Auslegung der Tatbestandsalternative in § 246 Abs. 2 Satz 1 BewG. Befindet sich auf dem Grundstück neben als dauerhaft nicht nutzbar angesehenen Gebäuden auch mindestens ein benutzbares Gebäude gilt das Grundstück als bebaut.[2]

 

Rz. 152

[Autor/Stand] Die Vorschrift ergänzt die Grundsatz-Regelung des § 246 Abs. 1 BewG und stellt eine Ausprägung des funktionalen Grundstücksbegriffs dar. Danach gilt ein Grundstück trotz einer vorhandenen tatsächlichen Bebauung als unbebaut, sofern keine dauerhafte vorgesehene Nutzung und damit Funktion der vorhandenen Gebäude möglich ist. Die Gründe für die fehlende dauerhafte Möglichkeit zur Nutzung müssen sich zudem aus dem Gebäude selbst ergeben.[4] Unerheblich ist daher, ob das Gebäude im Einzelfall z.B. durch Reparatur, Umbau, Rekonstruktion, Wiederaufnahme des Betriebszwecks, nachträglich wieder einer Nutzung zugeführt werden könnte.[5]

 

Rz. 153

[Autor/Stand] Nicht zum Anwendungsbereich des § 246 Abs. 2 Satz 1 BewG gehören Grundstücke mit Gebäuden, die wegen behebbarer baulicher Mängel bzw. fehlender Ausstattungsmerkmale (z.B. Heizung, Wohnungstüren) oder Vermüllung lediglich vorübergehend nicht benutzbar sind.[7] Diese sind weiterhin als bebaute Grundstücke i.S.d. § 248 BewG zu behandeln.

 

Beispiel: 5

Im Gebäude befinden sich große Mengen von Essensresten, verschmutzter Wäsche und Geschirr, außerdem Berge von alten Zeitungen und vertrockneten Pflanzen. Wegen eines Wasserschadens sind zudem die Möbel unbenutzbar.

 

Rz. 154

[Autor/Stand] Im Hinblick auf die Sonderregelung des § 246 Abs. 2 Satz 2 BewG gehören Grundstück mit zerstörten bzw. verfallenen Gebäude explizit nicht in den Anwendungsfall einer tatsächlichen Nutzung des § 246 Abs. 2 Satz 1 BewG. Im Unterschied zu § 246 Abs. 2 Satz 2 BewG geht es bei § 246 Abs. 2 Satz 1 BewG um die Nutzbarkeit eines Gebäudes und nicht einzelner Räumlichkeiten im Gebäude.

 

Rz. 155

[Autor/Stand] Unter § 246 Abs. 2 Satz 1 BewG fallen Grundstücke, bei denen sich die fehlende dauerhafte Nutzungsmöglichkeit aus tatsächlichen, wirtschaftlichen bzw. rechtlichen Gründen ergeben kann. Sämtliche Gründe sind bei der Behandlung der Frage der Unbenutzbarkeit gleichwertig zu behandeln.[10] Für das Vorliegen solcher Umstände müssen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen.[11]

 

Rz. 156

[Autor/Stand] Aus tatsächlichen Gründen keiner dauerhaften Nutzung zugeführt werden können z.B. solche Gebäude, die ursprünglich individuell für einen nachträglich weggefallenen Nutzer hergestellt worden sind (z.B. Einkaufsmarkt). Ein Leerstand des Gebäudes ist als tatsächlicher Grund nicht ausreichend. Für die Annahme eines unbebauten Grundstücks muss zusätzlich hinzukommen, dass marktseitig – unabhängig von der Höhe der Miete – nachweislich kein Interesse an einer Nutzung des Gebäudes besteht.

 

Rz. 157

[Autor/Stand] § 246 Abs. 2 Satz 1 BewG kann im Einzelfall auch dann zur Anwendung kommen, wenn ein Gebäude zwar noch bautechnisch nutzbar ist, jedoch z.B. aufgrund der absolut hohen laufende Kosten für die Unterhaltung des Grundstücks wirtschaftlich kein Interesse an dessen Nutzung besteht (§ 145 BewG Rz. 35). Eine fehlende Nutzbarkeit kann sich in diesem Zusammenhang auch infolge eines aufgestauten und kostenintensiven Reparaturbedarfs, der nicht lediglich zu einer vorübergehenden Unbenutzbarkeit des Gebäudes führt, ergeben.[14]

 

Rz. 158

[Autor/Stand] Ob die Beseitigung der Schäden oder Wiederherstellung eines Zustandes, der eine Benutzbarkeit bei höheren Anforderungen z.B. an den Wohnkomfort entsprechen würde, nur durch Aufwendung erheblicher Mittel möglich wäre, ist für die Frage, ob das Grundstück als bebaut oder unbebaut zu bewerten ist, nicht von ausschlaggebender Bedeutung.[16] Derartige Aspekte kommen allenfalls im Rahmen einer Ermäßigung des Grundstückswerts für den Fall behebbarer Mängel und Bauschäden in Betracht (vgl. z.B. §§ 82, 259 Abs. 4 BewG).

 

Rz. 159

[Autor/Stand] Zu den rechtlichen Gründen für eine fehlende dauerhafte Nutzbarkeit eines Grundstücks gehören eine auf gesetzlichen bzw. behördlichen Untersagungen (z.B.wegen Kontamierung) beruhende Unbenutzbarkeit des ursprünglich bebauten Grundstücks. Ein ehemals als Militärflughafen genutztes Grundstück, das in das allgemeine Grundvermögen des Bundes überführt worden ist und dessen bauliche Anlagen wegen der Belegenheit im Auß...

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