Rz. 121

[Autor/Stand] Nach § 179 Satz 3 BewG ist stets der Bodenrichtwert anzusetzen, der vom Gutachterausschuss zuletzt zu ermitteln war. Diese Regelung entspricht § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG, der für die "alte", d.h. für Bewertungsstichtage bis zum 31.12.2008 geltende Grundbesitzbewertung maßgebend ist.

 

Rz. 121.1

[Autor/Stand] Die Regelung des § 179 Satz 3 BewG ist durch Art. 1 des GrStRefUG vom 16.7.2021[3] durch die Aufnahme der Wörter "vor dem Bewertungsstichtag"präzisiert worden. Damit hat der Gesetzgeber klargestellt, dass stets der Bodenrichtwert anzusetzen ist, der vom Gutachterausschuss zuletzt vor dem Bewertungsstichtag zu ermitteln war. Durch diese Gesetzesänderung ist die bisherige Verwaltungsauffassung[4] nunmehr gesetzlich fixiert worden.

 

Rz. 121.2

[Autor/Stand] Der vorbezeichneten Gesetzesänderung liegt mittelbar auch die Entscheidung des BFH vom 18.9.2019[6] zugrunde. In dem Urteil hat der BFH entschieden, dass die von den Gutachterausschüssen ermittelten und für die Bewertung des Grundbesitzes erforderlichen Daten (z.B. Liegenschaftszinssätze) nur Anwendung finden, wenn der Auswertungszeitraum der Gutachterausschüsse den Bewertungsstichtag mitumfasst. Die vorstehende Entscheidung hat Auswirkungen auf alle von den Gutachterausschüssen ermittelten sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten i.S.d. § 193 Abs. 5 Satz 2 BauGB, die im Rahmen der Grundbesitzbewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie Grunderwerbsteuer herangezogen werden.

 

Rz. 121.3

[Autor/Stand] Bei konsequenter Umsetzung der BFH-Rechtsprechung hätte sich in der Praxis das Problem ergeben, dass die Daten der Gutachterausschüsse aufgrund des Umstandes, dass sie erst über mehrere Jahre erhoben und gesammelt, dann periodisch ausgewertet und schließlich verkündet werden müssen, stets eine gewisse Zeit nachhängen. Bis zur Ermittlung und Veröffentlichung von Daten, bei denen der Bewertungsstichtag innerhalb des Zeitraums der ausgewerteten Kauffälle des Gutachterausschusses liegt, können daher unter Umständen mehrere Jahre liegen. Für die jeweilige Grundbesitzbewertung müsste folglich auf die Auswertung und Veröffentlichung des Gutachterausschusses für den Auswertungszeitraum gewartet werden, der den Bewertungsstichtag mitumfasst. Des Weiteren können sich unterschiedliche Daten ergeben, wenn sich die Auswertungszeiträume der Gutachterausschüsse zeitlich überlappen. Zusammengefasst hätte dies zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen und eine zeitnahe Erhebung der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie Grunderwerbsteuer gefährden können.

 

Rz. 121.4

[Autor/Stand] Aus diesem Grund hatte sich der Gesetzgeber entschieden, im Rahmen des GrStRefUG[9] verschiedene gesetzliche Klarstellungen ins BewG aufzunehmen. Diese betreffen neben dem § 179 Satz 3 BewG auch die §§ 183 Abs. 2, 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 Satz 1, 191 Abs. 1 und § 193 Abs. 4 Satz 1 BewG. Damit sind – wie bei den Bodenrichtwerten – die vom örtlichen Gutachterausschuss zuletzt vor dem Bewertungsstichtag ermittelten Daten für die Grundbesitzbewertung maßgeblich.

 

Rz. 121.5

[Autor/Stand] Liegen bspw. für einen Bewertungsstichtag in 2021 Daten des Gutachterausschusses vor, die den Auswertungszeitraum 2018/2019 (Grundstücksmarktbericht 2019), den Auswertungszeitraum 2019/2020 (Grundstücksmarktbericht 2020) und den Auswertungszeitraum 2020/2021 (Grundstücksmarktbericht 2021) betreffen, sind bei der Bewertung die Daten aus dem Grundstücksmarktbericht 2020 heranzuziehen.

 

Rz. 122

[Autor/Stand] Bei der Wertermittlung von unbebauten Grundstücken ist somit der Bodenrichtwert anzusetzen, dessen turnusmäßige Ermittlung dem Bewertungsstichtag vorausging. Folglich kommt es nicht darauf an, wann der Gutachterausschuss den Bodenrichtwert tatsächlich ermittelt und dem Finanzamt mitgeteilt hat. Auch vom Gutachterausschuss veröffentlichte Bodenpreisindexreihen, die aus Kauffällen des Grundstücksmarktes abgeleitet wurden, sind als Bestandteil der Bodenrichtwerte zu berücksichtigen.

 

Rz. 123

 

Beispiel:

Zum 28.1.2022 wird ein unbebautes Grundstück vom Vater an die Tochter verschenkt. Der zuständige Gutachterausschuss hat zuletzt zum 31.12.2020 einen Bodenrichtwert von 150 EUR/m2 ermittelt. In seiner Sitzung im April 2022 ermittelt der Gutachterausschuss zum 31.12.2021 einen Bodenrichtwert von 165 EUR/m2. Der Gutachterausschuss teilt den Bodenrichtwert dem Lagefinanzamt erst im Mai 2022 mit.

Bei der Bewertung des unbebauten Grundstücks muss das Lagefinanzamt von einem Bodenrichtwert von 165 EUR/m2 ausgehen. Dies ist der turnusmäßig zuletzt vor dem Bewertungsstichtag vom Gutachterausschuss zu ermittelnde Wert.

Anmerkung: Sofern das Lagefinanzamt im Beispielsfall die Feststellung des Grundbesitzwerts vor der Mitteilung des zuletzt zu ermittelnden Bodenrichtwerts durchführen möchte, empfiehlt es sich, diese Feststellung zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung i.S.d. § 164 AO durchzuführen und dabei den zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Bodenrichtwert des Vorjahres anzusetzen. Sobald die für Bewertun...

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