Rz. 376

[Autor/Stand] Der Ertragswert, ermittelt nach § 146 Abs. 2 bis 5 BewG, darf nicht geringer sein als der Wert, mit dem der Grund und Boden allein als unbebautes Grundstück nach § 145 Abs. 3 BewG zu bewerten wäre (Mindestbewertung nach § 146 Abs. 6 BewG). Wie bei der Einheitsbewertung 1964 hat der Gesetzgeber bei der Ertragsbewertung bebauter Grundstücke nach § 146 BewG eine Untergrenze vorgesehen. Bei der Grundstücksbewertung ab 1996 werden jedoch nicht wie bei der Einheitsbewertung 1964 nur 50 % des Werts eines vergleichbaren unbebauten Grundstücks angesetzt, sondern es werden 100 % dieses Grundstückswerts als Mindestwert berücksichtigt. I.d.R. entspricht der Mindestwert der Grundstücksfläche, vervielfacht mit dem auf 80 % ermäßigten Bodenrichtwert. Weicht das zu bewertende Grundstück in seinen Merkmalen von den Vorgaben des Bodenrichtwertgrundstücks ab, ist dem durch Wertkorrekturen Rechnung zu tragen.[2]

 

Rz. 377

[Autor/Stand] Der Antrag des Freistaats Bayern zur Ertragsbewertung bebauter Grundstücke enthielt keine Vorschrift zur Mindestbewertung. Sie ist vom Finanzausschuss des Deutschen Bundestags nachträglich in § 146 BewG aufgenommen worden, wobei allerdings der Mindestwert nicht mit Grundstücksfläche × Bodenrichtwert ./. Abschlag von 20 %, sondern mit Grundstücksfläche × Bodenrichtwert ./. Abschlag von 50 % angesetzt werden sollte. Zur Begründung dieser Mindestbewertung wird im Ausschussbericht[4] Folgendes ausgeführt:

"Für bebaute Grundstücke, die im Ertragswertverfahren bewertet werden, soll als Grundstückswert mindestens der Wert angesetzt werden, der für ein vergleichbares unbebautes Grundstück anzusetzen wäre, wobei anstelle des Abschlags von 30 %[5] ein Abschlag von 50 % zu berücksichtigen ist. Damit sollen sachwidrige Ergebnisse vermieden werden, die sich im Einzelfall aufgrund der typisierenden Wertermittlung ergeben können."

 

Rz. 378

[Autor/Stand] Im Vermittlungsverfahren zum Jahressteuergesetz 1997 wurde bei der Mindestbewertung gegenüber dem Vorschlag des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags nachgebessert. Statt des vorgeschlagenen Abschlags von 50 % bezogen auf den Bodenrichtwert wird nach dem Wortlaut des § 146 Abs. 6 BewG nur noch ein Abschlag von 20 % vom Bodenrichtwert vorgenommen. Dies führt insbesondere bei Wohngrundstücken in Ballungsräumen und in anderen Gebieten mit hohen Bodenrichtwerten häufig dazu, dass anstelle des Ertragswerts der Mindestwert als Grundstückswert festzustellen ist. In manchen Finanzamtsbezirken wird aufgrund der sehr hohen Bodenrichtwerte zumindest für eine vorläufige Ermittlung des Grundstückswerts nur auf den Mindestwert abgestellt. In der Praxis sollte darauf geachtet werden, dass nicht nur die Angaben zur Ermittlung des Ertragswerts in der Feststellungserklärung genau eingetragen werden, sondern auch die Angaben zur Berechnung des Mindestwerts. Sollte erkennbar sein, dass es bei dem zu bewertenden Grundstück zum Ansatz des Mindestwerts kommt, sollten in der Feststellungserklärung Hinweise zu einer eventuellen Korrektur des Bodenrichtwerts aufgenommen werden. Ggf. sollte auch überprüft werden, ob ein "Gutachterwert" zu einem niedrigeren Mindestwert führt.

 

Rz. 379

[Autor/Stand] In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass in allen Gebieten, in denen es seit 1996 zu rückläufigen Wertentwicklungen hinsichtlich der Bodenpreise gekommen ist, für Besteuerungszeitpunkte vor dem 1.1.2007 vom Steuerzahler zwingend zu prüfen ist, ob die Steuer durch den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts reduziert werden kann. Denn das Finanzamt muss die Bodenrichtwerte vom 1.1.1996 ansetzen. Die rückläufige Wertentwicklung kann nicht von Amts wegen berücksichtigt werden, weil § 138 Abs. 1 Satz 2 BewG i.d.F. vor dem Jahressteuergesetz 2007[8] die Berücksichtigung der Wertverhältnisse des 1.1.1996 verlangt. Da das Sachverständigengutachten den Nachweis nach den Wertverhältnissen im Besteuerungszeitpunkt berücksichtigen muss, kann dies für sich allein zu einer erheblichen Reduzierung des Grundbesitzwerts führen. So sind beispielsweise die Bodenpreise in Berlin nach dem 1.1.1996 zum Teil ganz erheblich gefallen, so dass sich mit einem Sachverständigengutachten die Steuerlast in dem entsprechenden Umfang reduziert. Für Besteuerungszeitpunkte nach dem 31.12.2006 ist dagegen stets der Bodenrichtwert anzusetzen, der zuletzt vom Gutachterausschuss zu ermitteln war, so dass es insoweit keines Nachweises des niedrigeren gemeinen Werts mehr bedarf.

 

Rz. 380

[Autor/Stand] Das FG Düsseldorf sieht die Mindestbewertung im Urteil v. 7.6.2001[10] als verfassungsgemäß an. Es sieht in dem Mindestwert ein notwendiges Korrektiv, um bei der Bewertung von Ein- und Zweifamilienhäusern, für die das Sachwertverfahren dem Grunde nach ungeeignet sei, eine sachgerechte, am Gleichheitssatz orientierte Bewertung sicherzustellen. Damit folgt es nicht der Auffassung von Graf/Medloff[11], dass § 146 Abs. 6 BewG gegen Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG und bei sog. Familienwohnheimen im Zusammenha...

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