Rz. 38

[Autor/Stand] Für den Wohnteil und die Betriebswohnungen kann abweichend von der Wertermittlung nach den § 167 Abs. 1 bis 3 BewG der niedrigere gemeine Wert angesetzt werden. Hierbei ist zwischen Wohnteil und Betriebswohnungen zu trennen. Diese Bereiche müssen abweichend vom Wirtschaftsteil (s. dazu § 165 Rz. 18 ff.) nicht als Einheit behandelt werden. Vielmehr kann der Steuerpflichtige für jede gesondert zu bewertende Einheit den niedrigen gemeinen Wert nachweisen.

 

Rz. 39

[Autor/Stand] Der Gesetzgeber hat damit dem Eigentümer des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes die Möglichkeit des Verkehrswertnachweises eingeräumt. Der Begriff Nachweis ist dabei in dem Sinne auszulegen, dass eine definitive Begutachtung der Gebäude erfolgen muss und es nicht ausreichend ist, wenn lediglich Fakten und Einschätzungen vorgetragen werden, die vermuten lassen, dass der Verkehrswert geringer ist als der nach den allgemeinen Bestimmungen ermittelte Wert des Wohnteils oder der Betriebswohnungen. Die Nachweislast ist dabei einseitig auf den Steuerpflichtigen verlagert[3], wobei bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen sind.

 

Rz. 40

[Autor/Stand] Als Nachweis ist regelmäßig das Gutachten des örtlich zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken erforderlich.[5] Das Gutachten ist allerdings für die Feststellung des Grundstückswertes nicht bindend, sondern unterliegt der Beweiswürdigung durch das Finanzamt. Enthält das Gutachten Mängel,[6] kann es vom Finanzamt zurückgewiesen werden; ein Gegengutachten durch die Behörde ist nicht erforderlich. Allerdings berechtigt ein in Teilen fehlerhaftes Gutachten nicht ohne weiteres dazu, das Gutachten insgesamt unberücksichtigt zu lassen.[7] Etwaige Lücken im Gutachten können vom Finanzamt oder vom Finanzgericht selbst geschlossen werden, wenn und soweit dies ohne Sachverständige im üblichen Rahmen einer Beweiswürdigung möglich ist.[8] Siehe auch Rz. 44 und 45.

 

Rz. 41

[Autor/Stand] Für den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts gelten grundsätzlich die auf Grund des § 199 Abs. 1 des BauGB[10] erlassenen Vorschriften. Nach Maßgabe dieser Vorschriften besteht insoweit die Möglichkeit, sämtliche wertbeeinflussenden Umstände zur Ermittlung des gemeinen Werts (Verkehrswerts) von Grundstücken zu berücksichtigen. Hierzu gehören auch die den Wert beeinflussenden Rechte und Belastungen privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Art, wie z.B. Grunddienstbarkeiten und persönliche Nutzungsrechte. Ein Einzelnachweis zu Bewertungsgrundlagen nach §§ 179 und 182 bis 196 BewG, z.B. hinsichtlich der Bewirtschaftungskosten, kommt nicht in Betracht.[11]

 

Rz. 42

[Autor/Stand] Ein im gewöhnlichen Geschäftsverkehr innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Bewertungsstichtag zustande gekommener Kaufpreis über den entsprechenden Teil der wirtschaftlichen Einheit kann als Nachweis dienen.[13] Ist ein Kaufpreis außerhalb dieses Zeitraums im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande gekommen und sind die maßgeblichen Verhältnisse hierfür gegenüber den Verhältnissen zum Bewertungsstichtag unverändert geblieben, so kann auch dieser als Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts dienen.[14] Nach A 35 Abs. 3 Satz 3 AEBewLuF bestehen keine Bedenken, diesen Wert regelmäßig ohne Wertkorrekturen zu übernehmen.

 

Rz. 43

[Autor/Stand] In H B 167.3 ErbStH 2020 wird das bereits zuvor dargestellt Beispiel auch hinsichtlich der Öffnungsklausel verfeinert:

 
Praxis-Beispiel

Fortsetzung des Beispiels zu Anm. 23 und 34. Der Steuerpflichtige weist durch ein entsprechendes Wertgutachten eines Sachverständigen nach, dass der gemeine Wert für den Wohnteil 150.000 EUR beträgt.

Der Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts wurde zulässigerweise nur für den Wohnteil geführt (§ 167 Abs. 4 BewG). Da der Nachweis durch ein Sachverständigengutachten nach den Grundsätzen der Verkehrswertermittlung erfolgt, sind die Gründe für die besondere Ermäßigung i.S. des § 167 Abs. 3 BewG entfallen. Der Wohnteil ist auf Grund des Gutachtens mit 150.000 EUR anzusetzen.

 

Rz. 44

[Autor/Stand] Allerdings ist auch das Gutachten des örtlich zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken für die Finanzverwaltung nicht bindend. Enthält das Gutachten z.B. methodische Mängel oder unzutreffende Wertansätze, kann es zurückgewiesen werden. Andererseits dürfte der Nachweis erbracht sein, wenn die Finanzbehörde dem Gutachten ohne Einschaltung weiterer Sachverständiger folgen kann. Einem Gutachten, das bei Fehlen bewertungsrechtlicher Sonderregelungen den allgemeinen Vorgaben entspricht und plausibel ist, ist allerdings regelmäßig zu folgen.[17]

 

Rz. 45

[Autor/Stand] Wird das Gutachten von der Finanzverwaltung nicht anerkannt, tritt dennoch keine Beweislastumkehr ein. Trotz der Zurückweisung ist die Finanzverwaltung nicht verpflichtet, ein Gegengutachten zu erstellen. Der Steuerpflichtige ist damit weiterhin in der Nachweispflicht; im verbleibt dann nur die Möglichkeit, das Gutachten nachbes...

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